Der neue Topsportler aus Stuttgart steht vor einer doppelten Herausforderung: Er muss nicht nur die hohen Erwartungen der Kunden erfüllen, sondern auch immer strengere Umweltauflagen einhalten. Einblicke in die akribische Arbeit hinter den Kulissen.
Jörg Jünger hat es nicht leicht. Der Projektleiter GT-Strassenfahrzeuge bei Porsche hat eigentlich einen Traumberuf, denn er darf immer neue Sportwagen für die Marke entwickeln. Aber die müssen auch von Generation zu Generation besser werden. «Das ist schon eine akribische Suche nach minimalen Verbesserungen», sagt der Ingenieur, der sich in seinem Traumjob täglich den Kopf zerbricht.
Für den Porsche 911 GT3 muss es von Mal zu Mal eine Portion mehr Leistung, eine bessere Fahrdynamik, eine höhere Effizienz sein. Was es Jörg Jünger bei der Konzeption des jüngsten Modells dieser hochsportlichen Ausprägung noch schwieriger machte: Eine einfache Lösung zur Leistungssteigerung wäre ein Turbolader – eine Disziplin, die Porsche seit gut fünfzig Jahren beherrscht. Doch das geht nicht. Auch nicht bei der siebenten Verbesserungsvariante seit der GT3-Einführung 1999.
«Unsere Kunden wollen einen 911 GT3 mit Saugmotor», sagt Jünger. Was in einer Kundenumfrage zu einer weltweiten Übereinstimmung von 85 Prozent führte, war der Wunsch nach einem linear hochdrehenden Triebwerk in seiner ursprünglichen Form, ohne künstliche Hilfsmittel. Doch auch in anderen Bereichen sind sich die GT3-Käufer einig: «Er muss in Leichtbauweise hergestellt sein und sich optisch vom Basismodell unterscheiden», erklärt Jünger.
Als weitere Erschwernis bei der weiteren Leistungssteigerung kommen die immer schärferen Abgasnormen hinzu. Das neuste Modell verfügt nun über bereits vier Katalysatoren, um alle Emissionsgrenzwerte erfüllen zu können. Und es ist in der Lage, die neusten Lärmlimiten einzuhalten.
Typisch für den 911 GT3 ist nicht nur die lineare Kraftentwicklung, sondern auch eine hohe Maximaldrehzahl. Im neusten Modell liegt sie bei 9000 Umdrehungen pro Minute. Diesen Wert erreichen nur wenige Benziner auf dem Markt. Auf den ersten Testfahrten im spanischen Hinterland erreichten wir die Höchstdrehzahl nicht. Dies ist auch nicht nötig, denn das maximale Drehmoment ist für die optimale Kraftentwicklung bereits bei 6250 Touren erreicht.
Verkürzte Gänge nützen die Antriebskraft besser
Um den GT3 möglichst oft im idealen Leistungsbereich zu halten, hat Jüngers Ingenieurteam die Getriebeabstufungen acht Prozent kürzer ausgelegt, sowohl beim manuellen 6-Gang-Getriebe als auch bei der Doppelkupplungsautomatik (PDK). Der Negativeffekt ist nur auf der deutschen Autobahn und Rennstrecken wie der Nürburgring-Nordschleife zu spüren: Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 311 km/h rund zwei Prozent unter der des Vorgängermodells.
Das ist Jammern auf hohem Niveau, denn nur die wenigsten Käufer eines 911 GT3 bewegen sich jenseits der 300 km/h, solche Geschwindigkeiten sind heutzutage kaum möglich. Viel spannender sind die Verbesserungen im Bereich des Fahrwerks, denn hier haben Jüngers Leute viel Feinarbeit geleistet.
Die Vorderachse zeigt sich im neuen Modell optimiert. Dies wirkt sich vor allem auf die Lenkung aus: Das Einlenken in Kurven geschieht nun noch präziser als ohnehin bereits, und die sogenannte Mittellage, also die Lenkradstellung beim Geradeausfahren, ist wesentlich stabiler geworden, was eine noch exaktere Positionierung des Wagens auf der Strasse ermöglicht.
Zur verbesserten Stabilität des 911 GT3 trägt zudem eine verfeinerte Aerodynamik bei. «Wir haben dabei vor allem darauf geachtet, die Balance des Wagens zu verbessern», erklärt Jörg Jünger. Trotz seinem Hinterradantrieb wirkt der neue Sportler stets wie auf den Fahrersitz zentriert, nie erscheint die Vorderachse zu leicht. Das unangenehme Untersteuern, also ein Schieben über die Vorderräder weg von der Kurvenlinie, tritt selbst bei hohen Einlenkgeschwindigkeiten kaum auf.
Um diese Balance zu verbessern, entwickelten die Designer neue Karosserieteile an Front und Heck. Erstmals gibt es den Wagen ab Verkaufsstart im Frühjahr 2025 alternativ mit dem Touring-Paket, und dies ohne Aufpreis. Damit wirkt der GT3 weniger wie ein Rennwagen, denn der auffällige Heckflügel fehlt hier. Dies verleiht dem Fahrzeug eine etwas dezentere Optik. Und die gute Nachricht für Freunde der Touring-Variante: An den Fahrleistungen ändert sich auch flügellos nichts, alle Werte bleiben identisch. Erstaunlich.
Handschaltung mit sechs Gängen erfreut Puristen
Einen Fehler, den Porsche beim 911 GT3 von 2018 machte, hat der Hersteller ausgemerzt. Damals gab es den Wagen ausschliesslich mit PDK-Automatik, das von Puristen geliebte manuelle Getriebe fehlte im Angebot. Beim neuen Modell stehen beide Varianten zur Wahl. Manuell schalten lässt sich aber auch das PDK, dank einfach bedienbaren Schaltpaddeln am Lenkrad.
Auf den Testfahrten erwies sich die Automatik jedoch als so gut programmiert, dass ein manuelles Eingreifen gar nicht nötig erschien. Auf Rennstreckenfahrten hingegen lässt sich im Handschaltmodus noch ein wenig mehr Leistung herauskitzeln. Schneller sind die Paddel-Schaltvorgänge – Puristen müssen jetzt ganz stark sein – gegenüber dem 6-Gänger mit Schaltknauf allemal.
Für noch mehr Fahrspass sorgt im Cockpit eine verbesserte Ablesbarkeit der verschiedenen Anzeigen, es sind nun nur noch drei statt fünf Displaybereiche. Um den Charakter des GT3 zu betonen, hat man den inzwischen üblichen Starterknopf – bei Porsche links vom Lenkrad – durch einen Drehknauf ersetzt. Ein weiteres Element des modernen Autobaus sind die zahlreichen Assistenzsysteme mit integrierten Warnpiepsern. Sie lassen sich auf Wunsch einfach per Tastendruck wegschalten, darüber freuen sich nicht nur Puristen.
Der Sitzkomfort auf den vorderen Schalen ist wie beim 911 GT3 erstaunlich hoch, auch wenn der Luxus fehlt und die hohen Seitenwangen beim Ein- und Aussteigen nach einer gewissen Flexibilität im Hüftbereich verlangen. Doch ein Fahrzeug mit solch überzeugenden Kurveneigenschaften verlangt nach Sitzen mit gutem Seitenhalt.
Der 911 GT3 ist sowohl mit als auch ohne Touring-Paket zu einem Preis ab 233 700 Franken zu haben. Wem das Fahrzeug in seiner Basisausrüstung nicht genügt, der kann es weiter aufrüsten. Im Weissach-Paket für 27 610 Franken enthalten sind Karosserieteile aus Karbon-Verbundstoff (CFK), die auch als solche zu erkennen sind.
Für den Touring gibt es für 41 310 Franken ein Leichtbaupaket (19 kg leichter) mit einem besonders steifen CFK-Stabilisator für die Hinterachse, einem CFK-Dach sowie besonders leichten Magnesium-Schmiederädern, die es allerdings nur in Verbindung mit dem Weissach-Paket gibt.
Die Variante mit Touring-Paket erhält als weitere Option zwei ausgeformte Rücksitzflächen, die jedoch mangels Kopf- und Beinfreiheit nur Kindern Platz bieten. Aber wer – egal welchen Alters und welcher Körpergrösse – will in einem Porsche 911 GT3 schon hinten sitzen?
Die Testfahrt wurde durch Porsche unterstützt.