Nach den Protesten an der Universität Lausanne wird auch in Genf und Zürich Kritik an den Hochschulen laut. Die Polizei duldet keine Demonstration im ETH-Hauptgebäude.
Die Proteste gegen Israel sind nach zahlreichen Kundgebungen an amerikanischen Universitäten und an der Universität Lausanne nun auch an der ETH Zürich sowie der Uni Genf angekommen.
Etwas mehr als 100 Personen fordern am Dienstagmittag im ETH-Hauptgebäude mit dem Slogan «No Tech for Genocide» und einem entsprechenden Flugblatt die Verurteilung des «Genozids», den akademischen Boykott Israels sowie, dass alle Kooperationen mit israelischen Universitäten offengelegt werden sollten.
Der Informatikstudent Francesco sagte zu einem Reporter der NZZ, sie wollten bleiben, bis man mit ihnen rede. Man distanziere sich von Antisemitismus und stehe auch für die Rechte der Geiseln ein. Das Existenzrecht Israels anerkenne man, und der Angriff am 7. Oktober sei ein Terrorangriff gewesen. Allerdings gehe es ihnen heute nicht darum, sondern um den «Genozid» und die Zehntausende von Toten in Gaza.
Die Stimmung war zunächst ruhig. Das Polytechnikum hat den Studierenden aber offenbar mitgeteilt, dass das die Proteste nicht toleriert würden. Die Polizei ist mit vier Wagen vor Ort und forderte die Demonstranten zum Gehen auf. Sollten sie dem nicht Folge leisten, begingen sie Hausfriedensbruch.
Einige der Aktivisten skandierten daraufhin: «Ganz Züri hasst die Polizei», «Schweizer Polizisten schützen die Faschisten». Bald waren noch an die dreissig Personen anwesend, sie blieben sitzen. Einer von ihnen ass Pasta mit Pesto. Alle anderen verliessen die Kundgebung.
Kurze Zeit später beginnen Polizisten damit, die verbliebenen Demonstrierenden wegzutragen. Die ETH-Ränge sind voller Schaulustiger, die Aktivisten packen vor dem Weggetragen-Werden noch schön ihre Flaggen ein. Und es sind mittlerweile mehr Journalisten als Demonstranten anwesend.
Es gibt auch Gegendemonstranten. Einer von ihnen sagt dem NZZ-Reporter, er wolle zeigen, dass es an der Uni und ETH auch andere Meinungen gebe. Es sei die Hamas, die dem Frieden im Gaza im Weg stehe.
Die Demos weiten sich auch auf Genf aus
In Genf haben sich am Dienstag laut «Tribune de Genève» um die Mittagszeit zwischen 100 und 200 Personen in der Eingangshalle der Universität versammelt. Zwei Demonstranten sagten demnach zur Menge: «Wir möchten die Untätigkeit der Universität angesichts der israelischen Besatzung in Palästina anprangern. Wir haben unsere Forderungen per Post an die Universität Genf geschickt. Diese unternimmt nichts und wir werden uns nicht bewegen, solange wir nicht gehört werden.»
Bereits seit fünf Tagen besetzen Demonstranten einen Teil des Géopolis-Gebäudes der Universität Lausanne. Sie wehren sich gegen «das Schweigen und die Passivität» der Uni-Leitung zum Gaza-Krieg und fordern, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten zu beenden. Am Montagabend waren kurzzeitig bis zu 1000 Personen vor Ort, mittlerweile sind es wieder deutlich weniger.
Wie von den Protestierenden gefordert, veröffentlichte die Uni Lausanne am Montag die laufenden Programme mit israelischen Universitäten. Auf die Hauptforderung – den akademischen Boykott – ging das Rektorat aber nicht ein. Es hat den Demonstrierenden eine Frist bis Dienstagmorgen gesetzt, die Blockade aufzugeben und drohte mit einer Räumung durch die Polizei. Doch die Frist verstrich, die Demonstranten verharren noch immer an Ort und Stelle.
Das Rektorat der Uni Lausanne sagt, dass es bevorzugen würde, die Polizei nicht einschalten zu müssen, solange die Proteste friedlich blieben und der akademische Betrieb nicht gestört werde. Man behalte sich aber je nach Entwicklung der Situation weitere Schritte vor.
Unter den Anwesenden geht das Gerücht um, dass eine allfällige Räumung am Donnerstag erfolgen könnte. Dann findet wegen des Feiertags kein Unterricht statt und es werden deutlich weniger Personen im Gebäude anwesend sein.