Russlands Präsident bezeichnet seinen amerikanischen Amtskollegen als «intelligent» und macht kein Hehl daraus, dass der Kurswechsel in Washington Russland entgegenkommt. Für den Kreml geht es jetzt darum, Donald Trump bei Laune zu halten.
Umringt von Drohnen, zeigt sich Wladimir Putin am Mittwoch ganz entspannt. Das Treffen zwischen der russischen und der amerikanischen Delegation im saudiarabischen Riad liegt nur einen Tag zurück – ein Treffen «mit Ergebnis» sei es gewesen, wie Putin bei einem Besuch in einer Drohnenfabrik in St. Petersburg vor den Kameras beteuert. Welches Ergebnis er meint, sagt er zwar nicht. Doch seine Zufriedenheit zieht der Kremlherrscher allein daraus, dass Moskau – aufgewertet durch Donald Trump – kein Paria mehr ist.
Es ist genau das, was Putin seit Jahren zu erreichen versucht: ein direktes Kräftemessen mit Washington – und sei es durch einen verheerenden Krieg in der Ukraine, mit dem er nicht nur sein Nachbarland unter russische Kontrolle zu bringen meint. Sondern indem er auch sein eigenes Land durch Repressionen so umformt, dass der Staat sich in praktisch jeden Lebensbereich einmischen darf und jeder, der Kritik nur zu äussern wagt, mundtot gemacht wird. Doch in den Augen des neuen amerikanischen Präsidenten ist es plötzlich der ukrainische, in freien und fairen Wahlen gewählte Präsident Wolodimir Selenski, der ein «Diktator ohne Wahlen» ist, der den Krieg in der Ukraine begonnen hat.
Schon ist es kein russisch-amerikanisches Kräftemessen mehr – es ist ein Seitenwechsel Amerikas und für Putin ein wunderbares Geschenk. Vorbei scheint die vom Kreml verbreitete Rhetorik, wonach die USA das Übel der Welt seien, verantwortlich für alles: für den Krieg in der Ukraine genauso wie für die nicht funktionierenden Heizungen in einem sibirischen Dorf. Präsident Trump, so sagt es Putin, bekomme nun eben «objektive Informationen» und habe allein deshalb seine Haltung gegenüber Russland geändert. «Das ist nichts Besonderes.»
Putin setzt auf Schmeichelei gegenüber Trump
Für Russland sind die Aussagen Trumps eine Wonne, übernimmt doch der amerikanische Präsident genau jenes Narrativ, das Russlands Propagandaapparat geprägt hat und verbreitet. Die Realität spielt dabei keine Rolle. Donald Trump agiert in Putinscher Manier der Täter-Opfer-Umkehr. So manch ein unabhängiger russischer Journalist fragt sich aus seinem Exil bereits, wann der amerikanische Präsident auch noch von «Entnazifizierung» zu sprechen beginne und Selenski als «drogenabhängigen Clown» bezeichne, wie es Russlands Propaganda seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine tue.
Putin setzt derweil seine Taktik der Schmeichelei ein. Er hat schnell verstanden, wie er die Amerikaner in eine für Russland nützliche Position bringen kann. Gleich zu Beginn von Trumps neuer Amtszeit hätschelte er diesen, während sich das russische Aussenministerium weiterhin als absoluter Gegner des Westens gab. Nun schwenkt auch Russlands Aussenminister Sergei Lawrow um und lobt Trump als den «ersten westlichen Politiker überhaupt», der die russische Position begreife.
Der neue Gegenspieler war schnell gefunden: Europa. Jene Länder also, die Moskau bis vor kurzem noch als «zustimmend grunzende Satelliten der Vereinigten Staaten» ansah, als Vasallen ohne jegliche Entscheidungsfreiheit. Nun sind sie es, die an allem Schuld sein sollen. Sie seien «Rüpel», wie Putin am Mittwoch in der St. Petersburger Drohnenfabrik sagt. Ja, sie hätten Donald Trump während seiner Wahlkampagne in den USA geradezu «gemobbt». Dieser aber benehme sich nun «ganz zurückhaltend». «Ein recht intelligentes Verhalten», meint Putin, während er verschmitzt in die Kameras des Staatsfernsehens schaut.
Das russische System ist längst auf den Krieg getrimmt
Während es Trump darum geht, den Krieg in der Ukraine, wie er seinen Wählern versprochen hatte, schnell zu beenden, kann Putin warten. Er sieht in dem Amerikaner eine Möglichkeit, Zeit zu gewinnen. Jedes Ergebnis der gemeinsamen Gespräche ist für Moskau bereits ein Erfolg. Putin hat keine Eile: Sein System ist längst auf den Krieg ausgerichtet – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich.
Putin setzt weiterhin auf seine Maximalforderungen in der Ukraine: Die «Anfangsgründe des Konflikts» müssten beseitigt werden, sagt er immer wieder. Damit meint er nicht zuletzt die Ausweitung der Nato. Schon allein deshalb dürfte Russland keine europäischen Soldaten entlang der Frontlinie akzeptieren. Putin meint aber auch die angebliche «Vernichtung alles Russischen in der Ukraine». Der Kremlherrscher ist nie von seinem Vorhaben abgerückt, eine russlandfreundliche Ukraine zu schaffen. So füttert er weiterhin das Narrativ, Moskau sei stets bereit für Verhandlungen gewesen. Es seien lediglich Selenski und die Europäer, die am Krieg festhielten.