Mit Nadal verlässt ein ganz Grosser den Tenniszirkus. Auch Roger Federer verneigt sich vor ihm.
Es wurde viel geweint an diesem Dienstagabend in Málaga. Der Anlass war auch dazu angetan, sentimentale Gefühle aufkommen zu lassen. Rafael Nadal absolvierte seinen letzten Match als professioneller Tennisspieler. Und die Geschichte endete gleich, wie sie 20 Jahre zuvor begonnen hatte: mit einer Niederlage im Davis-Cup.
Auch Beckham und García würdigen Nadal
Den ersten Match hatte Rafael Nadal am 2. Februar 2004 gegen den Tschechen Jiri Novak gespielt. Zwischen jener ersten und der nun letzten Niederlage lagen 29 Siege im Davis-Cup. Doch es war nicht das 4:6, 4:6 gegen den Niederländer Botic van de Zandschulp (ATP 80), das Nadal die Tränen in die Augen trieb.
In einem Grussvideo, das auf dem Screen in der Arena gezeigt wurde, würdigten langjährige Konkurrenten und Begleiter die Karriere des 22-fachen Grand-Slam-Siegers. Es sprachen Roger Federer, Novak Djokovic, Andy Murray und Serena Williams, aber auch der Fussballer David Beckham oder der Golfer Sergio García.
Nadal hat weit über den Tennissport hinausgestrahlt. Seine Popularität fusst nicht allein auf seinen 22 Grand-Slam-Siegen und seinen 70 anderen grösseren und kleineren Turniersiegen. In 20 Jahren auf der Tennis-Tour gewann er 1080 seiner 1309 Partien. Vor allem auf Sand war er über Jahre hinweg fast unbezwingbar. Allein Roland-Garros, das wichtigste aller Sandplatz-Turniere, gewann er 14 Mal. Geschlagen haben ihn auf der roten Erde im Bois de Boulogne nur Novak Djokovic (drei Mal), Tony Söderling und Alexander Zverev, der Nadals Regentschaft in Paris im vergangenen Mai ein Ende setzte.
Nadal wurde für seinen Willen bewundert. «Resilienz» ist eines der Modewörter des Moments weit über den Sport hinaus. Wenn es jemanden gibt, der diese Widerstandsfähigkeit, die Gabe, sich gegen scheinbar Unabwendbares aufzulehnen und durchzusetzen, verkörpert, dann wahrscheinlich Nadal. Schon als Junge hatten ihm die Ärzte gesagt, wegen einer orthopädischen Fehlstellung seiner Füsse werde es ihm nie möglich sein, professionelles Tennis zu spielen. Es war nur eine von fast schon zahllosen Diagnosen und Prognosen, die er kraft seines Willens widerlegte.
Doch nun ist auch Nadals Kampfwille gebrochen. Am Dienstagabend sagte er bei seiner Verabschiedung: «Eigentlich möchte man nie an diesen Punkt kommen. Ich bin des Tennissports immer noch nicht müde. Aber mein Körper will einfach nicht mehr weitermachen. Und das gilt es zu akzeptieren.» Er habe sein Hobby zu seinem Beruf machen können und erachte sich deshalb als einen privilegierten Menschen. «Ich glaube an Kontinuität und Verlässlichkeit. Deshalb bleibe ich den Menschen, die mich in meiner Karriere begleitet haben und auch zu mir standen, wenn es einmal schwieriger wurde, für immer verbunden.»
Neun Major-Finals gegen Roger Federer
Zum Kreis dieser Personen gehört unter anderem auch Roger Federer. Die beiden spielten in ihrer Karriere 40 Mal gegeneinander, die Bilanz dieser Begegnungen lautet 24:16 zugunsten Nadals. Der Spanier gewann auch 6 der 9 Begegnungen, die im Rahmen eines Major-Finals stattgefunden haben. Doch der letzte dieser prestigeträchtigsten Vergleiche ging 2017 am Australian Open an Federer.
Trotz dieser langen, oft auch erbittert ausgetragenen Rivalität entstand zwischen den beiden eine Freundschaft, die bis heute anhält. Vor dem Davis-Cup-Finalturnier und dem letzten Auftritt Nadals auf der Tour hatte sich Federer in einem offenen Brief auf Instagram an seinen langjährigen Rivalen gewandt. Er schreibt dort, ehe er emotional werde, möchte er noch ein paar Gedanken mit ihm teilen: «Du hast mich auf eine Art und Weise herausgefordert, wie es sonst niemand tat. Aber weisst du was, Rafa, dank dir habe ich das Spiel noch mehr genossen, als ich es ohnehin tat.»
Nun also hat auch Rafael Nadal den Tennisschläger aus den Händen gelegt. Regelmässig gespielt hat er zwar bereits seit über zwei Jahren nicht mehr. Und doch: Der Tenniszirkus verliert mit ihm eine seiner grossen Persönlichkeiten.