Am zweiten Verhandlungstag gegen Terrorverdächtige um Heinrich XIII Prinz Reuss sparen die Anwälte der Beschuldigten nicht mit Kritik an den Ermittlungsbehörden und an der Organisation des Verfahrens.
Seinem Mandanten sei bisher nicht einmal eine Sachbeschädigung vorzuwerfen, sagte am Donnerstag Rechtsanwalt Roman von Alvensleben. Der Verteidiger von Heinrich XIII Prinz Reuss wies erneut die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft gegen seinen Mandanten im Frankfurter Reichsbürger-Prozess zurück. Die Anklage weise einen Mangel an Tatsachen auf und bestehe aus Wertungen und Schlussfolgerungen. Der zweite Verhandlungstag im Terrorismus-Verfahren gehörte den Verteidigern der neun Angeklagten, nachdem zum Prozessauftakt am Dienstag die Bundesanwaltschaft Gelegenheit zur Verlesung der Anklageschrift hatte.
Kritik an der Aufteilung der Verfahren
Als Beispiel für die Wertungen führte von Alvensleben an, die Staatsanwaltschaft behaupte, dass alle Angehörigen der Gruppe eine tiefe Abneigung der staatlichen Institutionen und der freiheitlichen Grundordnung verbunden habe. Dafür sei sie aber im Hinblick auf seinen Mandanten konkrete Anhaltspunkte schuldig geblieben.
Prinz Reuss sowie der Mitangeklagte Rüdiger von Pescatore sind laut Staatsanwaltschaft die mutmasslichen Rädelsführer einer Reichsbürger-Vereinigung, die in Deutschland ein Umsturz geplant haben soll, inklusive Sturm auf den Bundestag. Laut von Alvensleben habe Prinz Reuss jedoch keine Gedanken der Gewalt gegen den Staat gehabt: «Es hat keine Gewalttaten gegeben und es hätte nie welche geben sollen.»
Darüber hinaus prangerten er und weitere Verteidiger einmal mehr an, dass das Verfahren gegen die Reichsbürger der sogenannten Gruppe Reuss dreigeteilt an den Standorten Stuttgart, Frankfurt und München stattfinde. Dies verschaffe der Bundesanwaltschaft einen Vorteil, da sie ständig über die Informationen aus allen drei Prozessen auf dem Laufenden sei, was für die Verteidiger jedoch nicht gelte. Ferner könne Prinz Reuss nur am Prozess in Frankfurt teilnehmen und dort seine Rechte wahrnehmen, obwohl sein Name auch mit den Verfahren in Stuttgart und München verbunden sei.
Das drohende Mammutverfahren war aufgrund der insgesamt 26 Angeklagten und einer etwa dreimal so hohen Zahl an Verteidigern gesplittet worden, um die Prozesse praktikabel zu halten. Aus Sicht der Verteidiger sind dadurch faire Verfahren zumindest infrage gestellt.
Zugang zu den Ermittlungsakten im Fokus
Mehrere Rechtsanwälte beklagten zudem, dass von Ermittlungsbehörden und Strafverfolgern von Anfang an Informationen an Medien weitergegeben und ihnen Einblicke in die Ermittlungsakten gegeben worden seien. Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft wies daraufhin entschieden zurück, dass aus seiner Behörde gezielt Informationen an Pressevertreter gestreut wurden.
Für Unmut unter den Verteidigern sorgt zudem, dass die Zustellung neuer Prozessakten unter anderem aus technischen Gründen nicht zeitnah funktioniere und darüber hinaus viele ihrer Mandanten bisher nur Zugang zum Stand der Ermittlungsakten bis Mitte September 2023 erhalten hätten. Dies war auch der Grund, warum zahlreiche Rechtsanwälte eine Aussetzung oder Unterbrechung des Verfahrens zur Herstellung von «Waffengleichheit» forderten.
Schliesslich stellte ein weiterer Verteidiger von Prinz Reuss kurz vor Ende des Verhandlungstages einen Antrag auf Aussetzung des Haftbefehls gegen seinen Mandanten. Über diesen und alle weiteren Anträge dürfte der fünfköpfige Staatsschutzsenat bis zum nächsten Prozesstag am kommenden Dienstag entscheiden.
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