Nie ist man reicher als bei der Pensionierung. Doch die Ersparnisse sind dringend nötig. Denn die Rente aus der ersten und zweiten Säule genügt bei weitem nicht, wie eine Analyse zeigt.
«Hilfe, meine Eltern verprassen mein ganzes Erbe mit Luxusferien.» So beklagte sich kürzlich eine Britin in der Zeitung «Daily Mail» über das ausschweifende Hobby ihrer Eltern. Diese seien noch fit und lebten nach dem Motto Yolo («You only live once»). Zum Beispiel durchquerten sie Thailand per Motorrad, gönnten sich eine Kulturreise in Japan oder relaxten an den Stränden Ibizas.
«Und nun sitzen sie in der Karibik und trinken gerade meine Erbschaft durch einen Strohhalm in einer Kokosnuss», jammerte die 34-Jährige. Es stresse sie mittlerweile, wenn sie auf dem Smartphone ständig neue Ferienbilder ihrer Eltern erhalte.
Während manche Rentner ihr Geld mit vollen Händen ausgeben, sind andere dagegen übertrieben sparsam. Sie befürchten permanent, knapp bei Kasse zu sein. Selbst für ein neues Paar Schuhe sind sie zu knausrig. Jedoch: Einen vernünftigen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen zu finden, ist gar nicht so einfach.
Klar, als frischgebackener Pensionär fühlt man sich auf dem Papier oftmals ziemlich reich. Nicht wenige haben Hunderttausende Franken aus der Pensionskasse bezogen oder geerbt. Wer sich aber mit dem nötigen Budget beschäftigt, merkt, dass das Leben im Ruhestand viel Geld kostet.
Das Leben nach 65 ist teuer
Das Bundesamt für Statistik hat detailliert aufgelistet, mit welchen Ausgaben man rechnen muss. Vor der Pensionierung gibt ein Paarhaushalt im Schnitt 129 000 Franken pro Jahr aus. Treten die Ehegatten ins Rentenalter ein, sinken ihre Kosten aber nur wenig, nämlich auf 107 000 Franken.
Die Analyse zeigt, dass man insbesondere beim Konsum nur geringe Summen einsparen kann – konkret sind es knapp 4000 Franken. Auch die Steuerbelastung sinkt wenig, von 21 000 auf 19 000 Franken. Umgekehrt steigen im Alter die Ausgaben für die Krankenkasse und die Gesundheit.
Wer nach der Pensionierung alleinstehend ist, gibt im Schnitt 59 000 pro Jahr aus. Ebenfalls eine stolze Summe: Denn ein Mann lebt nach 65 noch gut 20 Jahre, eine Frau gar 23 Jahre. Somit kostet der Ruhestand bei einer normalen Lebenserwartung 1,2 bis 1,4 Millionen Franken. Für ein Paar summieren sich die Ausgaben auf etwa 2,4 Millionen.
Wo aber soll das viele Geld herkommen? Gemäss der Statistik beziehen Verheiratete im Schnitt 36 000 Franken aus der AHV sowie 33 000 Franken aus der beruflichen Vorsorge. Im Vergleich zu den Ausgaben von 107 000 Franken verbleibt damit eine erhebliche Lücke von knapp 40 000 Franken.
Die Aufstellung verdeutlicht, dass man die Pensionierung keinesfalls ohne ausreichendes finanzielles Polster antreten sollte. Im Schnitt startet ein Rentnerpaar mit einem frei verfügbaren Vermögen von rund 400 000 Franken in den Ruhestand. Das Guthaben in der Pensionskasse ist in diesem Betrag noch nicht mitgerechnet.
Somit verdienen viele Senioren nebst einer fixen Rente ein zusätzliches Einkommen mit Kapitalerträgen oder ebenso durch Mieteinnahmen. Denn am höchsten ist die Wohneigentumsquote bei den 65- bis 70-Jährigen. Drei Viertel der Paarhaushalte in dieser Altersgruppe besitzen eine Immobilie – die sie häufig vermieten, um ihre Einkünfte aufzubessern.
Hier kommt ein Phänomen ins Spiel, das viele Pensionäre mit Sorge erfüllt: Sie besitzen zwar ein stattliches Vermögen. Doch weil dieses Kapital gebunden ist, geraten sie bereits bei kleineren ungeplanten Zusatzausgaben in einen Liquiditätsengpass. Die Ökonomen bezeichnen das Dilemma als «Asset rich but cash poor». Ein theoretischer Ausweg bestünde darin, das geliebte Eigenheim zu verkaufen – doch davor schrecken viele zurück.
So viel erhalten Rentner im Minimum
Was aber geschieht, wenn ein Rentner irgendwann alle seine Ersparnisse aufgebraucht hat? In diesem Fall hat der Betroffene Anspruch auf staatliche Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV. Mit 65 Jahren tangiert dies zwar erst 10 Prozent aller Personen. Doch die Quote steigt im Alter an: Mit 80 sind es 13 Prozent und mit 90 Jahren bereits 21 Prozent. Was auch daran liegt, dass Hochbetagte öfter auf ein teures Pflegeheim angewiesen sind.
Die EL definieren das Existenzminimum, welches jedem Rentner zusteht. Neben einer Pauschale für den allgemeinen Lebensbedarf – diese beträgt für Alleinstehende 21 000 und für Paare 31 000 Franken – decken sie ebenso weitere Auslagen für die Miete oder die Krankenkasse ab. Für Singles ergibt das einen Gesamtbetrag von bis zu 48 000 Franken im Jahr, während Paare auf bis zu 68 000 Franken kommen.
Die EL sind damit grosszügiger, als es ihr eher schlechter Ruf vermuten lässt. Der Preis ist allerdings, dass man nicht mehr alle Entscheidungen selbstbestimmt treffen kann und die Behörden mitreden. Daher lohnt es sich, bereits vor der Pensionierung genügend Reserven anzusparen und seine Mittel auch im Alter haushälterisch einzusetzen. Wer auf zu grossem Fuss lebt, verspielt damit nicht nur das Erbe der Nachkommen, sondern womöglich auch das eigene Sicherheitspolster.
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