Der Pharmakonzern Roche hat mit der Übernahme des Gentherapie-Spezialisten Spark Therapeutics mehrere Milliarden Franken in den Sand gesetzt. Allerdings sorgen die einst hoch gehandelten Gentherapien nicht nur bei den Baslern für Ernüchterung.
Eine vollständige Heilung mit einer einzigen Spritze versprechen Gentherapien. Die Technologie galt noch vor wenigen Jahren als grosser Hoffnungsträger in der Pharmabranche und löste milliardenschwere Akquisitionen aus.
Viel Aufmerksamkeit erregte die Übernahme der amerikanischen Firma Spark Therapeutics Ende 2019 durch Roche. Der Basler Pharmakonzern liess sich den Kauf des kleinen Unternehmens 4,7 Milliarden Franken kosten.
Fast 340 Mitarbeiter müssen gehen
Mittlerweile ist klar: Die Akquisition war für Roche ein milliardenschwerer Flop. Weil sich die hohen Erwartungen in die Aktivitäten der Firma aus Philadelphia bei weitem nicht erfüllten, sah sich Roche bereits gezwungen, einen Abschreiber von 2,1 Milliarden Franken zulasten der letztjährigen Erfolgsrechnung vorzunehmen. Wie Roche nun gegenüber der NZZ offengelegt hat, muss sich über die Hälfte der Belegschaft von Spark einen neuen Arbeitsplatz suchen.
Im Zuge der im vergangenen Januar angekündigten «fundamentalen Reorganisation» werden nur 310 der knapp 650 Spark-Angestellten von Roche weiterbeschäftigt. Die betroffenen Mitarbeitenden hätten Anspruch auf Abfindungen. Sie würden zudem bei der beruflichen Neuorientierung unterstützt und könnten sich auf offene Stellen im Netzwerk von Roche bewerben, teilt die Medienstelle des Konzerns mit. Weltweit sind bei Roche zurzeit über 2000 Stellen offen.
Gentherapie von Novartis stagniert
Auf den Markt hat es von Spark bis anhin nur das Medikament Luxturna geschafft, das gegen eine seltene vererbte Erkrankung der Netzhaut eingesetzt wird. Die Gentherapie, die in den USA 850 000 Dollar kostet, brachte Roche 2024 lediglich 18 Millionen Franken ein. Gegenüber dem Vorjahr entsprach dies einem Rückgang von 59 Prozent.
Gentherapien haben branchenweit einen schweren Stand. Das Novartis-Produkt Zolgensma gegen die Erbkrankheit spinale Muskelatrophie schaffte es zwar, beim Umsatz die Milliardenschwelle zu übersteigen. Allerdings stagnierten die Verkäufe letztes Jahr bei 1,2 Milliarden Dollar.
Der amerikanische Pharmakonzern Pfizer beschloss erst vor Monatsfrist, eine Therapie gegen die Bluterkrankheit trotz Zulassung in den USA nicht weiter zu vermarkten. Bluebird Bio, ein Pionier auf dem Gebiet der Gentherapien, ist im Begriff, für nur 29 Millionen Dollar von den beiden Private-Equity-Gesellschaften Carlyle und SK Capital übernommen zu werden. Zu den besten Zeiten hatte der Börsenwert der Firma 10 Milliarden Dollar erreicht.
Überkapazitäten bei der Herstellung
Bei vielen Ärzten sind Gentherapien wegen Sicherheitsbedenken in Verruf geraten. Ein weiteres Problem sind die hohen Kosten dieser Behandlungen sowie die aufwendigen Herstellungsverfahren.
In der Branche gibt es starke Überkapazitäten, nachdem Pharmakonzerne und Lohnhersteller in Erwartung einer grossen Nachfrage vielerorts in Produktionsstätten investiert haben. Auch für Zelltherapien bestünden zu viele Fabriken, führt ein Brancheninsider aus. Zahlreiche Werke würden zum Verkauf angeboten, meist erfolglos.