In der Vergangenheit gingen Urnengänge zu Parkplatzgebühren knapp aus – selbst in der autokritischen Stadt Zürich.
Wer in der Stadt Zürich Auto fährt, dem soll es nicht zu wohl sein. Das ist in der politisch rot-grün dominierten Stadt Zürich die offizielle Politik. Die Mittel dazu sind bekannt: Einbahnregime in den Quartieren, Spur- und vor allem: Parkplatzabbau.
Nun hat Rot-Grün ein weiteres Werkzeug entdeckt, nämlich die Parkgebühren in der blauen Zone. Hier darf man eine Stunde lang kostenlos parkieren. Nur wer eine Jahreskarte besitzt, kann sein Fahrzeug durchgehend stehen lassen.
Den Preis dieser Jahreskarte sieht Rot-Grün als Hebel. Er soll deutlich steigen – und die Zahl von heute 32 000 Blaue-Zone-Parkplätze in der Stadt Zürich damit sinken. Insgesamt gibt es in der Stadt Zürich noch 67 000 Parkplätze, von denen in letzter Zeit Hunderte bereits abgebaut worden sind oder deren Abbau angekündigt worden ist.
Gegen diesen Plan haben FDP und SVP das Referendum eingereicht. Am Mittwoch lieferten sie im Stadthaus über 4000 Unterschriften ab, das Doppelte dessen, was für ein Referendum in der Stadt Zürich notwendig ist.
Fast doppelt so teuer
Zwar stehen die Bürgerlichen in Verkehrsfragen in der Stadt Zürich meist auf verlorenem Posten, doch dieses Mal könnte es anders sein. Ging es allein um Parkplätze, war das Resultat an der Urne in der Vergangenheit knapp. Hinzu kommt, dass die linke Politik dieses Mal nicht auf den Durchgangsverkehr oder auswärtige Autofahrer zielt, sondern auf die Anwohnerinnen und Anwohner in den Quartieren.
Die Parkgebühr für eine Jahresparkkarte in der blauen Zone soll sich mit der neuen Verordnung fast verdoppeln. Zwar ist der Stadtrat von seinem ursprünglichen Ansinnen, den Preis von 300 auf 780 Franken pro Jahr zu erhöhen, weggekommen – unter anderem nach dem Einspruch des eidgenössischen Preisüberwachers. Neu sind es 540 Franken, wobei es Abstufungen je nach Gewicht des Fahrzeugs gibt.
Rot-Grün will mittels Vorgaben das Kaufverhalten der Leute lenken. Ein SUV soll mehr kosten als ein Smart. Und wer ein Elektroauto fährt, bezahlt 35 Rappen, wer fossil unterwegs ist, 40 Rappen pro Kilogramm Leergewicht. Bei einem 1500 Kilo schweren, fossil betriebenen Wagen ergäbe dies 600 Franken jährlich für eine Parkkarte.
Die Bürgerlichen sehen nicht ein, weshalb es überhaupt eine Gebührenerhöhung braucht. Die Abstufung stört sie aber besonders. Der SVP-Gemeinderat Stephan Iten sagt, es sei jetzt schon absehbar, dass Rot-Grün bald zusätzliche Stellen zur Bewältigung der Bürokratie fordern werde.
Gerecht sei die Abstufung keineswegs, sagt Iten: Der Bonus für Elektrofahrzeuge werde durch den Umstand aufgehoben, dass diese allgemein schwerer seien als Autos mit Verbrennungsmotor. Unter dem Strich koste manches Elektroauto mehr. Und Familien mit vielen Kindern, die auf ein grosses Auto angewiesen seien, würden ebenfalls bestraft.
Das zweite neue Element der neuen Verordnung ist das sogenannte Bieler Modell. Anrecht auf eine Blaue-Zone-Parkkarte hat nur noch, wer keine Möglichkeit hat, einen privaten Halteplatz zu nutzen, zum Beispiel die Tiefgarage des eigenen Wohnhauses. Dies muss man nachweisen, wenn man eine Dauerparkkarte will – mittels Selbstdeklaration. Die Stadt macht Stichproben und kann sich auch bei Vermietern erkundigen.
Der Gedanke dahinter: Erhöht man den Druck auf die Halter, wandern Autos vermehrt in private Garagen, und es können Parkplätze in der blauen Zone abgebaut werden. Nur: Ein privater Parkplatz ist deutlich teurer. 2000 Franken jährlich kostet er im Durchschnitt – sechsmal mehr als heute in der blauen Zone. Viel Geld für Autobesitzer mit schmalem Budget.
Das Ziel ist auch hier klar: Die Stadt will mit Druck erreichen, dass Autobesitzer auf ihr Fahrzeug verzichten.
«Rot-Grün ist schlicht autofeindlich eingestellt»
Den FDP-Fraktionschef Michael Schmid stört die Gebührenerhöhung, der keine Verbesserung entgegenstehe. Und private Garagenbesitzer könnten die Situation ausnutzen. Die FDP wollte in diesem Zusammenhang einen «Anti-Wucher-Artikel» einbringen, scheiterte im Parlament aber an der linken Mehrheit. Das lasse tief blicken, sagt Schmid. Er sagt: «Rot-Grün ist schlicht autofeindlich eingestellt.»
Markus Knauss, VCS-Geschäftsleiter und grüner Verkehrspolitiker, hält dagegen. Zentral sei doch die «Umgestaltung des öffentlichen Raums». Für diesen hätten sich die Stimmberechtigten immer wieder ausgesprochen – also für mehr Bäume, Velowege, Aufenthaltsorte. «Dafür müssen Parkplätze weichen. Parkplätze, die es gemäss dem Grundprinzip des kantonalen Planungs- und Baugesetzes gar nicht geben sollte.» Dieses sehe vor, dass die Leute ihre Autos privat abstellten, statt öffentlichen Grund zu beanspruchen.
Ebenfalls positiv sieht der Stadtzürcher Gewerbeverband die neue Verordnung. Grund dafür ist, dass eine neue Parkkarte für Gewerbetreibende geplant ist. Neu gibt es eine «erweiterte» Parkkarte. Diese ist zwar teurer als die heutige: statt 480 Franken sind es 1200 Franken, für Auswärtige gar 1800 Franken. Dafür geniessen Gewerbetreibende Vorteile. Sie können ihr Fahrzeug unbegrenzt in der weissen Zone abstellen, zum Teil auch im Fahrverbot.
Das Referendum der Bürgerlichen dürfte an der Urne nicht chancenlos sein. In der Vergangenheit sprach sich das Volk zwar mehrmals für eine grünere Verkehrspolitik aus, doch dies waren stets Gesamtpakete, und oft standen Themen wie Velowege im Vordergrund.
Über eine Erhöhung der Parkgebühren, damals in der weissen Zone, stimmten die Stimmberechtigten zuletzt 2016 ab. Damals lehnte die Hälfte der Wahlkreise das Ansinnen ab. Und die Mehrheit war mit 51,6 Prozent hauchdünn.
In naher Zukunft kommt wohl gleich eine zweite Parkplatzvorlage an die Urne, die sogenannte Parkplatzkompromiss-Initiative der Bürgerlichen. Die heutige Anzahl an oberirdischen, öffentlich zugänglichen Parkplätzen müsste beibehalten werden. Würden Parkplätze abgebaut, beispielsweise für den Bau von Velorouten, müsste Ersatz im gleichen Quartier geschaffen werden. Die Unterschriftensammlung ist gemäss dem Gemeinderat Iten «auf gutem Weg».
Für beide Volksabstimmungen dürfte gelten: Die Bürgerlichen können nur erfolgreich sein, wenn sie über den Kreis von Automobilistinnen und Automobilisten hinaus Stimmberechtigte ansprechen können. «Mit Autofahrern allein ist in der Stadt Zürich keine Mehrheit mehr zu holen», sagt der Stadtzürcher SVP-Präsident Ueli Bamert. Zumal jene, deren Autos in Tiefgaragen versorgt sind, von der Gebührenerhöhung nicht betroffen sind.
Im Abstimmungskampf werde man deshalb versuchen, «auch bei Nicht-Betroffenen Empörung über die drastische Gebührenerhöhung zu wecken», sagt Bamert.