Nach einer Attacke beim Bahnhof Hardbrücke kann die Polizei rund zwei Dutzend Tatverdächtige aus dem GC-Lager identifizieren.
Bereits vor dem Derby eskaliert die Situation. Es ist der 19. Oktober 2024, 14 Uhr, als rund fünfzig vermummte GC-Ultras beim Bahnhof Hardbrücke eine S-Bahn stürmen. In dem Zug sitzen auch einige FCZ-Fans. Beim Angriff wird Pfefferspray versprüht, im Innern des Zugs kommt es zu Sachbeschädigungen.
Auf Handyaufnahmen von Augenzeugen ist zu sehen, wie die vermummten GC-Ultras in die S-Bahn eindringen und Schmährufe gegen Anhänger des Stadtrivalen skandieren.
Später zeigen die Ermittlungen: Bereits vor der Stürmung der S-Bahn hatten die GC-Ultras auf der Hardbrücke mehrere FCZ-Fans angegriffen. Diese seien ausgeraubt und teilweise verletzt worden, schreiben die Stadtpolizei Zürich und die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung. Dies habe unter anderem die Auswertung von Videomaterial gezeigt. Doch keines der Opfer meldete den Vorfall bei der Polizei.
Der Fall wirft ein Schlaglicht auf einen Kampf, den sich die berüchtigten Ultras von FCZ und GC seit Jahren liefern. Für einmal gelingt es den Ermittlern allerdings, eine grosse Zahl von Tatverdächtigen zu identifizieren.
Bisher grösste Aktion gegen gewaltbereite Ultra-Szene
Denn am 18. März, fünf Monate nach den Ausschreitungen, ist den Ermittlern ein gross angelegter Schlag gegen die gewaltbereite Ultra-Szene gelungen. Am Dienstagmorgen führten Ermittler in fünf Kantonen achtzehn Hausdurchsuchungen durch. Rund zwei Dutzend Tatverdächtige, mutmasslich gewaltbereite GC-Ultras, konnten die Behörden inzwischen identifizieren. Es handelt sich laut Angaben der Strafverfolgungsbehörden um die bisher grösste Aktion gegen Gewalt rund um Fussballspiele.
Der zuständige Staatsanwalt Daniel Kloiber bezeichnet die Aktion denn auch als grossen Ermittlungserfolg, der dank minuziöser Arbeit der Stadtpolizei möglich geworden sei. Man sei gut ausgestattet gewesen mit Überwachungsmaterial, zudem gebe es eine Vielzahl von Tätern.
Bei der Aktion sind neun junge Männer – acht Schweizer und ein Brasilianer im Alter zwischen 18 und 31 Jahren – festgenommen worden. Ihnen werden unter anderem schwere Körperverletzung, Raub, Angriff sowie Landfriedensbruch vorgeworfen. Gegen über ein Dutzend weitere Beteiligte ist wegen Verdachts auf Angriff beziehungsweise Landfriedensbruch Anzeige erstattet worden. In einem Fall war der Beschuldigte erst 15-jährig, weshalb sein Fall von der Jugendanwaltschaft übernommen worden ist.
Die meisten der neun festgenommenen GC-Ultras sind inzwischen wieder auf freiem Fuss. In einem Fall hat die Staatsanwaltschaft Antrag auf Untersuchungshaft beim Zwangsmassnahmengericht gestellt. Die Polizei sucht zudem weiter nach Personen, die Angaben zum Vorfall auf der Hardbrücke und in der S-Bahn machen können.
Fackelwerfer aus Genf angeklagt
In einem anderen Fall von Fangewalt hat die Zürcher Staatsanwaltschaft am Mittwoch Anklage gegen einen 26-jährigen Schweizer beim Bezirksgericht Winterthur erhoben. Ihm wird laut einer Mitteilung der Oberstaatsanwaltschaft unter anderem vorgeworfen, Ende April 2024 beim Cup-Spiel zwischen dem FC Winterthur und Servette eine brennende Pyrofackel ins Publikum geworfen zu haben.
Der junge Mann aus Genf war nach Abpfiff des Spiels auf der Winterthurer Schützenwiese über den Zaun geklettert, auf das Spielfeld gerannt und hatte eine brennende Pyrofackel in Richtung der Zuschauerränge geworfen. Dort standen zu diesem Zeitpunkt noch zahlreiche Fans, unter ihnen auch viele Frauen und Kinder, dicht gedrängt beieinander. Mehrere Personen wurden durch die Fackel leicht verletzt.
Der 26-Jährige soll sich danach auch einem gewaltbereiten Mob angeschlossen haben, der sich auf dem Weg vom Stadion zum Winterthurer Bahnhof Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften lieferte und Sachbeschädigungen beging.
Dem jungen Mann, der wenige Tage nach der Tat in Genf verhaftet wurde, werden in der Anklage versuchte schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung, Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Verstösse gegen das Sprengstoffgesetz zur Last gelegt.
Im Zusammenhang mit den Fackelwürfen konnten die Ermittler eine weitere Person identifizieren. Gegen den 20-jährigen Schweizer wird ein Strafverfahren wegen versuchter schwerer Körperverletzung geführt. Die Untersuchung ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Für beide Männer gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.