Zuerst stolperte der Bundesrat über den designierten Staatssekretär. Jetzt übt auch noch die Finanzdelegation öffentlich Kritik am neu geplanten Staatssekretariat.
Seit seinem Angriffskrieg setzt Wladimir Putin Gerüchte über die Ukraine in die Welt, die so absurd sind, dass sie hier nicht wiederholt werden. Mit gezielten Falschinformationen heischt er bei seiner Bevölkerung um Unterstützung für seine Feldzüge. Die Propaganda gehört zum Krieg wie die Panzer. Dazu kommen Cyberangriffe, Druckversuche und so weiter.
Um auch gegen solche Arten der nichtmilitärischen Kriegsführung gewappnet zu sein, hat der Bundesrat im April 2023 entschieden, den zivilen Sicherheitsbereich «zu stärken»: mit einem extra neu geschaffenen Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos), das strategische Grundlagen zur gesamtheitlichen Weiterentwicklung der Sicherheitspolitik erarbeiten und koordinieren soll.
Doch was heisst das genau? Und ergibt ein solches Staatssekretariat Sinn? Diese Fragen stellen sich Beobachter seit langem. Nun hat Bundesrätin Viola Amherd deswegen eine Schelte von ganz oben erhalten. Die Finanzdelegation des Parlaments ist für die Oberaufsicht über den Schweizer Finanzhaushalt verantwortlich. Am Gründonnerstag hat ihr Präsident Peter Hegglin den Jahresbericht 2023 vorgestellt. Im Namen der Finanzdelegation sagte der Ständerat: «Wir waren nicht gerade überzeugt von der Schaffung eines neuen Staatssekretariats.»
Aussprache hilft nicht
Im vergangenen Juli traf die Finanzdelegation Viola Amherd daher zu einer ersten Aussprache. Sie versicherte, dass die Kosten des neuen Staatssekretariats im Allgemeinen finanzhaushaltsneutral beglichen werden sollen. Doch die Bundesrätin vermochte die Zweifel nicht auszuräumen. Es sei «weiterhin unklar» gewesen, weshalb es für Aufgaben wie die «Erarbeitung sicherheitspolitischer Grundlagen und die Koordination der sicherheitspolitischen Kooperation» im In- und Ausland ein neues Staatssekretariat brauche, steht im Bericht. Zumal das Sepos auch über «beschränkte Entscheid- und Weisungsbefugnisse verfügt».
Die Finanzdelegation verlangte daher einen Gesamtüberblick über die Organisationseinheiten und Aufgaben des Sepos sowie eine detaillierte Personal- und Aufgabenplanung und liess sich diese in einer zweiten Aussprache erörtern. «Doch wir waren immer noch nicht überzeugt», sagt Hegglin.
Nun hat die Finanzdelegation nicht die Kompetenz, dem Bundesrat etwas zu verbieten. Sie kann nur empfehlen. Das hat sie getan. Sie wünscht sich, dass die Regierung in Zukunft von «Alternativen» Gebrauch macht, bevor sie ein neues Staatssekretariat schafft. So sei es auch möglich, Staatssekretäre einzusetzen, die ein Bundesamt führten. Auch könne man Amtsdirektoren vorübergehend den Titel eines Staatssekretärs verleihen, wenn diese die Schweiz an internationalen Verhandlungen auf höchster Ebene verträten. Der Bundesrat hat noch nicht Stellung dazu genommen.
Zur Erklärung: Ein Staatssekretär verantwortet einen besonders wichtigen Aufgabenbereich innerhalb des Departements und entlastet den Bundesrat in Beziehungen zum Ausland. Doch der neue Staatssekretär des Sepos ist mehr Netzwerker als Chef. Er hat wesentlich weniger Aufgaben und entsprechend Führungsverantwortung als seine Kollegen in anderen Departementen.
Unter einem schlechten Stern
Das neue Staatssekretariat stand von Beginn weg unter einem schlechten Stern. Da war zuerst das Problem mit der Rekrutierung des geeigneten Kandidaten. Als Erstes sah Amherd den langjährigen Diplomaten Jean-Daniel Ruch für den Posten vor. Doch dann stolperte dieser über seinen Lebenswandel.
Nach monatelangem Hin und Her konnte die Bundesrätin im vergangenen Dezember dann Markus Mäder als neuen Staatssekretär vorstellen. Der Miliz-Brigadier hatte sich nicht beworben, sondern war von der Findungskommission angesprochen worden. Vor seinem Antritt war Mäder Chef Internationale Beziehungen Verteidigung im Armeestab, er gilt als sachlicher und ruhiger Typ. Es wird sich zeigen, ob es der Bundesrätin und dem Staatssekretär nun gelingt, Ruhe in die Diskussionen über das Sepos zu bringen.