Die Chefs von Meta, Amazon und Alphabet gehen weiter als 2016, um einen Ausgleich mit dem designierten Präsidenten zu finden. Aus gutem Grund: Die republikanische Regierung könnte den Tech-Firmen das Geschäft stark erschweren.
Ruhiger sei Donald Trump geworden, beständiger und zuversichtlicher, sagte der Amazon-Chef Jeff Bezos auf einer Konferenz Anfang Dezember. «Badass», also «abgebrüht», habe er auf den Mordanschlag reagiert, fand Mark Zuckerberg, der Chef von Meta, schon im Sommer. Und Sundar Pichai, der CEO von Google-Mutter Alphabet, gratulierte ihm zum Wahlsieg und freute sich darauf, zusammen die Vorteile des «goldenen Zeitalters der amerikanischen Innovation» an alle zu verteilen.
Congratulations to President @realDonaldTrump on his decisive victory. We are in a golden age of American innovation and are committed to working with his administration to help bring the benefits to everyone. pic.twitter.com/IPX7AJ8VvI
— Sundar Pichai (@sundarpichai) November 6, 2024
Die Hinwendung zum Republikaner geht über warme Worte hinaus. So sollen Amazon und Meta je eine Million Dollar für Trumps bevorstehende Inaugurationsfeier gespendet haben; das ist deutlich mehr als vor acht Jahren. Pichai und Zuckerberg sind gemäss Medienberichten zudem in den vergangenen Tagen persönlich nach Mar-a-Lago gepilgert, Donald Trumps Machtzentrale im südlichen Florida, um das Gespräch mit dem designierten Präsidenten zu suchen.
Sie gehen nach Canossa
Es sind neue Töne der Tech-Bosse. Zuckerberg hatte Trump während dessen erster Amtszeit regelmässig kritisiert, insbesondere seine Migrationspolitik. Trumps (später vom obersten Gericht annullierter) Entscheid, die Ausweisung illegaler Einwanderer zu ermöglichen, die schon als Kind in die USA gekommen waren, nannte Zuckerberg «etwas vom Verstörendsten, was ich seit langem gehört habe».
Auch die Google-Spitzenleute hatten schon kurz nach der Wahl 2016 an einer internen Grossveranstaltung keinen Zweifel daran gelassen, dass die Trump-Wahl sie enttäuschte und schockierte. Der Positionsbezug schien sie wenig zu kosten: Viele Mitarbeiter des Suchmaschinen-Giganten hatten Clinton unterstützt und erwarteten auch von der Unternehmensleitung, klare Kante zu zeigen.
Auch während Trump 1.0 hatten Sundar Pichai oder Jeff Bezos versucht, mit der Regierung eine Arbeitsbeziehung zu finden. Pichai hat Trump bereits 2019 im Oval Office getroffen. Bezos hatte Trump 2016 auf Twitter zur Wahl gratuliert. Der Republikaner hatte Bezos im Wahlkampf laufend kritisiert, etwa weil er die Berichterstattung der «Washington Post» als feindselig empfand, und hatte Amazon mit wettbewerbs- und steuerrechtlichen Untersuchungen gedroht.
Diesmal ging Bezos aber noch weiter. Für viel Aufsehen hat gesorgt, dass er die «Washington Post» im Oktober angewiesen hat, keine Wahlempfehlung abzugeben. Die Zeitungsredaktion hatte sich intern bereits für Kamala Harris ausgesprochen und einen entsprechenden Meinungsartikel vorbereitet. Bezos argumentierte, dass sich die «Post» auf eine eigene alte Tradition zurückbesinne. Dass die Zeitung diesen Entscheid erst kurz vor den Wahlen traf, brachte ihr aber grosse Kritik von linksliberaler Seite ein. Hunderttausende Leser haben in wenigen Tagen ihr Abonnement gekündigt.
Es drohen Untersuchungen
Ob die Firmenchefs ihre Meinung zu Trump tatsächlich geändert haben, wissen am Ende bloss sie selbst. Aber ihre Schmeicheleien zeigen, dass Amerikas Elite heute andere Schlüsse aus Trumps Wahlsieg zieht als 2016. Damals galt seine Wahl – mit weniger Stimmen als die Konkurrentin Hillary Clinton – vielen als Ausrutscher.
Seine laute, aber oft chaotisch agierende Regierung brachte die Tech-Konzerne nicht ernsthaft in Gefahr. Trump führte während seiner ersten Amtszeit zwar eine Dauerfehde mit Alphabet, weil er den Konzern bezichtigte, auf seinen Plattformen konservative Stimmen zu unterdrücken. Und doch war Alphabet Anfang 2021 mehr als doppelt so viel wert als 2017. Die Marktkapitalisierung von Amazon vervierfachte sich in derselben Zeitspanne sogar.
Diesmal kalkulieren die Firmenchefs anders. Trump hat deutlicher gewonnen als vor acht Jahren und kann nicht mehr als «Versehen» des Wahlvolks wegrationalisiert werden. Er bereitet seine Präsidentschaft gewissenhafter vor und hat die meisten seiner Schlüsselpositionen bereits besetzt. Während sich andere Branchen auf weniger Regeln und tiefere Steuern freuen, dürfte die Lage für die Tech-Konzerne, vor allem für Alphabet und Meta, ungemütlich bleiben.
Keine Milde für «Big Tech»
Das zeigen Trumps Personalentscheide: Die Wettbewerbsaufsicht FTC soll künftig Andrew Ferguson führen, innerhalb des Justizministeriums wird Gail Slater für das Wettbewerbsrecht zuständig sein. Die beiden Behörden teilen sich den Kampf gegen illegale Kartelle und Monopole in den USA auf.
In Statements auf seiner Nachrichtenplattform Truth Social liess Trump wenig Zweifel daran, dass die beiden die harte Linie gegenüber «Big Tech», die ihre demokratischen Vorgänger eingeschlagen haben, weiterführen sollen. Insbesondere Ferguson, der schon heute im Entscheidgremium der FTC tätig ist, hat sich in der Vergangenheit sehr kritisch gegenüber den Tech-Konzernen geäussert. Es ist nicht zu erwarten, dass die Trump-Regierung die laufenden wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen gegen Alphabet, Amazon, Apple und Meta abwürgt.
Hinzu kommt Brendan Carr, der die Aufsichtsbehörde über die Kommunikationsbranche leiten soll. Er will die Macht seiner Behörde ausdehnen und gegen soziale Netzwerke vorgehen, die seiner Ansicht nach das Recht auf Meinungsfreiheit unterdrücken. Ob er das tun kann, hängt auch davon ab, wie sehr ihn Trump im Parlament unterstützen wird.
Jeff Bezos hat derweil nicht nur mit Amazon viel zu verlieren. Sein Weltraumunternehmen Blue Origin kämpft gegen Elon Musks SpaceX in Washington um staatliche Aufträge für Raketenstarts. Musk ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Berater von Trump aufgestiegen, und SpaceX hat seit der Wahl des Republikaners deutlich an Wert gewonnen.
Trump mag schon 78 Jahre alt sein. Aber sein klarer Wahlsieg deutet darauf hin, dass in Amerika ein tiefer Werte- oder Sinneswandel stattgefunden hat, der das Land über seine Amtszeit hinaus prägen wird. Statt dagegen anzukämpfen, arrangieren sich die Tech-CEOs mit der neuen Situation.