Der Boom in der Uhren- und Schmuckbranche ist abgeflaut. Aber wer starke Marken im Portfolio hat, ist gut aufgestellt. Das zeigen die neusten Zahlen der beiden Konzerne Swatch Group und Richemont.
Seit einigen Monaten herrscht vermehrt Unsicherheit darüber, wie es mit Verkäufen von Uhren und Schmuck weitergeht. Von etlichen Herstellern ist zu vernehmen, dass es harziger läuft; die börsenkotierte britische Uhrenhändlerin Watches of Switzerland sah sich vor kurzem gar genötigt, nach einem schwachen Weihnachtsgeschäft in England ihren Ausblick nach unten anzupassen, was die Aktie um 30 Prozent einbrechen liess.
Auch in den Statistiken der Fédération Horlogère zeigt sich eine Verlangsamung: Lagen die Exporte im ersten Halbjahr noch etwa 10 Prozent über Vorjahr, waren es in den Monaten Oktober und November nur noch 5 bzw. 3 Prozent.
Deutschland und Grossbritannien leiden
Umso überraschender sind die guten Zahlen, welche die beiden grossen Schweizer Uhren- und Luxusgüterkonzerne – die Swatch Group und Richemont – in diesen Tagen vorgelegt haben. Ihr Wachstum war jüngst zwar auch nicht mehr zweistellig, aber mit einem Plus von 8 Prozent in Lokalwährungen im Weihnachtsquartal doch sehr solide.
Die Swatch Group, die am Dienstag die wichtigsten Kennzahlen für 2023 veröffentlicht hat, hat generell ein starkes Jahr hinter sich. Der Umsatz in Lokalwährungen stieg in den vergangenen zwölf Monaten um 12,6 Prozent. Davon wurde allerdings mehr als die Hälfte durch Währungseffekte «aufgefressen», weil sich der Schweizerfranken gegenüber dem Euro und dem Dollar um rund 10 Prozent aufwertete, gegenüber dem Yen sogar noch mehr. In Franken gerechnet, verblieb schliesslich ein Anstieg von 5,2 Prozent auf 7,9 Milliarden Franken, womit das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht wurde.
Die operative Marge konnte bei 17,2 gehalten werden, was zu einem leicht höheren Betriebsgewinn von 1,2 Milliarden Franken führte. Gut liefen die Verkäufe vor allem in Asien. In Hongkong, Macau, Thailand, Indien, Japan und China seien im vergangenen Jahr zweistellige Zuwachsraten erzielt worden, schreibt die Swatch Group. In Europa lag das Wachstum eher im einstelligen Bereich, wobei vor allem Deutschland und Grossbritannien leiden. In der Schweiz hingegen konnten die Verkäufe um 30 Prozent zulegen.
60 Prozent mehr Umsatz bei der Marke Swatch
Der Überflieger unter den siebzehn Konzernmarken war 2023 die Marke Swatch. Sie konnte ihren Umsatz um 60 Prozent steigern, was zu einem grossen Teil auf die Kooperationen mit Omega und Blancpain zurückzuführen sein dürfte. Aber auch Longines und Tissot verzeichneten gemäss der Swatch Group «hohe zweistellige Steigerungsraten» (was immer das genau heissen mag).
Solche Wachstumsraten können die Uhrenmarken von Richemont, zu denen unter anderem IWC, Jaeger-LeCoultre und Vacheron Constantin gehören, derzeit nicht bieten. Ihr Umsatz in Lokalwährungen lag in den drei Monaten Oktober bis Dezember um 3 Prozent über Vorjahr.
Dass Richemont es gesamthaft trotzdem auf ein Plus von 8 Prozent in Lokalwährungen geschafft hat, ist den Schmuckmarken (Cartier, Van Cleef & Arpels, Buccellati) zu verdanken, die erneut stark zulegen konnten. Bei ihnen wuchs der Umsatz zwischen Oktober und Dezember in Lokalwährungen sogar um 12 Prozent.
Bei der Swatch Group ist der Schmuck eher eine Randerscheinung. Aber der einzigen Schmuckmarke des Hauses, Harry Winston, scheint es ebenfalls blendend zu gehen. Auch sie konnte jedenfalls «im hohen zweistelligen Bereich» zulegen und dürfte im kommenden Jahr die Umsatzschwelle von einer Milliarde Franken überschreiten.
Optimistischer Ausblick
Auch mit Blick auf 2024 tönt es von beiden Unternehmen recht zuversichtlich. Der Finanzchef von Richemont, Burkhart Grund, sprach in einer Telefonkonferenz von «verhaltenem Optimismus». Vor allem das erste Halbjahr stellt seiner Ansicht nach eine grössere Herausforderung dar. So könnten etwa weitere Länder in eine Rezession rutschen. Sobald jedoch der Zinssenkungszyklus in Europa und in den USA in Gang kommt, wird wieder mit neuer Dynamik gerechnet.
Richemont stützt seine Zuversicht allerdings nicht nur auf die Konjunktur oder die Tatsache, dass das Luxusgeschäft seit Jahren doppelt so schnell wächst wie die globale Wirtschaft, sondern auf die Stärke der eigenen Marken, die es dem Konzern erlauben, Marktanteile zu gewinnen.
Dasselbe gilt für die Swatch Group. Der CEO Nick Hayek ist überzeugt, mit seinen Konzernmarken 2024 weiter wachsen zu können, wie er auf Anfrage sagt. In China sei zwar eine gewisse Verunsicherung spürbar, gerade auch bei jungen Leuten. «Aber von einem massiven Abschwung sind wir weit entfernt.» Zudem betreffe die Kaufzurückhaltung vor allem die sehr teuren Produkte und damit bei der Swatch Group nur wenige Marken. «Das Ziel bleibt, die 8-Milliarden-Marke beim Umsatz zu knacken», sagt Hayek. Das sei durchaus realistisch, auch wenn die Währungsentwicklung unberechenbar bleibe.