Die neue Stimme des Bundesrats +++ Direkt vom Unfallort ans Rednerpult +++ Politik im Schlafwagen +++ Durchsagen aus der Bundesgasse
Sprachlos
fab. Das ging rasch. Der neue Bundesratssprecher Andrea Arcidiacono ist schneller im Amt angekommen, als die Deutschschweizer Journalisten gelernt haben, seinen Namen richtig auszusprechen (manche arbeiten noch daran). Den ersten offiziellen Auftritt hat er vergangene Woche souverän absolviert. Er scheint prädestiniert zu sein für das Amt.
Dazu muss man wissen, dass es beim Bundesratssprecher weniger um das Sprechen geht als um das Gegenteil. Primär muss er in der Lage sein, in allen Landessprachen zu schweigen – oder aber wortreich zu sagen, dass er nichts sagen kann, jedenfalls nicht jetzt. Wer dann noch wissen will, wann er denn etwas sagen kann, bekommt zur Antwort: zu gegebener Zeit.
Arcidiacono wird das sicher gut meistern. Daran besteht nach seinem Auftritt letzte Woche kein Zweifel. Als die Journalisten den Justizminister Beat Jans zur jüngsten Kritik aus dem Parlament befragen wollten, hat Arcidiacono dies nach der ersten Frage subito abgeklemmt. Der Sprecher sprach, man möge doch bitte beim Thema bleiben. Wo kämen wir da hin, wenn die Bundesräte plötzlich Fragen beantworten müssten, die die Leute wirklich interessieren?
Ob die Spielregeln bundesrätlicher Medienkonferenzen irgendwann gelockert werden? Zu gegebener Zeit.
Immer dieser Michel
Der Jung-Nationalrat Simon Michel, seit knapp einem Jahr im Amt, kann sich über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beklagen. Nun aber steht der Freisinnige unfreiwillig im Fokus: Er hat auf der A 1 im Aargau einen Selbstunfall gebaut, bei dem zum Glück niemand verletzt wurde. Michel bekam einen Strafbefehl – und die «Aargauer Zeitung» Wind davon. Weil die Schweiz einkommensabhängig straft, muss der Unternehmer gut 20 000 Franken Busse bezahlen. Da wäre es wohl günstiger, einen Chauffeur zu engagieren, was er nun auch erwägt.
Michel war unterwegs nach Zürich, um ein Referat zu halten (das er dann auch tatsächlich hielt). Laut Staatsanwalt ist er während der Fahrt eingenickt. Michel sagt von sich selbst, dass ihm durchschnittlich sechs Stunden Schlaf genügten – aber natürlich nicht am Steuer. Er bestreitet die Darstellung des Staatsanwalts vehement. Er sei lediglich in Gedanken versunken gewesen, weil er sich geistig auf den Vortrag vorbereitet habe.
Das ist mal was Neues. Normalerweise ist es bei Referaten umgekehrt: Nicht der Redner, sondern mancher Zuhörer beteuert nachträglich, er sei keinesfalls eingeschlafen. Er habe die Augen nur geschlossen gehabt, um besonders intensiv zuzuhören.
Im Schlafwagen
Apropos schlafen: Es gäbe auch ungefährliche Varianten, Mobilität und Morpheus zu verbinden. Der müde Kluge reist im Nachtzuge. Tatsächlich sind Nachtzüge in Bern höchst populär. Kürzlich wurde bekannt, dass der Bundesrat bei den Nachtzügen zwar nicht wirklich sparen will, aber auf die Umsetzung neuer Subventionen verzichten möchte, die das Parlament unlängst beschlossen hat. Das reichte, um eine empörte Gegenkampagne auszulösen, die weit über das rot-grüne Lager hinaus in die Mitte hineinreicht.
Der Ärger ist verständlich. Für Politiker aller Couleur sind Nachtzüge das perfekte Gefährt: Man erreicht seine Ziele im Schlaf, niemand muss Angst vor Sitzverlust haben, und man kommt erst noch gut an.