Die Planung einer Städtereise gleicht oft eine Aneinanderreihung architektonischer Sehenswürdigkeiten. Manchmal bietet sich allerdings die Möglichkeit, ein berühmtes Gebäude nicht nur zu bewundern, sondern auch zu bewohnen.
Der «normale» Marseille-Besucher kommt eher nicht in den Stadtteil Sainte-Anne, der ein paar Kilometer vom Zentrum entfernt liegt, und wohl auch nicht in dieses Drei-Sterne-Hotel, das sich im von Le Corbusier entworfenen Gebäude Cité Radieuse befindet – primär ein Apartmentkomplex, der allerdings zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und als eines der ersten und imposantesten brutalistischen Bauwerke der Welt gilt.
Die zwischen 1947 und 1952 errichtete Cité Radieuse ist eine Art vertikale Gartenstadt mit einer inneren Einkaufsstrasse, dem Gourmet-Restaurant Le Ventre de l’Architecte mit Terrasse und Aussicht, dem Concept Store Le 318, einer Kunstgalerie und anderem. Es sollte nicht nur ein Wohnhaus sein, sondern ein Laboratorium für ein autonomes neues Wohnsystem und ein Ort, an dem sich alle Bewohner der 337 Wohnungen wohlfühlen würden. Das gilt auch für die Gäste der 21 Hotelzimmer, die sich über die dritte und vierte Etage verteilen. Zur Wahl stehen winzige Kabinenzimmer, Studios mit Meerblick, grosse Zimmer, Mini-Suiten und Familien-Zimmer.
Der Komfort der Zimmer hält sich in Grenzen, aber wen interessiert das, wenn man in Original-Doppelbett von Charlotte Perriand schläft oder sich auf einer echten Le-Corbusier-Chaiselongue zurücklehnen kann? Es mag an Luxus fehlen, dafür sind die ganz im modernistischen Le-Corbusier-Stil gestalteten Räume in ihrer Ästhetik und Funktionalität absolut einzigartig.
hotellecorbusier.com, Doppelzimmer ab 96 Euro (ca. 90 Franken)
Schon der Eingang ist grossartig: Er verbirgt sich hinter einem abstrakten Gitter aus Holzplanken am Fusse eines zehnstöckigen Betonturms und wirkt wie eine immersive Kunstausstellung in Tokios östlichem Stadtteil Oshiage. Die spannende Verkleidung soll an die ehemaligen kleinen Fabriken erinnern, die früher in diesem touristisch wenig frequentierten Viertel in der Nähe des Tokyo Skytree standen, und ist nur die erste der industriellen Anleihen, die in diesem vom Japaner Kenzo Kuma entworfenen Hotel zum Einsatz kommen.
Der in Yokohama geborene Architekt ist dafür bekannt, bei seinen Projekten auf japanische Traditionen und die von ihm bevorzugten Materialien – Holz, Papier und Metall – zurückzugreifen, die er auf seine eigene, einzigartige und zeitgenössische Weise anwendet. So auch im 2017 eröffneten One@Tokyo.
Im Innenbereich schafft die Kombination aus freiliegenden Decken und Sperrholz eine Atmosphäre, die mit der Umgebung verschmilzt. Durch raumhohe Fenster ist die Lobby von der Strasse aus einsehbar und Licht durchflutet, Möbel und Beleuchtung wurden so ausgewählt, dass auch Passanten angezogen werden. Auch das angrenzende und ebenfalls einsehbare Restaurant mit seinem 15 Meter langen Esstisch ist für Einheimische gedacht.
Dafür sind ein Grossteil der 142 Gästezimmer kantige und ultrakompakte Studios. Die Wände sind mit Sperrholz verkleidet, ein dreieckiger Schreibtisch ragt wie eine Flosse heraus, die Waschbecken sind aus Metall und die Duschen verglast. Es gibt aber auch grössere Suiten und Loft-Zimmer, manche sogar mit Blick auf den Tokyo Skytree.
onetokyo.com, Doppel ab 12 000 YEN (ca. 70 Franken)
Design-Freaks werden es lieben, denn dies ist das weltweit einzige Hotel, dessen Fassade und Innenräume komplett von der preisgekrönten Architektin Zaha Hadid entworfen wurden. Das Hotel residiert im Herzen des Burj-Khalifa-Bezirks und ist Teil der verspiegelten Opus Twin Towers. Spektakulär ist nicht nur die Aussenansicht – auch von innen punkten glänzende Oberflächen, fliessende Linien und ikonische Möbel, die Zaha Hadid entweder selbst gestaltet oder ausgewählt hat. Die futuristische Architektur mit ihren geschwungenen Räumen, scharfen Winkeln, minimalistische Umgebungen, kühnen Materialien und ausdrucksstarken Farben verkörpern den einzigartigen Designstil der verstorbenen Zaha Hadid.
ME Dubai beherbergt 74 Zimmer und 19 Suiten, darunter die Passion Suite, die Personality Suite, den Vibe Room und die ultra-luxuriöse ME Suite. Die Gestaltung folgt zwei Design-Themen: Während die Midnight-Zimmer den dynamischen Nachthimmel über Dubais Skyline widerspiegeln, sind die Desert-Räume eine Hommage an die sanften Farben und Ruhe der Landschaft der Vereinigten Arabischen Emirate.
melia.com, DZ ab ca 130 Franken
Der Plan des preisgekrönten französischen Architekten Jean Nouvel war es, ein Hotel zu entwerfen, das sich von den vielen Luxushotels, die es in Luzern gibt, abzuheben: «Es musste etwas anderes gefunden werden, um Kunden anzuziehen und sie dazu zu bringen, ein Hotel dem anderen vorzuziehen, ein Erlebnis, das einen einfachen Besuch in etwas Poetisches verwandelt», sagt er.
Aber wie? Mit einem Hotel, das es so in der Stadt nicht gibt und das sich vollkommen dem Design verschrieben hat. Jean Nouvel bediente sich der Genialität der Starschauspieler und Regisseure seiner Lieblingsfilme, um ein Hotel zu gestalten, das einer Traumreise durch die grossen Leinwandepen der Kinogeschichte gleichkommt.
Jedes der Studios und Suiten (simple Einzel- oder Doppelzimmer gibt es hier nicht), jedes einem Film gewidmet, selbst die zurückhaltend eingesetzten Möbel und Einrichtungsgegenstände gestaltete der Architekt passend zum themengebenden Plot. Trotzdem gibt es ein paar Gemeinsamkeiten: dunkle Teakholzböden und sehr spezielles Lichtdesign, Decken mit riesigen Vergrösserungen von Film-Szenen, satte Erdtöne und ein paar Besonderheiten, wie eine Suite mit Dschungel-Patio. Es gibt diverse Restaurants – von Thai über Mexikanisch bis Toskanisch, eine klassische Cocktailbar und die Penthouse 360° Roof Top Bar mit Aussicht über die Stadt und die Bergwelt der Region.
the-hotel.ch, Doppelzimmer ab 260 Franken
Das 1972 fertiggestellte IBM-Gebäude in Chicago war eines der letzten Bauwerke von Ludwig Mies van der Rohe, der 52-stöckige Turm aus eloxiertem Aluminium und bronzefarbenem Glas veränderte die Skyline der Stadt und gilt als Ikone der Chicagoer Architektur schlechthin. Seit 2013 können Besucher in diesem architektonischen Wahrzeichen übernachten – nachdem die ersten 13 Stockwerke in das Langham, Chicago Hotel verwandelt wurden, das mit Panoramaaussichten auf die Stadt, den Chicago River und den Lake Michigan.
Leider war es dem 1969 in Chicago verstorbenen deutschen Architekten nicht mehr möglich, sich um die Einrichtung zu kümmern, doch im Hotel blieben viele der ursprünglichen Designelemente des Wolkenkratzers erhalten, darunter Details aus Teakholz, Stechpalmenholz, Bronze und Travertinstein. Die 316 Zimmer und Suiten wurden von der Londoner Firma Richmond International in warmen Farbtönen, reichen Textilien und dunklen Hölzern gestaltet, die klaren Linien und die schlichte Eleganz dürfen als eine Hommage an die minimalistische Ästhetik von Mies van der Rohe verstanden werden.
Der Geist des Star-Architekten seiner Zeit ist vor allem in der luftigen, hellen Lobby zu spüren, die von dessen Enkel Dirk Lohan entworfen und mit schönem Midcentury-Mobiliar eingerichtet wurde.
langhamhotels.com, Doppelzimmer ab ca. 336 Franken
Ein sicherer Weg, um einen Ort auf die touristische Landkarte zu setzen, ist es, einen Stararchitekten wie Rem Koolhaas mit dem Bau zu beauftragen. So geschehen in Rotterdam: Ende 2013 stellte der renommierte niederländische Architekt den De-Rotterdam-Bau fertig – ein Trio aus Stahl- und Glasmonolithen in einer Gegend, die als «Manhattan an der Maas» bekannt ist. 2014 Jahr wurde das Nhow Rotterdam darin eröffnet, es nimmt 23 der Etagen ein und bietet seinen Gästen eine unvergleichliche Aussicht sowie das Gefühl, im Herzen der Stadt zu sein.
Koolhaas’ Architekturstudio OMA ist auch für die Inneneinrichtung des Hotels verantwortlich – es ist also kein Zufall, dass die Vision eine gewisse Einheitlichkeit aufweist. In der Lobby bilden ein grosser Empfangstresen aus Messing und goldene Elemente einen auffälligen Kontrast zu den Betonwänden. Die 274 Zimmer sind ein Wunder an attraktiver Effizienz, nicht gerade überdimensional, aber chic, hell und funktional, mit bequemen Betten und samtigen Holzfussböden.
In der auch bei Locals beliebten Bar werden Cocktails mit Aussicht und DJ-Soundtrack serviert, im Restaurant wird globale Küche in einem inspirierenden Ambiente angeboten. Im siebten Stock gibt es eine Terrasse mit Blick auf das Wasser und einer stilvolle kleine Espressobar für die Momente, in denen die Begeisterung die Energie übersteigt.
nhow-hotels.com, Doppelzimmer ab ca. 77 Franken