Ein Polizist lässt den Kollegen im Polizeiauto mitfahren und filmen. Nun ist er wegen mehrfacher Amtsgeheimnisverletzung verurteilt worden.
Ein Zürcher Stadtpolizist macht zwischen Februar 2019 und November 2022 mehrfach in seiner Funktion als Polizist geheime, interne und nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Daten einem Kollegen zugänglich. Dies geht aus einem rechtskräftigen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland hervor, in den die NZZ Einsicht hatte. Der 42-jährige Beschuldigte arbeitet heute nicht mehr bei der Stadtpolizei.
Wie in dem Strafbefehl zu lesen ist, ist der Kollege kein Polizist, sondern preist sich im Internet als DJ und HR-Fachmann an. Er möchte offenbar nähere Informationen über eine weibliche Bekanntschaft erhalten.
Vermutlich im März 2019 schaut der Polizist für seinen Kollegen im Polizeisystem Infocar, in dem sich Informationen über Führerausweise und eingelöste Fahrzeuge befinden, die Daten dieser Frau nach. Er zeigt diese Daten auf seinem PC-Bildschirm auf der Polizeiwache seinem Kollegen – ohne Wissen und Einverständnis der Frau. Der Kollege fotografiert dabei die Daten vom PC-Bildschirm ab.
Mitfahrten im Streifenwagen
Laut dem Strafbefehl erhielt dadurch «eine nicht an das Amtsgeheimnis gebundene, nicht behördlich agierende Drittperson» Zugang zu vertraulichen, nicht allgemein bekannten und nur einem beschränkten Personenkreis zugänglichen Informationen über die Frau; unter anderem ihren vollständigen Namen, das Geburtsdatum, das Datum der Führerausweisprüfung und ihre Adresse.
Mutmasslich im August 2019 klärte der Stadtpolizist «auf inständiges Bitten» des Kollegen in den internen, nur der Polizei zugänglichen Informationssystemen zudem eine Telefonnummer ab und übergab sie dem Kollegen. Mindestens dreimal nahm der Stadtpolizist den Kollegen auf dessen Bitte hin auch mit auf Streife im Polizeiauto. Der Polizist verfügte hierfür nicht über eine Einwilligung eines Vorgesetzten und nicht über eine entsprechende Amtsgeheimnisentbindung.
Der im Streifenwagen eingebaute Polizeifunk lief dabei jeweils laut, so dass der Kollege den Funk mithören konnte. Immer gemäss Strafbefehl nahm der Kollege dabei mindestens einmal mit seinem Mobiltelefon im Streifenwagen ein Video auf, in dem der Funk zu hören war. Und er filmte mindestens einmal eine echte Personen- und Fahrzeugkontrolle aus dem Streifenwagen heraus.
Sodann nahm der Polizist im April 2019 zwei Abfragen in den polizeilichen Systemen Polis und Ripol auf den Namen seines Kollegen vor, weil er diesem habe zeigen wollen, wie eine solche Abfrage funktioniere. Dieselben Abfragen machte er auch telefonisch bei der Einsatzzentrale, wobei er das Telefon auf laut stellte, so dass der Kollege direkt mithören konnte. Dabei wurde mitgeteilt, dass gegen den Kollegen wegen Handels mit Betäubungsmitteln eine Anzeige verfasst worden sei und zurzeit kein Verfahren laufe.
Interne polizeitaktische Informationen erhalten
Der Kollege habe dadurch Informationen über sich selber, aber auch Informationen über sonstige polizeiliche Geschehnisse im Kanton Zürich und polizeitaktische Informationen und Massnahmen, welche über den Polizeifunk verbreitet würden, erhalten. Die Polizei mache diese Informationen nicht einfach so der Öffentlichkeit zugänglich und habe ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, heisst es im Strafbefehl. Der Polizist habe das gewusst und zumindest in Kauf genommen.
Die Strafuntersuchung wurde nicht in Zürich, sondern in Winterthur geführt. Der 42-jährige Ex-Polizist wurde der mehrfachen Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig befunden. Er ist mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 100 Franken (15 000 Franken) bestraft worden. Die Probezeit wurde auf zwei Jahre angesetzt.
Bezahlen muss der Ex-Polizist eine Busse von 1500 Franken und 1600 Franken Verfahrenskosten, insgesamt also 3100 Franken. Eine allfällige Zivilklage wurde auf den Zivilweg verwiesen. Der Strafbefehl ist nicht angefochten worden und kürzlich in Rechtskraft erwachsen.
Die Stadtpolizei Zürich teilte auf Anfrage mit: «Die Person arbeitet nicht mehr bei uns.» Weitergehende Informationen könne sie aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes des ehemaligen Mitarbeiters der Stadtpolizei sowie unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben des städtischen Personalrechts nicht bekanntgeben.