Die Inflation ist höher als erwartet, das hat die Renditen von US-Anleihen wieder in die Höhe getrieben. Welche Chancen sich Anlegern bieten – und wie sie das Fremdwährungsrisiko absichern.
Die Renditen von amerikanischen Staatsanleihen sind in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Am Montag brachten zwei Jahre lang laufende US-Staatstitel Sparern 4,73 Prozent – das sind 0,33 Prozentpunkte mehr als am 8. März. Zehnjährige US-Titel rentierten am Montag derweil mit 4,31 Prozent.
Wer sein Geld dem amerikanischen Staat leiht, wird dafür also mit recht hohen Zinsen entschädigt.
Zähe Inflation treibt Renditen in die Höhe
Als Hauptgrund für den jüngsten Renditesprung der US-Staatsanleihen gilt die zähe Inflation in den USA. Wie vergangene Woche bekanntwurde, ist sie im Februar von 3,1 auf 3,2 Prozent gestiegen – immerhin ist die Kerninflationsrate, bei der Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht enthalten sind, leicht zurückgegangen, von 3,9 auf 3,8 Prozent.
Die weiterhin erhöhte Inflation könnte dafür sorgen, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mit Senkungen des Leitzinses weiter zuwartet. Manche Marktbeobachter hatten in der Vergangenheit mit bis zu sechs oder sieben Senkungen des Leitzinses in diesem Jahr gerechnet. Die jüngsten Inflationsdaten haben diese Hoffnungen jedoch gedämpft. «Derzeit werden nicht mehr ganz drei Leitzinssenkungen des Fed für dieses Jahr eingepreist», sagt Simon Lustenberger, Leiter Anlagestrategie bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die höher als erwartet ausgefallene Inflation hat die Erwartungen an Zinssenkungen des Fed also deutlich gebremst.
Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass die Finanzmärkte nicht noch stärker reagiert haben. Lustenberger erklärt dies damit, dass die Situation eine andere sei als im Herbst des vergangenen Jahres, als die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen in Richtung der 5-Prozent-Marke stiegen. Zweijährige erreichten Mitte Oktober 2023 sogar einen Stand von 5,22 Prozent.
Spekulationen über Zinssenkung im Juni
Im Gegensatz zum Herbst 2023 sei der «Zinspfad» nun klarer vorgezeichnet, sagt Lustenberger. «Die Kerninflation ist nicht mehr weit vom Ziel des Federal Reserve entfernt, und der nächste Schritt dürfte eine Zinssenkung sein.» Dies halte auch die Schwankungen am Staatsanleihenmarkt niedriger. Mit einer länger anhaltenden restriktiven Geldpolitik der US-Notenbank nähmen zudem die Konjunkturrisiken zu. Dies begrenze das Anstiegspotenzial bei den Renditen.
Mit Spannung erwartet wird diesbezüglich das Ergebnis der Sitzung des Federal Reserve Board am Mittwoch. Die Signale des Fed könnten auch die Richtung der Aktienmärkte in den kommenden Monaten vorgeben. Derzeit werweissen die Beobachter darüber, ob es im Juni eine erste Zinssenkung geben könnte oder nicht. Für März gilt diese als sehr unwahrscheinlich.
Tatjana Puhan, Anlagechefin des Vermögensverwalters Copernicus Wealth Management, kann sich vorstellen, dass es in diesem Jahr nur zwei, eine oder gar keine Zinssenkung des Fed gibt. Dafür sprechen aus ihrer Sicht die starken Ergebnisse der amerikanischen Unternehmen sowie die Tatsache, dass eine Rezession in den USA weiterhin nicht in Sicht ist.
Nannette Hechler Fayd’herbe, Chefin Investment-Strategie für Europa, den Nahen Osten und Afrika bei der Bank Lombard Odier, geht davon aus, dass die Inflation in einer Welt, in der die Geopolitik wieder eine dominante Rolle spielt, stärker schwanken wird. Folglich dürften die Zentralbanken vorsichtiger agieren. Das Szenario «higher for longer» – höhere Zinsen für eine längere Zeit – könnte sich also fortsetzen.
Was sollten Anleger tun?
Für Sparer und Anleger sind Anleihen aufgrund der höheren Zinsen wieder eine valable Alternative geworden. Mit Schweizer Obligationen erhalten sie aber deutlich niedrigere Renditen. Zehnjährige Schweizer Staatsanleihen brachten am Montag 0,73 Prozent. Wäre es da nicht sinnvoll, einen Teil des Geldes in die deutlich besser rentierenden US-Staatsanleihen zu investieren?
Streuung des Vermögens auf verschiedene Regionen: Puhan empfiehlt Sparern und Anlegern, ihre Vermögen global zu streuen – von daher sei es auch durchaus sinnvoll, als Schweizer Investor in US-Anleihen zu investieren. Neben Staatsobligationen empfiehlt sie auch Investitionen in Anleihen von US-Unternehmen. Dies sei für hiesige Anleger vor allem auch deshalb interessant, weil die Auswahl an Obligationen am Schweizer Markt recht überschaubar sei. Es gibt eine Vielzahl an entsprechenden Anlagefonds und Exchange-Traded Funds (ETF) auf dem Markt.
Auch Lustenberger sieht bei US-Staatsanleihen durchaus Chancen für Anleger. Die realen Renditen von US-Staatsanleihen – also nach Abzug der Inflation – seien insgesamt attraktiv und historisch auf einem hohen Niveau, sagt er. «Längerfristig betrachtet, dürften die realen Renditen wieder sinken, was den Anlegern auch Chancen auf Kursgewinne eröffnet.»
Währungsrisiko eingehen oder nicht? Doch die Sache hat einen Haken: US-Anleihen notieren in Dollar, und Schweizer Anleger gehen bei einem Kauf das Risiko ein, dass sich die US-Währung gegenüber dem Franken abschwächt. Dies würde die Rendite schmälern. Puhan rät dazu, kein Währungsrisiko einzugehen und das Geld folglich in die Franken-Tranchen von entsprechenden Fonds zu investieren. «Schliesslich kauft man Anleihen, um Stabilität im Depot zu haben», sagt sie. Schwankungen von Währungen könne man da nicht gebrauchen.
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Absicherung von Währungsrisiken Geld kostet und einen grossen Teil der Rendite auffrisst – die 4,73 Prozent für zweijährige US-Staatsanleihen kommen also nicht komplett beim Schweizer Anleger an. Lustenberger beziffert die Kosten der Absicherung von Dollaranlagen für Schweizer Anleger auf 3,5 Prozent.
Auch er rät Schweizer Anlegern, das Währungsrisiko zu berücksichtigen. «Vorderhand erwarten wir aufgrund der stabilen Konjunktur noch wenig Schwäche beim Dollar, so dass die volle Renditedifferenz zu Schweizer Anleihen abgeschöpft werden kann.» Mittelfristig spreche aber die höhere Inflation in den USA gegenüber der Schweiz dafür, dass der Franken gegenüber dem Dollar an Wert gewinnen könnte. «Dann dürfte sich eine Währungsabsicherung durchaus lohnen», sagt Lustenberger.
Hechler Fayd’herbe geht davon aus, dass ein Schweizer Anleger mit US-Anlagen kurzfristig höhere Zinsen erhält als mit Schweizer Investitionen und «gleichzeitig wahrscheinlich nicht allzu viel auf dem Dollar verliert». Gegenwärtig seien inflationsgeschützte Dollar-Staatsanleihen attraktiv. Langfristig stellten die makroökonomischen Ungleichgewichte in den USA – das hohe Budget- sowie das Leistungsbilanzdefizit – ein Risiko für den Dollar dar, das sich in einer Abschwächung gegenüber dem Franken manifestieren könnte, sagt sie.