Längst hat der Investmentbanker das Kapitel Credit Suisse abgeschlossen und ist zu neuen Deals weitergezogen. Dabei hat er jetzt aber den Zorn der US-Politik auf sich gezogen.
Das Ende der Credit Suisse hat die Bankenschweiz auf den Kopf gestellt und die Karrieren zahlreicher beteiligter Spitzenkräfte beschädigt: Langzeit-Präsident Urs Rohner, der frühere Vize-Verwaltungsratspräsident Severin Schwan oder Ex-CEO Thomas Gottstein werden in der Schweiz noch lange auf ihre Rolle beim Untergang der Grossbank angesprochen werden.
Scheinbar mühelos weitergezogen ist dagegen Michael Klein, von 2018 bis 2022 ein einflussreicher Verwaltungsrat der Bank, obwohl er in den letzten Monaten der CS eine prominente Rolle spielte.
Nicht zuletzt dank Klein gelang Ende 2022 eine letzte Kapitalerhöhung der Grossbank. Der saudische Investor, der die milliardenhohe Finanzspritze gab, leitete mit einer unklugen Aussage wenig später im März aber auch den endgültigen Untergang der CS ein.
Auf dem Höhepunkt der Krise Ende 2022 wollte die CS Klein einen Grossteil ihrer US-Investmentbank anvertrauen. Die Bank hätte Klein hierfür sogar dessen eigene Investment-Boutique, M. Klein & Co., abgekauft. Der potenzielle Interessenkonflikt war gross, doch der CS gingen die Alternativen aus.
Es ist nun aber nicht der CS-Untergang, sondern ein anderes Geschäft, das den Amerikaner in juristische Probleme gebracht hat: Klein steckt wegen seiner Beratungstätigkeit fest zwischen dem amerikanischen und dem saudiarabischen Rechtssystem.
Von Aspen bis Riad
Wie kam es dazu?
Mit der Übernahme der CS durch die UBS hatte sich für Klein die Option zerschlagen, einen Grossteil des Investment Bankings der CS zu übernehmen und zu leiten. Die UBS-Spitze um Präsident Colm Kelleher hatte keine Freude am geplanten Deal und beendete die Zusammenarbeit. Klein rappelte sich jedoch rasch wieder auf. Der talentierte Investmentbanker fädelte bald schon neue Geschäfte ein; und zwar ganz unterschiedlicher Art. Im Oktober verkaufte er seine Villa im amerikanischen Nobel-Skiort Aspen – gemäss Wall Street Journal erhielt er 60 Millionen Dollar für das Anwesen. Das Land habe er 2014 noch für 2,85 Millionen gekauft.
Im November 2023 gründete Klein zusammen mit der Hollywood-Agentur Creative Artists Agency eine neue Investmentbank – CAA Evolution. Das neue Unternehmen will ganz vorne dabei sein, wenn Filmstudios oder grosse Sportklubs die Hand wechseln.
Das Timing schien Klein einmal mehr gut getroffen zu haben. Die grossen Sportligen der Welt haben sich in wahre Geldmaschinen verwandelt, für die sich längst auch Private-Equity-Firmen und Staatsfonds interessieren. Allen voran der saudische Public Investment Fund (PIF), für den Michael Klein laut eigenen Aussagen seit 2017 arbeitet, setzt voll auf die Karte Sport.
Es ist insofern kein Zufall, dass Klein bei den Fusionsverhandlungen zwischen den grossen Golf-Verbänden PGA Tour und LIV Golf beteiligt ist. Der PIF hatte LIV Golf 2022 mit viel Geld als Konkurrenz zur traditionellen PGA aus dem Boden gestampft und mit den Millionen zahlreiche Golfstars abgeworben. Im vergangenen Juni folgte die überraschende Wende: PGA und LIV wollten nun plötzlich über eine Fusion verhandeln, welche die Golfwelt auf den Kopf stellen würde.
Gerichtliche Vorladung statt Milliarden-Deal
In den USA – wo Golf nicht nur Eliten- sondern auch beliebter Volkssport ist – verärgerte das Vorgehen der Saudi nicht nur Sport-Traditionalisten. Von «Sportswashing» war die Rede, also dass die saudische Autokratie sich über den Sport im Westen reinwaschen und ein besseres Image kaufen könne. Ein Komitee des US-Senats beschloss im vergangenen Sommer, sich genauer mit dem geplanten Golf-Deal und der «Soft Power» der Saudis auseinanderzusetzen; damit begannen Kleins Probleme.
Das Komitee forderte von Klein und anderen hochkarätigen Beratungsfirmen wie BCG und McKinsey nämlich unter Strafandrohung genauere Informationen, was für Arbeit sie für den PIF geleistet haben. Die Berater verweigerten diese Informationen mit dem Argument, dass sie ihre Mitarbeiter in Saudiarabien ins Gefängnis bringen würden, wenn sie offen über Geschäftsgeheimnisse sprächen. Der PIF habe sie angeklagt und es ihnen gerichtlich untersagen lassen, die relevanten Dokumente vorzulegen.
Am vergangenen Dienstag war Klein deswegen nebst den Spitzenkräften der grossen Beratungsfirmen vor den Senatsausschuss zitiert und in einer öffentlichen Anhörung mit harten Fragen und Vorwürfen bombardiert worden.
«Sie sagen, Sie seien vor eine unmögliche Wahl gestellt worden. Aber Sie haben sich für eine Seite entschieden», kritisierte der Vorsteher des Senatsausschusses, der demokratische Senator Richard Blumenthal. «Sie haben sich für die saudische Seite entschieden, nicht für die amerikanische Seite.» Dieses Vorgehen könne in Zukunft auch allen anderen Unternehmen, die für andere Staaten arbeiten, als Ausrede dienen, den USA keine Informationen zu wichtigen Fragen liefern.
Der Stehauf-Banker ist gefragt
Michael Klein zählte auf, welche Dokumente sein Unternehmen dem Ausschuss bereits zusenden konnte. Man arbeite nach bestem Vermögen und seit Beginn der Untersuchung des Komitees daran, rasch auf dessen Anforderungen zu reagieren. «Unsere Firma, wie meine früheren Firmen, halten sich an die Standards sowohl der lokalen Märkte, in denen wir tätig sind, als auch in unserem Heimmarkt», sagte Klein.
Doch: «Wie das Komitee weiss, trete ich unter bedeutenden juristischen Einschränkungen auf, die ausser unserer direkten Kontrolle liegen». In der Sache solle bald ein Urteil erfolgen. Doch ihm und seinen Mitarbeitern drohten Strafen von bis zu 20 Jahren Gefängnis, falls man sich nicht an die Anweisungen des saudischen Gerichts halte. Das sei ein Risiko, so Klein, das er weder selbst tragen noch seinen Mitarbeitern auferlegen könne.
Vieles bleibt nach der Anhörung ungewiss, sowohl für die Golfwelt als auch für Klein. Vor einer Woche verkündete eine US-Investorengruppe, bis zu 3 und vorerst 1,5 Milliarden Dollar in die PGA Tour einzuschiessen. Es scheint noch nicht ganz klar, wie sich das auf den geplanten Deal mit der LIV auswirken wird.
Die Frage bleibt auch offen, ob die geopolitische Lage Michael Klein und den anderen Beratern einen Weg aus der juristischen Zwickmühle bieten wird. Die USA und Saudiarabien suchen derzeit gemeinsam nach einem Weg, den Frieden im Nahen Osten zu sichern; selbst der angriffige Senator Blumenthal bemerkte dies lobend in seinem Votum.
Das saudische Gericht soll bald über den Maulkorb befinden, den es den Beratern auf Verlangen des PIF vorläufig angelegt hat. Es ist zumindest denkbar, dass die Saudi den US-Beratern einen Weg eröffnet, den Ansprüchen des amerikanischen Staats zu entsprechen. Es wäre einmal mehr ein Zeugnis davon, wie sich Michael Klein selbst aus schwierigsten Situationen befreien kann – nur um zielstrebig den nächsten grossen Deal anzusteuern.