Beim Trendsport wird der ganze Körper trainiert. Doch wer Vorsichtsmassnahmen missachtet, läuft Gefahr, sich weh zu tun. Eine Anleitung zum verletzungsfreien Training.
Schweiss tropft, die Gesichter sind angestrengt. Der eine absolviert noch das Kreuzheben, die andere pausiert gerade bei den Goblet-Squats, weil die Beine so brennen. Noch drei Minuten, dann ist das sogenannte Work-out of the Day, kurz WOD, vorbei – egal, wie viele der vorgegebenen Übungen geschafft worden sind.
Das WOD ist ein Programm verschiedener Übungen, welche die Teilnehmenden einer Crossfit-Einheit innerhalb der vorgegebenen Zeit von 12 bis 15 Minuten absolvieren. Dies ist der Hauptteil einer angeleiteten Crossfit-Lektion, die wiederum üblicherweise eine Stunde dauert. Eine Lektion beginnt mit einem Warm-up, dann folgt ein Kraftteil, in dem Bewegungsabläufe des WOD eingeübt werden. Abschliessend folgt ein Cool-down.
Crossfit hat zum Ziel, den ganzen Körper zu trainieren. Mit und ohne Hanteln und Kettlebells werden funktionelle Übungen ausgeführt, es gibt auch einmal eine Sequenz auf dem Ruderergometer oder rennend. Crossfit vereint Elemente aus Leichtathletik, Kunstturnen, Powerlifting sowie olympischem Gewichtheben und ist, richtig ausgeführt, ein ganzheitlicher Sport. Die Ausdauer wird trainiert, kardiovaskulär wie respiratorisch, die Kraft wird verbessert, sowohl die Maximalkraft als auch die Kraftausdauer. Ebenso verbessert das Training die Beweglichkeit. Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Gleichgewicht und Koordination sind in den Übungen gefordert. Die genaue Ausführung ist daher äusserst wichtig.
Richtig aufwärmen ist entscheidend
Laute Musik begleitet das Programm, ein Trainer hält alle bei Laune, turnt vor. Doch je mehr in einer Gruppe teilnehmen, desto schwieriger wird es für den Coach, auf Einzelne zu fokussieren und sie vor Verletzungen durch falsche Ausführung zu bewahren. Daher ist es immer wichtig, dass die Trainierenden wissen, was sie tun und wo ihre Schwachstellen liegen. Auf folgende Punkte sollte man achten:
«Ein gut angeleitetes Training hat ein Warm-up von deutlich über 15 Minuten. Das trägt entscheidend zu einem verletzungsfreien Training bei», sagt Benjamin Bachmann. Er ist Geschäftsführer des Fitnessstudios TuricumFit, manueller Therapeut und als Heilpraktiker insbesondere für Sportler tätig. Erst durch ein gutes Aufwärmen ist der Körper vorbereitet auf das WOD.
Im Warm-up und im Kraftteil sollten die Teilnehmenden an neue Kernübungen aus dem Crossfit herangeführt werden, beispielsweise Klimmzüge, Squats oder Kettlebell-Swings. Übungen, die die Trainerin Vivi Giessmann zum typischen Repertoire einer Crossfit-Stunde zählt. Sie zeigt Vorübungen zum Aufwärmen, korrigiert die Haltung und erklärt Varianten der Ausführung je nach Fitnessstand.
Training dosieren
Im Training auf die unterschiedlichen Leistungsniveaus einzugehen, sei essenziell, sagt Bachmann. Wer neu anfängt mit Crossfit, braucht Geduld. Bachmann sagt: «Man muss lernen, die Bewegungen koordinativ auszuführen, also sich erst einmal neurologisch auftrainieren.» Dabei wird bereits das Herz-Kreislauf-System mittrainiert. Dieses passt sich nach wenigen Wochen regelmässigen Trainings an, genauso wie Muskeln und Gefässe.
Sehnen, Bänder und Knorpel brauchen Monate, Knochen und Kapseln passen sich erst nach Jahren an. Es ist also wichtig, das Trainingsvolumen nicht zu schnell zu steigern. «Am vorsichtigsten müssen die sein, die früher gut waren oder die sowieso schon fit sind, weil sie andere Sportarten ausüben», sagt Bachmann. Solche Leute haben Kraft und Ausdauer, aber es besteht das Risiko, dass sie eine Übung nicht richtig ausführen.
Wenn man nicht durch einen Mangel an Kraft oder Ausdauer limitiert ist, können Verletzungen schneller als gedacht auftreten. Es ist also wichtig, sein eigenes Niveau zu kennen und auch das entsprechende Kursniveau zu wählen oder eine individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen.
Der Wettkampf-Charakter des WOD entsteht durch die vorgegebene Ausführungszeit. Das Work-out wird als ein hochintensives Intervalltraining durchgeführt. Viele fühlen sich durch die ablaufende Zeit und das Miteinander angespornt. Ebenso durch die Musik und das Anfeuern der Trainer.
Die Gewichte oder die Zahl der Wiederholungen sollten immer an den persönlichen Trainingsstand angepasst werden. Giessmann sagt: «Niemand soll sich unterschätzen, aber eben auch nicht überschätzen.» Weniger sei manchmal mehr. Die in einem Crossfit-Studio herumliegenden schweren Gewichte sollten nicht dazu verleiten, dem Körper etwas zuzumuten, wozu er noch gar nicht bereit ist. Merkt man während der ablaufenden Zeit des WOD, dass man sich zu viel Gewicht aufgebürdet hat, nehmen sich die wenigsten die Zeit, das Gewicht zu reduzieren. «Darin liegt eine grosse Gefahrenquelle», so Giessmann. Es ist dann auch Aufgabe der Trainer, zu helfen und richtig zu beraten.
Richtig essen, gut erholen
Verletzungen können aber auch durch zu viele Trainings oder zu kurz aufeinanderfolgende Einheiten entstehen. Auch die Schlafqualität und die Ernährung spielen eine Rolle. Wer vor dem Training zu wenig Energie zugeführt hat, wird während der Übungen schneller ermüden. Wer nach dem Training zu wenig isst, regeneriert schlecht.
Je mehr trainiert wird, desto eher fallen diese Punkte ins Gewicht, weil der Körper seine Reserven anzapft und dazwischen zu wenig Zeit zum Erholen hat. So kann auf zu hohe Belastung nicht nur ein Muskelkater folgen, sondern auch eine Überbelastung. Wer dann in die Entzündung hineintrainiert, macht alles nur schlimmer. Giessmann empfiehlt, nicht mehr als zwei bis drei Crossfit-Einheiten pro Woche zu absolvieren. Weitere Trainings sollten als lockere Einheiten in Ausdauersportarten oder Beweglichkeitstrainings ausgeführt werden.
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