Mit seiner Debütkollektion «Klironomia» meistert der Lausanner Jungdesigner Theodore Perdios den Spagat zwischen Humor und Eleganz. Seine drei Sessel sind derzeit im Foyer des Prime Tower in Zürich ausgestellt.
Schweizer Design brüstet sich gerne mit seinem weltbekannten Ruf für clevere, innovative Konstruktionen, dem hohen Qualitätsanspruch und vor allem einer unverkennbaren, klaren und aufgeräumten Ästhetik. Man denke an die USM-Haller-Regalsysteme oder die Bahnhofsuhr. Sinnlichkeit, Verspieltheit oder gar Komik sind hingegen nicht unbedingt Attribute, mit denen sich die anscheinend so nüchtern gesinnten Produktgestalter Helvetiens profilieren. Vor allem im Möbeldesign vertrauen die Gestalterinnen und Gestalter zu oft den vertrauten Schweizer Codes: Die Kreationen wirken vernünftig, dafür fehlt es manchmal an einer gewissen «joie de vivre».
Gewiss, ein paar wunderbare Ausnahmen gibt es in der Geschichte: Eine Ikone aus den 1950er Jahren ist etwa Willy Guhls «Loop»-Sessel für Eternit oder das «Terrazza»-Sofa von Ubald Klug für de Sede aus den frühen 1970er Jahren. Einen ähnlich entrückenden Charakter hat auch Susi und Ueli Bergers Wolkenlampe von 1970 für Wohnbedarf oder ihr Schubladenstapel für Röthlisberger von 1982. Und natürlich sind die postmodernen Kreationen von Trix und Robert Haussmann nicht zu vergessen. Aber wie sieht es mit Entwürfen aus dem 21. Jahrhundert aus?
Ambitioniertes Debüt
Ein vielversprechender neuer Name ist Theodore Perdios aus Lausanne, mit Jahrgang 1991 und schweizerisch-griechischen Wurzeln. Der Designer ist eigentlich Architekt und lebt und arbeitet mittlerweile in Zürich. 2024 hat er seine ersten Möbelentwürfe lanciert: Bei der «Klironomia»-Kollektion – benannt nach dem griechischen Wort für «Vermächtnis» – handelt es sich um ein Trio aus drei ganz unterschiedlichen, ziemlich eigenwilligen Sitzmöbeln. Jedes für sich strahlt mit einer überraschenden Gestalt eine starke Präsenz aus.
Theodore Perdios Debütkollektion «Klironomia»: die Sessel «Euclide», «Johan» und «Lilith».
Es ist ein ziemlich ambitioniertes Debüt, das Perdios mit diesen drei Entwürfen vorlegt, um sich als visionärer Schweizer Möbeldesigner zu behaupten. Mit den Sesseln «Johan», «Euclide» und «Lilith» positioniert er sich als Gestalter unkonventioneller, luxuriöser Sammlerstücke. Angetrieben vom Anspruch, mit konventionellen Erwartungen zu brechen, wagt seine Designphilosophie den Balanceakt zwischen Verspieltheit und Raffinement, Klarheit und Eleganz.
So streng die geometrische Architektur dieser skulpturalen Sessel auf den ersten Blick auch wirken mag, sie strahlen zugleich auch etwas Mystisches, gar Lebendiges aus. Bespannt mit kuscheligen Dedar-Bezügen, geben sie sich als Ruhe und Kraft spendende Objekte der Kontemplation.
Die drei Sessel sind «Conversation Pieces», auf die man sich beim ersten Anblick gleich niederlassen will. Man kann sich diese Möbel gut in modernen Interieurs vorstellen, ob in privaten oder öffentlichen wie etwa Showrooms, Galerien oder anderen Repräsentationsräumen. Anziehend ist etwa die sinnlich gewundene Spirale des «Lilith»-Sessels. Aber auch der wie ein schräger Zacken wirkende «Johan» offenbart eine weiche Rundung für die Rückenlehne. In einer Visualisierung stellt der Designer auf seiner Website dar, wie dynamisch drei dieser Sessel in einer Reihe wirken.
Und dann ist da noch «Euclide», benannt nach dem griechischen «Vater» der Geometrie. So radikal diese Möbelform wirkt, so naheliegend ist deren Ursprung, ist sie doch eine Versinnbildlichung räumlicher Dimensionen: Die drei Arme entsprechen den drei Achsen X, Y und Z im dreidimensionalen Koordinatensystem.
Ausstellung im Prime Tower in Zürich
Gefertigt werden die in Zürich entworfenen Möbel auf Bestellung in einer norditalienischen Manufaktur. Premiere feierte das Trio aber in New York, wo die Entwürfe exklusiv bei Studiotwentyseven erhältlich sind. Laut dem Designer ist die Galerie für luxuriöse Designsammlerstücke auf ihn zugekommen, da ihr Entwürfe dieser Art in ihrem Portfolio bis anhin noch fehlten.
Es wäre dem jungen Designer zu gönnen, wenn diese aufwendigen, von Hand gebauten Möbel auch eine Käuferschaft fänden. Mindestens 8000 Franken bezahlt man schliesslich für so eine Sitzskulptur. Sobald die Kosten für die Prototypen der ersten Kollektion gedeckt sind, will Perdios weitere Entwürfe realisieren.
Die Kollektion «Klironomia» von Theodore Perdios ist bis zum 30. September, 2025 im Prime Tower Foyer, Hardstrasse 201, 8005 Zürich, ausgestellt.