Die Staatsanwaltschaft in Wien hat Untersuchungen wegen schweren Betrugs im Zusammenhang mit der Insolvenz des Signa-Imperiums eingeleitet. In Deutschland läuft derweil bereits ein Verfahren wegen Geldwäscherei.
Der Zusammenbruch des Signa-Imperiums ist nun auch in Österreich ein Fall für die Strafjustiz. Am Freitag teilte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien mit, gegen «Geschäftsführer einer Signa-Projektgesellschaft» wegen schweren Betrugs Ermittlungen eingeleitet zu haben. Wer die Verdächtigen sind und um welches Unternehmen des Konzerns es konkret geht, ist nicht bekannt. Auch die Schadenssumme wird noch ermittelt, wie es in dem Communiqué heisst. Der Vorwurf lautet, dass Investments von Kapitalgebern nicht für die versprochenen Projekte eingesetzt wurden.
Für die Untersuchung wurde ein Team aus Staatsanwälten und Wirtschaftsexperten gebildet, das mit einer Sonderkommission («Soko») des Bundeskriminalamts zusammenarbeitet. Über die Bildung einer solchen «Soko Signa» hatten österreichische Medien bereits berichtet, nun bestätigte die Staatsanwaltschaft ihre Existenz. Sie soll die Flut von Anzeigen, die in den vergangenen Wochen bei der Justiz eingegangen sind, auf ihre Stichhaltigkeit prüfen.
Selbstanzeige wegen nicht bezahlter Steuern
Der Fall mutmasslichen Betrugs ist indes nicht der erste, in dem Ermittlungen laufen. Vergangene Woche bestätigte die Staatsanwaltschaft München bereits, dass wegen des Verdachts der Geldwäscherei ein Verfahren eingeleitet wurde – es wurde ebenfalls nicht präzisiert, gegen wen und im Zusammenhang mit welcher Gesellschaft der Gruppe. Auch andere Staatsanwaltschaften in Deutschland seien mit dem Fall befasst, hiess es weiter.
In Wien hielt die WKStA am Freitag fest, dass bereits zwei Verfahren anhängig seien, die nicht unmittelbar mit der Insolvenz des Konzerns zusammenhingen: Zum einen haben «Verantwortliche einer Signa-Gesellschaft» Selbstanzeige erstattet wegen «nicht entsprechender Abführung der Kapitalertragssteuer für eine Dividendenausschüttung».
Wie der «Standard» berichtet, könnte es sich dabei um die Teilhaber eines Tiroler Unternehmens im Umfeld des Signa-Gründers René Benko handeln. Im Jahr 2022 sollen aus dem Bilanzgewinn Dividenden in der Höhe von rund 11 Millionen Euro ausgeschüttet worden sein – die höchste an eine der Benko-nahen Stiftungen. Die Steuer auf den Ertrag wurde laut dem Bericht nicht rechtzeitig abgeführt, und auch dessen Anmeldung kam zu spät. Deshalb soll die Selbstanzeige erfolgt sein.
Zum anderen wird schon länger zu den Aussagen von Thomas Schmid ermittelt, dem ehemaligen höchsten Beamten im Finanzministerium. Er ist in Österreich zu einer der bekanntesten Figuren der jüngeren Vergangenheit geworden, weil im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur «Ibiza-Affäre» von 2019 Tausende seiner Chat-Nachrichten sichergestellt wurden, die landestypische «Freunderlwirtschaft», Postenschacher und unrühmliche politische Absprachen dokumentierten. Eine Folge von Schmids Chats war, dass der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz vor einem Monat erstinstanzlich und nicht rechtskräftig wegen Falschaussage verurteilt wurde.
Lukrativer Job gegen Steuererleichterungen
Schmid, der sich mutmasslich selbst strafbar gemacht hat, arbeitet seit bald zwei Jahren mit der WKStA zusammen, um den Status eines Kronzeugen zu erlangen und so selbst mit einer geringen Strafe davonzukommen. Dabei soll er ausgesagt haben, Benko habe ihm 2018 eine lukrative Führungsposition bei Signa angeboten, wenn er im Gegenzug im Finanzministerium für Steuererleichterungen sorge. Die WKStA ermittelt deshalb wegen des Verdachts der Bestechung, im Herbst 2022 fanden Razzien an zwei Unternehmensstandorten statt.
Zumindest in diesem Verfahren dürfte Benko selbst im Visier der Ermittler stehen. Ob er auch für die Geschäftsführung und letztlich die grösste Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte zur Verantwortung gezogen werden kann, ist völlig offen. Bekanntlich hatte Benko schon seit Jahren kein formelles Amt mehr in seinem Konzern. Allerdings sollen alle wichtigen Entscheidungen dennoch über ihn gelaufen sein, womit er als «faktischer Geschäftsführer» gelten könnte.