Das Zürcher Baurekursgericht weist die Bewilligung für eine Photovoltaikanlage an der Technikumstrasse an die Stadt zurück.
Die Erzeugung von Solarenergie und der Denkmalschutz geraten sich zunehmend in die Quere. Erst im Dezember stoppte der Zürcher Heimatschutz mit einem Rekurs das Bewilligungsverfahren für eine Photovoltaikanlage in der Altstadt von Bülach. Ein neuer Fall betrifft das Projekt auf einem Genossenschaftsbau an der Technikumstrasse nahe beim Bahnhof Winterthur. Es ist laut einem kürzlich publizierten Entscheid des kantonalen Baurekursgerichts neu zu beurteilen.
Das Haus liegt in der Kernzone der Stadt und im Perimeter des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS). Der Heimatschutz reichte Rekurs ein, weil nicht geprüft worden sei, wie sich die Anlage auf die Dachlandschaft der Altstadt auswirke. Das sei bei einem national geschützten Objekt nicht hinnehmbar.
Im alleinigen Ermessen der Stadt?
Tatsächlich hatte der Winterthurer Bauausschuss darauf verzichtet, ein Gutachten einzuholen. Im Verfahren vor dem Baurekursgericht stellte er sich auf den Standpunkt, dass Raumplanung eine kantonale Angelegenheit sei und in diesem Fall folglich keine Bundesaufgabe. Das Gebäude sei nicht im Inventar der schützenswerten Bauten der Stadt, Solaranlagen seien auch in ISOS-Gebieten nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Baubehörde argumentierte, sie könne über die Zulässigkeit von Solaranlagen in der Altstadt im Rahmen ihres Ermessens entscheiden, ohne externe Begutachtung. Die betroffene Genossenschaft gab gegenüber dem Gericht zu bedenken, die Bewilligung zu verweigern führe dazu, dass in der Kernzone Photovoltaikanlagen generell ausgeschlossen seien.
Die Richter gelangten zu einer anderen Einschätzung. Die Rechtsprechung zum Begriff Bundesaufgabe sei zwar umfangreich, schreiben sie, aber spärlich zur Energiegewinnung in ISOS-Gebieten. Gemäss eidgenössischem Raumplanungsgesetz (RPG) brauchen Solaranlagen auf Kultur- und Naturdenkmälern stets eine Baubewilligung und dürfen die Schutzobjekte nicht wesentlich beeinträchtigen.
Das Gericht stützte sich vor allem auf ein Urteil des Bundesgerichts von 2016, laut dem der Vollzug dieser Bestimmung eine Aufgabe des Bundes ist. Allerdings ging es damals um eine Solaranlage ausserhalb der Bauzone. Der entsprechende Artikel im RPG unterscheide nicht, ob die Anlage innerhalb oder ausserhalb der Bauzone realisiert werde, schreiben die Richter nun aber in der Begründung.
Keine einheitliche Rechtsprechung
Eindeutig ist die Rechtsprechung jedoch nicht. Die Baurichter erwähnen zwei Urteile mit gegenteiligem Fazit, gemäss denen die Beurteilung von Solaranlagen in ISOS-Gebieten also keine Bundesaufgabe ist. Sie weisen deren Begründung jedoch zurück und üben dabei unverhohlen Kritik an einem Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts, das nicht schlüssig aufzuzeigen vermöge, wie es zu seinem Schluss gelangt sei.
Martin Killias, Präsident des Zürcher Heimatschutzes, spricht auf Anfrage von einem sehr wichtigen Entscheid, der Signalwirkung entfalten könne. Er steht Solaranlagen in ISOS-Gebieten mit Erhaltungsziel A, dem höchsten Grad an Schutz wie im Fall der Winterthurer Altstadt, grundsätzlich kritisch gegenüber. Vielen Fachleuten sei aber immer klar gewesen, sagt der frühere Rechtsprofessor: Wenn man die Frage der Solaranlagen im RPG regle, dann handle es sich um eine Bundesaufgabe.
Ob die Anlage dennoch verträglich sei, dazu fällte das Baurekursgericht keinen Entscheid. Es hebt aber die Baubewilligung auf und weist die Sache an die Stadt Winterthur zurück. Sie habe die Auswirkungen auf das Ortsbild abzuklären und zur Beurteilung die Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich einzusetzen. Diese wiederum müsse entscheiden, ob ein Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege oder der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission einzuholen sei.
Entscheid 0012/2024, 25. 1. 2024, nicht rechtskräftig.