Hat das Stil?
Ich bin seit kurzem promoviert und überlege, dies in meinen Namen in den sozialen Netzwerken einfliessen zu lassen. Nun sagt mein Freund, das sei dort deplatziert. Hat er recht? – Leonie F., ohne Ort
Liebe Leonie, erst einmal Glückwunsch zur Promotion! Allerdings beginnt damit auch der stilvolle Umgang mit dem Titel, eigentlich ein gutes Thema für die nächste Promotion in angewandten Stilwissenschaften an der Fakultät für Blablaistik.
In Ländern wie Österreich ist es üblich, jeden akademischen Grad oder Titel bis zum Grundschulabschluss hinunter zu betonen, und ich kann auch nachvollziehen, dass Frauen den Doktortitel benutzen, um als kompetent wahr- und ernst genommen zu werden; zudem muss es ja irgendeinen Sinn haben, wenn man Jahre seines Lebens in der Bibliothek verbracht und sich in Selbstzweifeln mariniert hat.
Trotzdem gibt es ein Zuviel des Guten. Wenn Sie Instagram hauptsächlich für Katzen-Content nutzen, dann ist Ihr Doktortitel in Schiffstechnik dort falsch platziert (obwohl ich die Kombination sehr originell fände), auf Linkedin hingegen okay, weil es doch eben um den Job und Selbstpromotion geht.
Auf Twitter wirkt der Doktortitel etwas unsouverän, hier sollte man ungeachtet seines Standes mit jedem Beitrag aufs Neue beweisen, dass man zu Präzisionsgedanken imstande ist (in der besten aller Welten, schon klar). Ich wäre also zurückhaltend, weil zu viel Doktortitelbetonerei schnell etwas Heissföhnhaftes hat
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