Am Ende eines üppigen Abendessens waren einige Gäste nicht mehr fahrtüchtig. Unsere Tochter (32) beschimpfte uns als «unverantwortlich» und meinte, dass wir als Gastgeber keine Getränke mehr hätten nachschenken dürfen. Ausserdem hätten wir den Gästen den Autoschlüssel wegnehmen sollen. Meine Frau und ich denken, erwachsene Menschen können die Verantwortung für sich selbst übernehmen – oder? – Massimo, St. Gallen
Lieber Massimo, ganz im Ernst: Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihre Tochter im Krankenhaus läge, wäre jemand nach einem üppigen Abendessen betrunken nach Hause gefahren? Fänden Sie dann auch, dass das mit Selbstverantwortung und «Wir sind ja alle erwachsen» getan wäre? Wohl kaum.
Natürlich ist jeder Fahrer in erster Linie selbst dafür zuständig, seine Fahrtüchtigkeit einzuschätzen und den Abend entsprechend zu planen. Aber als Freund und Mitglied einer fühlenden Gesellschaft springen Sie ein, wenn der Freund es nicht mehr kann. Man nimmt den Autoschlüssel nicht weg, man ruft ein Taxi, drückt dem Fahrer den Betrag in die Hand und schiebt die Freunde sanft hinterher. Betrunken Auto zu fahren, ist kein «Kavaliersdelikt», sondern eine Straftat. Es ist motorisierte Gewalt, unter deren Folgen die Opfer jahrelang – vielleicht ein Leben lang – leiden. Dies zu verhindern, geht alle von uns etwas an.
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