Um die Wohnungsnot zu lindern, sollen Personen aus Drittstaaten beim Immobilienerwerb stärker zur Kasse gebeten werden. Und auch das «goldene Visum» für ausländische Millionäre wird bald abgeschafft.
Die spanische Regierung will die Wohnungsnot im eigenen Land mit drastischen Massnahmen bekämpfen. So sollen Nicht-EU-Bürger, die keinen Wohnsitz in Spanien haben, bei Immobilienkäufen in Zukunft eine Steuer von bis zu 100 Prozent auf den Wert des erworbenen Objekts zahlen. Dieser Vorschlag ist Teil eines Zwölf-Punkte-Plans, den Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am Montag vorstellte.
Mit der Steuererhöhung für Personen aus Drittstaaten will Sánchez erreichen, dass ihr Interesse an spanischen Immobilien schwindet, denn der Wohnraum wird dringend für die eigene Bevölkerung benötigt. Personen aus Drittstaaten ohne Wohnsitz in Spanien hätten allein im Jahr 2023 hierzulande 27 000 Wohnungen und Häuser gekauft, begründete Sánchez diesen Eingriff in den Wohnungsmarkt.
Mieten um fast 80 Prozent gestiegen
Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum ist für junge Menschen im Mittelmeerland heutzutage das grösste Problem. Laut dem Immobilienportal Fotocasa sind die Immobilienpreise in Spanien im letzten Jahrzehnt um fast 30 Prozent gestiegen und die Mieten sogar um 78 Prozent. Die Situation sei kritisch geworden, so Sánchez, und er forderte eine entschiedene Vorgehensweise. Nicht nur Spanien sei betroffen, sondern alle europäischen Länder.
Sánchez will mit allen Mitteln verhindern, dass Wohnraum weiterhin zu Spekulationszwecken erworben werden kann. «Wir haben viel zu viel Airbnb und viel zu wenige Wohnungen», so Sánchez. Allein in Madrid und Barcelona gibt es fast 45 000 Airbnb-Wohnungen. Die Experten machen diese Entwicklung für den starken Anstieg der Mieten verantwortlich.
Nun will Sánchez die Vermieter dazu bringen, ihre Immobilien an Einheimische zu vermieten. Die Regierung möchte zum Beispiel die Renovation von Wohnungen finanziell unterstützen, wenn diese später zu vernünftigen Preisen vermietet werden. Wer sich beim Mietzins an den staatlichen Mietindex halte, müsse keine Einkommenssteuer auf die Mieteinnahmen zahlen, versprach Sánchez.
Eine neue staatliche Wohnungsbaufirma soll zwei Millionen Quadratmeter Bauland für die Errichtung von Sozialwohnungen bekommen. Zudem sieht der Plan vor, dass Tausende von bereits existierenden Wohnungen aus dem Bestand von Spaniens Auffanggesellschaft Sareb, die nach dem Platzen der Immobilienblase und dem Ausbruch der Finanzkrise 2012 geschaffen wurde, sukzessive auf den Markt kommen.
Wie Portugal will auch Spanien die «goldenen Visa» für Ausländer abschaffen – und zwar bis Anfang April. In den letzten zehn Jahren erhielten reiche Investoren eine Aufenthaltsgenehmigung und einen spanischen Pass, wenn sie mindestens 500 000 Euro in eine Immobilie investierten oder mehr als eine Million in spanische Unternehmen. Alternativ konnte man auch zwei Millionen in Staatspapiere investieren. Von dieser Massnahme machten nicht nur asiatische Millionäre Gebrauch, sondern auch russische Oligarchen und nach dem Brexit auch zahlreiche Briten.
Volkspartei will gegen Hausbesetzer vorgehen
Doch ob Sánchez die notwendige Mehrheit für die Durchsetzung des Massnahmenpakets findet, ist fraglich. Seine Minderheitsregierung ist auf die Unterstützung der katalanischen Junts per Catalunya und die baskische PNV angewiesen. Schon in der Vergangenheit wandten sich diese bürgerlichen Parteien gegen als interventionistisch empfundene Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt.
Zweifel bestehen auch darüber, ob die seit Jahren leerstehenden und heruntergekommenen Wohnungen von der Auffanggesellschaft Sareb schnell bewohnbar gemacht werden können. Die Nachfrage in den Innenstädten wird weiterhin das Angebot übersteigen, weil aus Platzgründen nicht viel gebaut werden kann.
Der neue Plan von Sánchez für den Wohnungsmarkt kommt nur wenige Tage nach einem ähnlichen Vorstoss von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo. Einig sind sich die beiden in der Diagnose des Problems, nicht aber bei dessen Lösung. Die Konservativen wollen in den von ihnen regierten Regionen den Kauf von Wohnungen mit öffentlichen Bürgschaften unterstützen.
Die Konservativen pochen aber auch auf ein Gesetz, das es ermöglicht, Hausbesetzer, von denen es hierzulande Tausende gibt, binnen 24 Stunden auf die Strasse setzen zu können. Bislang sind monate- und manchmal jahrelange Prozesse notwendig. Der PP will für zaudernde Vermieter von leerstehenden Wohnungen eine Mietausfall-Versicherung schaffen. Auch so soll die Offerte steigen.