Einen Tag nach dem Aus von «Gesichter und Geschichten» gibt SRF neue Sparmassnahmen bekannt. Bis Ende 2026 will das Unternehmen insgesamt acht Millionen Franken einsparen. Davon sind mehrere Radio- und Fernsehsendungen betroffen.
Die Stimmung bei SRF ist schon länger angespannt. Die Halbierungsinitiative, Spardruck und Entlassungen belasten das Medienhaus. Im März 2024 kündigte es das strategische Unternehmensprojekt «4.0» an. Damit soll in den kommenden Jahren der digitale Wandel vorangetrieben werden. Wenige Monate später folgte die erste Massnahme: Im September baute SRF 75 Stellen ab, strich zwei «Tagesschau»-Ausgaben und legte die Chefredaktion von Radio und Fernsehen zusammen.
Nun folgt bereits der nächste Einschnitt. Bis 2026 will SRF acht Millionen Franken einsparen und streicht weitere 50 Vollzeitstellen. Das gab das Medienunternehmen am Donnerstagmorgen bekannt. Die Umsetzung der jüngsten Spar- und Personalmassnahmen beginnt bereits in den kommenden Monaten. Für die betroffenen Mitarbeitenden kommt der Sozialplan zum Einsatz. «Wir setzen alles daran, dank natürlicher Fluktuation die Anzahl Entlassungen möglichst gering zu halten», lässt sich die SRF-Direktorin Nathalie Wappler in der Mitteilung zitieren.
Auf die Party folgte die Streichung
Doch warum diese erneuten Kürzungen? Finanzchef Guy Luginbühl spricht an einer Medienkonferenz am Donnerstagnachmittag von steigenden Kosten, etwa in der Cybersicherheit, und rückläufigen Sponsoreneinnahmen. «Das zwingt uns zu schnellem Handeln», sagt Luginbühl. Wappler ergänzt: «Wenn die Mittel schrumpfen, gehört ein ausgeglichenes Budget zur Pflicht.»
Die neuen Sparmassnahmen betreffen auch das Programm. SRF passt das Angebot an das Zuschauerverhalten an. Die beiden jährlichen Live-Ausgaben von «SRF bi de Lüt» entfallen. Die Swiss Comedy Awards werden nicht mehr produziert.
Bereits am Mittwoch verkündete SRF das Aus für das Gesellschaftsmagazin «Gesichter und Geschichten» (ehemals «Glanz und Gloria»). Der Schritt kam überraschend. Erst am Wochenende feierte die Sendung mit einer grossen Party ihr 20-jähriges Bestehen. Nun wird sie im Sommer eingestellt. «Die finanzielle Lage ist angespannt, das Publikum verändert sein Nutzungsverhalten», wird Wappler in der Mitteilung zitiert. An der Medienkonferenz sagt sie später, dass die Streichung strategisch sinnvoll sei. Die Einschaltquoten zwischen 18 und 19 Uhr seien tief. «Der Vorabend verliert einfach», sagt sie.
Deshalb setzt SRF stärker auf die Primetime – die Sendezeit ab 19 Uhr. Statt «Gesichter und Geschichten» werden ab August zwischen 18 und 19 Uhr neben dem moderierten «Newsflash» und «Mini Chuchi, dini Chuchi» eingekaufte Unterhaltungsformate zu sehen sein. Welche Formate das genau sein werden, bleibt offen.
«Man vergrault immer jemanden»
Besonders die Kulturszene bekommt die Auswirkungen der neuen Massnahmen zu spüren. Es sei immer schwierig, wenn ein Programm eingestellt werde, sagt Wappler. «Man vergrault damit immer jemanden.» Doch SRF habe weiterhin den Anspruch, ein vielfältiges Angebot für die Schweizer Kulturschaffenden anzubieten. Das sei mit dem Wegfall von «Gesichter und Geschichten» aber nicht mehr im selben Umfang möglich.
Doch nicht nur im Fernsehen wird weiter abgebaut. Auch das Radio ist von der neuesten Sparrunde betroffen. So sollen «längere Wortinhalte durch kürzere Beiträge ersetzt» werden, gewisse Sendungen werden gestrichen. Darunter das montägliche Hörspiel auf SRF 1, das Wirtschaftsmagazin «Kontext» oder das «Wissenschaftsmagazin». Einige dieser Sendungen werden in andere «integriert», wie es im Communiqué heisst.
Betroffen sind auch die Formate «Spasspartout», «Buchzeichen» und «Dini Mundart». Sie werden in Zukunft «teils schlanker produziert». Die «Hitparade» und «Sounds!» bleiben zwar bestehen, «bekommen jedoch einen Sparauftrag». Zusätzlich muss die Abteilung Technologie zeitnah rund drei Millionen Franken einsparen.
2026 sinkt das Budget um weitere 12 Millionen Franken
SRF steht unter grossem Druck. Voraussichtlich 2026 stimmt die Bevölkerung über die sogenannte Halbierungsinitiative ab, die Politiker der SVP und der Jungfreisinnigen eingereicht haben. Die Initiative sieht vor, dass pro Haushalt künftig nur noch 200 statt 335 Franken für die Inhalte der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) bezahlt werden müssen. Der Bundesrat lehnt die Vorlage ab, Medienminister Albert Rösti schlägt vor, den Betrag auf 300 Franken zu reduzieren.
Die nationalrätliche Fernmeldekommission hat die Halbierungsinitiative im Januar erstmals vorberaten. Sie sprach sich mit 13 zu 12 Stimmen für einen eigenen Gegenentwurf aus. Unter anderem sollen sämtliche Unternehmen von den Gebühren befreit werden. Dazu soll die SRG verpflichtet werden, gerade bei den Sportrechten vermehrt mit privaten Anbietern zusammenzuarbeiten. Wie viel die Haushalte zu bezahlen hätten, liess die Kommission noch offen. Das will sie zu einem späteren Zeitpunkt bestimmen.
Doch angesichts der fortlaufenden Programmkürzungen stellt sich die Frage, wer SRF weiterhin unterstützen wird. Wappler bezeichnet die Lage als «extrem anspruchsvoll». «Wenn sich unser Budget um 44 Millionen Franken verringert, müssen wir reagieren. Wir haben keine Wahl.» Und Wappler blickt bereits auf das nächste Jahr: «Das Budget 2026 sinkt noch einmal um 20 Millionen Franken.» Eine Situation, die am Leutschenbach für wenig Zuversicht sorgen dürfte.