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Startseite » Starwerber Frank Bodin: «Wollen wir zur Verblödung der Menschen beitragen?»
Schweiz

Starwerber Frank Bodin: «Wollen wir zur Verblödung der Menschen beitragen?»

MitarbeiterVon MitarbeiterJuni 18, 2024
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Seit Jahrzehnten ist Frank Bodin einer der führenden Kreativköpfe des Landes. Im Interview spricht er über seine Karriere als Werber, die Selbstzensur in woken Zeiten – und wie künstliche Intelligenz bald die besseren Slogans und Spots machen wird.

Als man eintreten will, klemmt die Tür. «Einfach reissen, das ist eine Werkstatt», ruft Frank Bodin. Tatsächlich war der Backsteinbau im Zürcher Seefeld einmal eine Giesserei. Nun sieht es aus wie in einem Loft in Brooklyn – viel leere Fläche, sorgsam arrangierte Designermöbel, eingerahmt an der Wand der Slogan: «If you don’t do it, it doesn’t exist.»

Hier hat sich Bodin neu erfunden, nach Jahren als CEO und Creative Director von Grossagenturen: «Ich wollte zurück an die Front, wieder mehr persönliche Beratung, weniger Administration.» 62-jährig ist er inzwischen und seit langem einer der bedeutendsten Kreativköpfe des Landes.

Dass er von der Schweiz aus Karriere machte, ist abenteuerlichen Umständen geschuldet. Sein Vater war einst vor den Nazis nach Kuba geflüchtet, musste den Karibikstaat nach Fidel Castros Revolution aber wieder verlassen, landete in den USA, heiratete eine Frau, die er in Europa kennengelernt hatte, und zog mit ihr nach Baden. Dort wuchs Frank Bodin auf, wollte Konzertpianist werden, studierte am Konservatorium – und sorgte schliesslich als Werber für Furore.

Sein Plakat, auf dem Grabkreuze in den Schriftzug Tibet übergehen, um auf die Unterdrückung durch China hinzuweisen, war ein weltweiter Erfolg. In der Schweiz machte er aus der berühmten, aber in die Jahre gekommenen «Stop Aids»- die «Love Life»-Kampagne – gegen alle Widerstände. «Das war, als hätte ich der Migros vorgeschlagen, auf das orange M als Logo zu verzichten», erinnert sich Bodin. Sein Motto bis heute: «kreativer Ungehorsam».

Herr Bodin, sind Sie heute schon kreativ gewesen?

Ich habe an einem Projekt herumgedacht, aber ganz ehrlich: Ein richtig frischer Gedanke war noch nicht dabei. Obwohl ich schon einen längeren Spaziergang am See mit meinem Hund hinter mir habe. Ich bin überzeugt: Um den Moment vorzubereiten, an dem man den berühmten Geistesblitz hat, braucht es Entspannung. Ich war auch immer ein Fan von Vollbädern.

Kreativ wird man aber nicht «aus dem Lehnstuhl heraus», wie Sie einmal sagten.

Vor der Zerstreuung und gleich wieder danach kommt die Knochenarbeit. Für kreative Leistungen muss man sich hinsetzen, sich einsperren, leiden. Das hat mit meiner Vergangenheit zu tun. Ich habe meine Jugend der klassischen Musik gewidmet und gelernt, dass es nur so geht: üben, üben, üben. Man braucht eine Grundlage, um überhaupt kreativ zu werden. Genau gleich verhält es sich mit der Werbung: suchen, konzipieren, verwerfen – und wieder von vorn. Einer meiner kreativen Essentials lautet: «Is your paper basket big enough?»

Wie erkennen Sie, ob eine Kampagne funktionieren wird?

Bei aller Bescheidenheit, da habe ich nach all den Jahren ein Bauchgefühl entwickelt. Ich weiss, was es braucht: Leidenschaft, Perfektionismus – und natürlich den guten Einfall. Früher visualisierte ich oft das Problem auf der Rückseite einer Visitenkarte: maximale Reduktion! Heute hat jede und jeder diese wunderbaren kreativen Werkzeuge, alle können mit dem Smartphone schnell «Content» produzieren und im Netz verbreiten. Aber das ist wie ein Spiegelei zu Hause im Vergleich zur Sterneküche.

Kreativität ist ein grosses Mysterium. Die Buchhandlungen sind voller Ratgeber, derzeit etwa Rick Rubins «The Creative Act: A Way of Being».

Es ist toll, wenn Menschen kreativer werden wollen. Aber Kunst kommt von Können. Das sollte man sich immer wieder vergegenwärtigen. Wenn Sie mich als Werber fragen: Werbung ist keine Kunst, aber nutzt künstlerische Mittel. Ich besitze eine Originalkarte von Joseph Beuys, darauf steht: «Ob Werbung Kunst ist, kommt nur darauf an, wofür sie wirbt.» Was mich bei Ratgeberliteratur irritiert: Die meisten erfolgreichen Menschen reden nur davon, was sie können und wie toll sie gearbeitet haben. Ich betone, dass ich auch viel Glück gehabt habe.

Sie haben für Ihre Werbekampagnen Hunderte von Preisen gewonnen und Ihre Konkurrenten einst mit der Aussage geärgert: «Irgendwann hörst du auf zu zählen.»

Mit 35 Jahren hätte ich das tatsächlich kaum erkannt. Da schaut man anders auf seine Biografie. Aber es ist so: Zufälle sind für Karrieren entscheidend. Wenn Sie mal falsch abbiegen, kommen Sie vielleicht nie mehr gross raus, obwohl Sie ein Supertalent sind. Und manchmal kommen Sie ohne eigenes Zutun auf eine schnelle Piste.

Ihr Werdegang ist voller Wendungen.

Die Vorstellung, dass ich irgendwann fix für ein Unternehmen arbeiten sollte, war mir früher völlig fremd. An einen Job als Werber dachte ich sowieso nicht.

Weshalb wurden Sie es trotzdem?

Intelligenz ist, seine eigenen Grenzen zu kennen. Mit Anfang 20 merkte ich, dass es in der Musik nicht zur Karriere reichen würde, die ich mir erträumt hatte. Und als Klavierlehrer wollte ich nicht enden. Ich hatte in meinem Leben drei Schüler – das war schrecklich für sie und für mich. Ich studierte dann einige Semester Recht, nicht aus Passion, sondern aus Pragmatismus. Ich versuchte mich auch im Musiktheater, musste aber ab und zu etwas Geld verdienen. Meine damalige Partnerin arbeitete in einer Werbeagentur. So wurde ich zum Freelance-Texter.

Und merkten, dass Sie Talent besitzen?

Das Schreiben gefiel mir. Das Umfeld faszinierte mich. Ich ging einmal mit an eine Preisverleihung des Art Directors Club, den ich später zehn Jahre lang präsidieren sollte. Der damalige Präsident, natürlich im Massanzug, hielt eine brillante Rede – Martin Suter. Und es gab Auszeichnungen. Kurz darauf erfuhr ich von meiner Freundin am Telefon, dass ich Vater von Zwillingen werde. Plötzlich trug ich Verantwortung, fertig war das Bohème-Leben. Ich bewarb mich bei Agenturen und wurde von Hermann Strittmatters GGK angestellt, als gewöhnlicher Texter. Meine erste Festanstellung, im Alter von 30.

Martin Suter, einst das Wunderkind der Werbung, sagte über die 1990er Jahre: «Wir fingen spät an und hörten spät auf und versuchten, die verpasste Lebensqualität am Abend nachzuholen. Kein gesundes Leben, aber es hat Spass gemacht.» War es damals ein bisschen wie in der TV-Serie «Mad Men»?

Als ich einstieg, waren Werber Pop-Stars. In der Liste der zwanzig angesehensten Berufe rangierten wir zwar weit hinten, aber im Gegensatz zu heute waren wir auf der Liste. Die Branche hatte eine unheimliche Anziehungskraft, gerade für Freigeister. Wir arbeiteten viel, verdienten viel, feierten viel. Es gab grosse Budgets für Werbung, das oberste Mantra war: Kreativität schafft den Unterschied. Macht mal!

Heute ist die Arbeit in einer Agentur wenig glamourös . . .

. . . schon damals sagten mir ältere Kollegen, die goldenen Zeiten seien vorbei. Und tatsächlich gab es Druck auf die Einkünfte der Agenturen. Aber die grosse Disruption mit dem Internet und dann mit den sozialen Netzwerken kam erst später. Es war immer noch eine Zeit, in der von zehn Kampagnen, die ich konzipierte, sieben so umgesetzt wurden, wie ich es vorgeschlagen hatte. Heute sind die Auftraggeber viel vorsichtiger geworden, sie wollen ja nichts falsch machen.

Der Zeitgeist ist heute hypersensibel. Ihr Werberkollege Jean-Rémy von Matt hat von einem «Absicherungswahn» der Unternehmen gesprochen, der Kreativität ersticke. Dabei sollte Werbung doch ein Wagnis sein.

Der Zeitgeist ist woke. Minderheiten haben dank den sozialen Netzwerken eine laute Stimme bekommen, zum Teil sind es nur ein paar Frustrierte, Extremisten und Sektierer. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung kann damit nichts anfangen. Aber die Unternehmen wollen auf keinen Fall in einen Shitstorm geraten, auch wenn es sich ja meist nur um einen Sturm im Wasserglas handelt. Das geht in Richtung Vor- und Selbstzensur. Ich habe immer gerne provokative Werbung gemacht, auch Schockwerbung. Ich bewunderte Kampagnen, die etwas auslösten, etwa von Benetton mit den Fotografien von Oliviero Toscani. Das waren Kunstwerke. Heute undenkbar. Wieder etwas mehr Humor und Entspanntheit würde uns allen guttun.

Kann Werbung ohne das Spiel mit Klischees und Stereotypen überhaupt funktionieren?

Es gab früher Fälle von Werbung, die aus heutiger Sicht sexistisch oder rassistisch sind. Dahin will niemand zurück. Aber inzwischen wird aus allem und nichts ein Skandal gemacht. Kürzlich hat mich ganz aufgeregt eine Journalistin angerufen – wegen einer Werbung, in der sich eine Frau vor einem Spiegel schminkt. Wie ich das finde? So absurd ist es geworden. Jede Stereotypisierung wird in gewissen Kreisen gleich als Generalangriff gesehen, bösartig, von oben herab.

Werbung, die etwas auslöst: Bodins Plakate für die «Love Life»- und die Tibet-Kampagne.

Was empfehlen Sie Ihren Kunden?

Kritik muss man aushalten. Sich positionieren heisst, eine Haltung einnehmen. Und damit in Kauf nehmen, dass es manchen nicht gefällt. Aber ich gestehe: Es ist schwieriger geworden, grosse Unternehmen davon zu überzeugen. Auch davon, sich nicht voreilig anzupassen. Glaubwürdigkeit ist für eine Marke essenziell. Stattdessen ist gerade in Mode, dass sich CEO für teures Geld von Angehörigen der Generation Z erklären lassen, in welche Richtung sich die Firmen entwickeln sollten. So ein Unsinn!

Wieso? Sie regten sich als Junger ja auch über die damaligen Strukturen auf und wollten Change, wie das heute heisst.

Jede junge Generation betreibt «identity business», grenzt sich ab, hat ihre eigenen Träume und Visionen. Aber erstens kommt es selten so, wie man denkt: Was glaubte ich als junger Linker mit meiner Anti-Unternehmer-Haltung – und was bin ich heute? Und zweitens repräsentieren viele, die jetzt in jedes Mikrofon sprechen, nur eine kleine Minderheit: städtisch, wohlhabend, privilegiert.

Ähnlich wie das Personal in den Werbeagenturen, wo die ewige Jugend zelebriert wird?

Da haben Sie einen Punkt. In einer grösseren Agentur ist sinnvollerweise der ganze Range der Generationen abgedeckt, um sowohl Kampagnen für 16-Jährige machen zu können als auch für Badewanneneinstiegshilfen. Die Jugend ist als Zielgruppe aber besonders interessant, auch wenn sie wenig zahlungskräftig ist: Man kann sie nachhaltig prägen. Wir alle erinnern uns an Markenwerbung, mit der wir aufgewachsen sind.

Sie sagten einmal: «Gute Werbung rechnet die Unberechenbarkeit der Menschen ein.»

Kreativität ist immer Chaos, sie entsteht nicht durch gewohntes logisches Denken, sonst käme ja jeder drauf. Das ist das Faszinierende. Gute Werbung beinhaltet einen Gedankensprung, der erst in der Nachbetrachtung Sinn ergibt.

Heute liegen mehr Daten denn je über die Zielgruppen vor. Big Data hat die Werbung aber nicht besser gemacht, nur effizienter.

Man muss genau hinschauen. Die riesigen Datenmengen haben zu individueller und massgeschneiderter Werbung geführt, die aber zugleich automatisiert wird. Die Folge davon: Vieles sieht heute ähnlich aus, konventionell, durchschnittlich. Und das ist ein Problem: Digitale Werbung ermöglicht es den Menschen, schneller als je zuvor Inhalte wegzuzappen und wegzuklicken. Was nicht innert Sekunden überzeugt, wird gnadenlos ignoriert. Ganz abgesehen davon, dass immer weniger Neues entsteht.

Wie meinen Sie das?

Der grösste Teil der Werbegelder fliesst in Technologie und in Medienkanäle. Digitalen Daten wird vertraut, Kreativität immer weniger, weil sie nicht oder nur schwer messbar ist. Dabei kann nur Kreativität etwas Neues schaffen. Werbung ist wie ein Date. Ich kann es mir auf einer Kennenlern-App via Algorithmus arrangieren lassen. Aber am Schluss ist es eine zwischenmenschliche Geschichte, der Mensch entscheidet, ob es passt oder nicht.

Haben Sie eigentlich eine Erfolgsformel für Werbung?

Ich war lange Kreativchef der Havas-Agenturen, präsent in 73 Ländern. Egal, wo auf der Welt, stellte ich bei der Beurteilung von Kampagnen immer die drei gleichen Fragen. Erstens, ergibt es Sinn? Das scheint selbstverständlich, aber schauen Sie sich um, ganz viel Werbung ist völlig unverständlich, uninspiriert, reine Belästigung. Zweitens, bewegt es die Menschen – und die Marke? Ganz viel Werbung ist einfach da, doch sie löst keine Emotionen aus. Und damit auch keine Bindung. Schliesslich drittens: Ist es vorbildlich? Vorbildlich im Sinne von innovativ, neuartig. Aber auch vorbildlich im gesellschaftlichen Sinn. Auch Agenturen haben eine moralische und ethische Verantwortung.

Wirklich? Früher rühmten sich die Werber, heimliche Verführer zu sein. Ein Bonmot in Ihrer Branche lautete: Gute Werbung ist Lust und List.

Zu verführen, ist nicht a priori unethisch, sondern sehr menschlich. Verführung ist etwas anderes als Manipulation. Qualitätsagenturen haben einen klaren Kompass, was moralisch vertretbar ist. Mir ging es nie nur ums Business, ich hatte immer einen Ethikkodex.

Haben Sie deswegen lukrative Jobs abgelehnt?

Ja, weil die Produkte und Firmen nicht den von uns festgelegten Werten entsprachen. Ich werbe nicht für radikale Parteien, betreibe keine Bauernfängerei. Man muss sich zu einem gewissen Grad identifizieren können, sonst wird das nichts. Wenn einer Autos hasst, wird er auch keine gute Mercedes-Kampagne kreieren.

Gleichwohl haben Sie einst Gesetze bekämpft, welche die Werbung für Alkohol und Zigaretten einschränken.

Ich bin gegen jegliches Werbeverbot für Produkte, die legal erhältlich sind. Das sind Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit. Aber Regulierungen mit Augenmass sind noch keine Verbote: Wenn man also bei Tabakprodukten oder bei Medikamenten einen Schutz für Kinder und Jugendliche vorsieht, ist das völlig in Ordnung. Da hat auch die Werbebranche dazugelernt. Es gibt zudem die unternehmerische Verantwortung. Ich fand, dass Rauchen schlecht sei für die Gesellschaft, obwohl ich selber rauchte. Also machte ich nie Zigarettenwerbung. Anfragen gab es genug.

Heute raten Sie zu Regulierungen bei den sozialen Netzwerken. Dabei sind das inzwischen doch die wichtigsten Kanäle für Werbung.

Social Media ist für Werbetreibende so convenient wie Kaffeekapseln – und dazu noch messbar mit Klicks und Likes. Aber als Marke und Unternehmen muss man sich die Frage stellen, ob und wie stark man dort präsent sein will. Leider ist nicht jede Technologie besser für die Menschheit. Ich kenne die Innereien einiger grosser Tech-Firmen und sehe, was die sozialen Netzwerke mit unserer Gesellschaft machen, vor allem mit den Jungen.

Früher sagten die Kulturpessimisten, zu viel Fernsehen mache die Augen viereckig.

Ich will keiner dieser Alten sein mit dem erhobenen Zeigefinger. Aber Schweizer Unternehmen müssen ernsthaft diskutieren, ob es ethisch vertretbar ist, wenn jährlich über zwei Milliarden Schweizerfranken auf ausländische Werbeplattformen fliessen, davon ein beträchtlicher Teil, der unserer Gesellschaft und insbesondere unseren Jungen schadet. Alle Untersuchungen bei den Jungen kommen zu dem Schluss: Instagram, X, Tiktok oder Snapchat machen mittels heimtückischer Algorithmen süchtig – und auf Dauer sehr unzufrieden. Dazu kommen die ganzen Fake News, die über diese Kanäle verbreitet werden und die Demokratien destabilisieren. Wollen wir zur Verblödung der Menschen beitragen?

Wie lautet Ihr Rezept?

Es ist in meinen Augen höchste Zeit, dass sich Werbeauftraggeber bei der Wahl der Medienkanäle ihrer Verantwortung bewusst werden und ihre Buchungen auf Social Media hinterfragen, oder zumindest einen Teil davon. Qualitätsmarken empfehle ich ohnehin Werbung in einem adäquaten Umfeld, also in Qualitätsmedien.

Weit grössere Umwälzungen für die Gesellschaft wird indes die künstliche Intelligenz (KI) bringen. Die Fortschritte sind atemberaubend. Macht Ihnen das Angst?

Ich nutze KI rege. Das Potenzial ist gigantisch, aber vieles steckt noch in den Babyschuhen. Momentan ist KI für mich wie ein Juniorpartner. Sie nimmt mir gewisse Arbeiten ab, etwa Recherchen und Visualisierungen, doch das ernsthafte Schreiben ersetzt es noch nicht. Ich habe keine Angst, aber Respekt. KI wird die Werbebranche fundamental verändern. KI wird die besseren Slogans machen und die besseren Spots als die meisten von uns Kreativen.

So sicher?

Ich habe KI auch schon für die Musik ausprobiert. Da erhält man in Sekundenschnelle komplexeste Kompositionen – faszinierend! Oder denken Sie an die Schachcomputer, gegen die längst kein Grossmeister mehr etwas ausrichtet. Was KI kann, wird den Menschen bei weitem überflügeln. Keine Ahnung, wann. Aber es wird bald sein. Wir stehen am Anfang einer Intelligenzexplosion. Stephen Hawking hat es einmal gut formuliert: Wir werden an den Punkt kommen, an dem das menschliche Gehirn im Vergleich zu KI wie das Gehirn einer Schnecke ist.

Der Starwerber verkündet das Ende seiner Branche.

So weit sind wir nicht. Aber die Digitalisierung der Werbung hat die Erträge der Agenturen schon längst schmelzen lassen. Ein Trend, der sich fortsetzen wird. Die grosse philosophische Frage bei KI wird sein: Wie weit wollen wir gehen? Letztlich machen ja unsere Intelligenz und unsere Kommunikation das Menschsein aus. Wenn ich das Denken auslagere, und Kreativität ist eine hohe Form von schöpferischem Denken, wird das gravierende Folgen auf das Individuum und die Gesellschaft haben. Darüber denke ich derzeit intensiv nach, nicht als Werber, sondern als Mensch.

Als guter Werber muss man die Menschen verstehen, eine Gesellschaft lesen können. Glauben Sie noch an die Schweiz?

Man muss ein Soziologe sein, Milieus erkunden, ein Sensorium für Veränderungen haben. An der Schweiz litt ich nie – aber ich brauchte immer die grosse weite Welt, um die besonderen Qualitäten der Schweiz zu schätzen. Ich glaube an unsere Stärken, unser politisches System, vor allem aber an Qualität und Innovationsgeist. Wir haben auch nichts anderes, keine Rohstoffe, nicht mal einen Meeresanschluss. Und wir haben einen grossen Vorteil: die kulturelle Sensibilität. Wir haben in diesem kleinen Land täglich mit vier Kulturen zu tun, das hilft uns auf dem internationalen Markt. Es ist nicht alles besser, nur weil es auf Englisch daherkommt.

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