Die Initiative für eine 13. AHV-Rente findet grossen Anklang. Dies zeigt die erste SRG-Umfrage zur Abstimmung am 3. März. Doch noch ist nichts entschieden, wie ein Fall aus der jüngeren Geschichte zeigt.
1200 bis 2400 Franken pro Jahr mehr erhalten? Das ist verlockend. Und tatsächlich hat die Initiative der Gewerkschaften für die Auszahlung einer 13. AHV-Monatsrente, über die am 3. März abgestimmt wird, gute Chancen. Dies zeigt die erste Trendumfrage der SRG, die am Freitag publiziert worden ist: 61 Prozent der Befragten sind «bestimmt» oder «eher» für den verlangten Ausbau des grössten Sozialwerks der Schweiz.
Damit ist die Zustimmung zwar etwas geringer als in früheren Umfragen, die Ja-Anteile um 70 Prozent ergeben haben. Aber der Vorsprung der Gewerkschaften ist immer noch derart gross, dass unklar ist, ob die Gegner eine Chance haben, das Resultat in den verbleibenden fünf Wochen bis zum Urnengang zu kehren.
Unmöglich ist es nicht. Im Herbst 2020 kam die Volksinitiative für Konzernverantwortung in der ersten SRG-Umfrage auf eine noch höhere Zustimmung von 63 Prozent. Am Ende ist sie dann doch gescheitert. Das Volk hat zwar knapp zugestimmt (50,7 Prozent), die Initiative verpasste jedoch das Ständemehr und konnte deshalb nicht in Kraft treten.
Exakt derselbe Ausgang – das Volk sagt Ja, die Stände sagen Nein – ist auch am 3. März bei der 13. AHV-Rente denkbar. Dies vor allem deshalb, weil die Ablehnung in der Deutschschweiz deutlich grösser ist als in der Romandie. Ohne Ständemehr wird die Initiative scheitern, weshalb beide Lager ihre Kampagnen auf Kantone wie Baselland, Aargau oder Solothurn fokussieren dürften, die auf beide Seiten kippen könnten. Allerdings ist bei einer klaren Zustimmung von 55 Prozent oder mehr unrealistisch, dass das Ständemehr verfehlt wird.
Zwei von drei Pensionierten sind dafür
Auffällig sind die Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Gemäss der SRG-Umfrage, die das Büro GfS Bern vom 8. bis 21. Januar durchgeführt hat, steigt die Unterstützung der 13. Rente mit zunehmendem Alter an. Zwar gibt es zurzeit auch bei den jüngeren Altersgruppen eine relative Mehrheit für die Initiative, am grössten ist die Zustimmung aber bei den direkten Nutzniessern: bei den 65-Jährigen und Älteren. In dieser Gruppe wollen fast zwei Drittel für den Ausbau stimmen, obwohl die AHV auch ohne die 13. Rente schon bald zusätzliche Einnahmen aus Steuern oder Lohnabzügen benötigen wird.
Die Pensionierten würden zum einen unmittelbar von der zusätzlichen Monatsrente profitieren, zum anderen wären sie auch von den finanziellen Schattenseiten weniger stark betroffen. Der verlangte Ausbau würde anfänglich 4 Milliarden Franken pro Jahr kosten, wobei die Mehrausgaben mit der Zeit rasch steigen, weil die Zahl der Rentner zunimmt. Bereits nach fünf Jahren wären es 5 Milliarden.
Hohe Zustimmung in der Basis der SVP
Woher das Geld kommen soll, lässt der Initiativtext der Gewerkschaften offen. Zur Debatte stehen primär zwei Quellen: Lohnbeiträge oder Mehrwertsteuer. Wenn die Lohnbeiträge erhöht werden, reduziert dies zwar die verfügbaren Einkommen der erwerbstätigen Generationen, die Pensionierten aber bleiben verschont. Wird hingegen die Mehrwertsteuer erhöht, trifft dies zwar auch die Senioren, wobei sie unter dem Strich dank der zusätzlichen Rente aber immer noch profitieren.
Der AHV-Ausbau findet laut der Umfrage nicht nur bei der Basis der SP und der Grünen Anklang, sondern auch bei Sympathisanten bürgerlicher Parteien – wenn auch in geringerem Mass: Während 83 Prozent der SP-Anhänger für die Initiative sind, sind es bei der SVP und der Mitte-Partei 57 bzw. 53 Prozent. Bei FDP und GLP hingegen spricht sich jeweils eine Mehrheit um 55 Prozent gegen die Initiative aus.
Pensionierte sind für ein höheres Rentenalter
Deutlich schlechter stehen die Chancen der Volksinitiative der Jungfreisinnigen, die das Rentenalter schrittweise erhöhen und an die Entwicklung der Lebenserwartung koppeln will. Allerdings ist die Zustimmung höher als erwartet: 41 Prozent sprechen sich «bestimmt» oder «eher» für die Initiative aus. Manche Beobachter im Bundeshaus spekulierten, den Jungfreisinnigen könnte ein ähnliches Desaster drohen wie der GLP, deren Ökosteuer-Initiative 2015 mit 8 Prozent Ja-Stimmen untergegangen ist.
Interessant sind auch hier die Unterschiede nach Alter: Die Pensionierten, die davon nicht mehr betroffen wären, sprechen sich als einzige Altersgruppe für eine sukzessive Erhöhung des Rentenalters aus (54 Prozent). Bei den beiden jüngeren Gruppen in der Umfrage bewegen sich die Werte um 35 Prozent.
Dass die Pensionierten am lautesten nach mehr Rente für sich selbst rufen und gleichzeitig den Jüngeren ein höheres Rentenalter verordnen wollen, dürfte im anlaufenden Abstimmungskampf noch zu reden geben.