An den Börsen nimmt die Nervosität zu. Höhere Zinsen, der starke Dollar und anziehende Rohölnotierungen sorgen für Gegenwind. Der Weltaktienindex von MSCI gab weiter nach, die Marktteilnehmer werden vorsichtiger.
Good news sind wieder bad news: So reagierten US-Aktien (–1,5%) am Freitag verschnupft auf den Arbeitsmarktbericht, gemäss dessen die US-Wirtschaft im Dezember ausserhalb der Landwirtschaft netto 256’000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Damit wurde die Markterwartung von 163’000 Stellen klar übertroffen. Die Arbeitslosenquote in den USA ging im Monatsvergleich überdies von 4,2 auf 4,1% zurück. Damit aber schwindet die Hoffnung auf mehrere Leitzinssenkungen durch die US-Notenbank.
Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen stieg in der Folge um 10 Basispunkte auf 4,77% und erreichte damit den höchsten Stand seit Oktober 2023. Im Sog des Treasury-Marktes zogen die langfristigen Zinsen rund um den Globus – mit Ausnahme Chinas – an. Sogar in Deutschland, dessen Konjunktur seit zwei Jahren nicht vom Fleck kommt, zeigen die Renditen nach oben. Obligation werden dadurch im Vergleich zu Aktien, insbesondere zu den stolz bewerteten US-Valoren, attraktiver.
Auch die Äusserungen Donalds Trumps, in denen er die territoriale Integrität mehrerer Länder in Zweifel zog und traditionelle Verbündete der USA in Europa, Kanada, Mexiko oder Panama vor den Kopf stiess, waren der Anlegerstimmung abträglich. Der anhaltende Höhenflug des Dollars sowie der zuletzt wieder nach oben strebende Rohölpreis setzten die Finanzmärkte zusätzlich unter Druck.
Missglückter Start ins neue Jahr
Angesichts dieser Mischung erstaunt es nicht, dass der Weltaktienindex von MSCI (MSCI AC World) in der vergangenen Handelswoche einen weiteren Rücksetzer einstecken musste. Im Vergleich zur Vorwoche büsste er um 1,6% an Wert ein. Der Unterschied in der Kursentwicklung zwischen Industrie- (–1,6%) und Schwellenländern (–1,5%) war für einmal vernachlässigbar.
Positiv zu überraschen vermochten indes die europäischen Aktienmärkte. Der Spitzenreiter, der Euro Stoxx 50, beendete die Woche mit einem Zuwachs von 2,2%. Dahinter folgten der Dax (+1,6%), der Swiss Market Index (+1,4%) sowie der britische FTSE 100 (+0,3%).
Deutlich weniger Freude bereiten weiterhin chinesische Valoren: Wie bereits vor einer Woche bildete der MSCI China (–4,3%) das Schlusslicht in der vergangenen Woche. Aber auch der Nasdaq 100 (–2,2%) und der S&P 500 (–1,9%) mussten Federn lassen.
Bei den Sektoren konnte Energie (+1,1%), der 2024 noch zu den schwächsten Segmenten zählte, den Schwung der vergangenen Wochen aufrechterhalten. Der Gesundheitssektor (+0,7%), ein weiterer Nachzügler, legte entgegen dem allgemeinen Trend ebenfalls zu. Das Gros der Branchen gab allerdings Terrain preis. Besonders hart abgestraft wurden die zinssensitiven Immobilienwerte, die wegen der steigenden Renditen um schmerzhafte 3,8% absackten. Auch Technologie- (–2,7%) und Versorgeraktien (–2,5%) wehte ein garstiger Wind entgegen.
Die Risikoneigung geht weiter zurück
Liessen die Anleger 2024 guter Dinge ausklingen, hat die Stimmung zu Beginn des neuen Jahres einen Dämpfer erhalten. Nach dem zweiten Rückgang in Folge erreicht das Risk Barometer von The Market bloss noch 51 Zähler, was dem niedrigsten Stand seit Ende August entspricht. Ende November notierte der Indikator nur knapp unter der Schwelle zur Euphorie, nun macht sich unter den Marktteilnehmern Ernüchterung breit.
Angesichts des markanten Rückgangs um neun Punkte erstaunt es wenig, dass sich zuletzt praktisch alle Inputfaktoren des Barometers abgeschwächt haben. Einzig das leicht bessere Abschneiden der Zykliker gegenüber ihren defensiven Pendants sowie die marginal engeren Kreditrisikoaufschläge sendeten positive Signale.
Die übrigen sieben Komponenten haben sich eingetrübt, wobei der Anstieg der erwarteten Kursausschläge des S&P 500, gemessen am Vix Index, grossen Einfluss hatte. Auch die klare Präferenzverschiebung der Anleger von Call- zu Put-Optionen, die ein erhöhtes Absicherungsbedürfnis gegenüber Kursrückschlägen ausdrückt, schlug negativ zu Buche.
Eine zunehmende Vorsicht liess sich auch bei amerikanischen Privatanlegern beobachten. In der von der American Association of Individual Investors wöchentlich durchgeführten Umfrage nach der Markteinschätzung ihrer Mitglieder überwogen erstmals seit November wieder die Bären (37,4%) gegenüber den Bullen (34,7%). Schliesslich ist auch der Schwungverlust der kleinkapitalisierten Unternehmen relativ zu den Large Caps ein Warnsignal.
Ergebnisse von US-Banken und Inflationsdaten im Fokus
Vor dem Hintergrund der kräftig gestiegenen Renditen von Staatsanleihen werden die Anleger die am Mittwoch in den USA und im Vereinigten Königreich publizierten Inflationsdaten aufmerksam verfolgen. Sie dürften einen Hinweis liefern, wie die Aussichten auf weitere Leitzinssenkungen stehen.
Derweil nimmt die Unternehmensberichterstattung langsam Fahrt auf. So legen beispielsweise BlackRock, Citigroup, Goldman Sachs, JPMorgan und Wells Fargo am Mittwoch ihr Resultat vor. Am Donnerstag folgen unter anderen Bank of America, Morgan Stanley, TSMC und UnitedHealth. Zum Wochenausklang rapportieren Fastenal und State Street.
In der Schweiz publiziert Lindt & Sprüngli am Dienstag die Umsatzzahlen 2024, Partners Group publiziert die verwalteten Vermögen. Am Donnerstag informiert Geberit über den Umsatz 2024, Richemont legt die Umsatzzahlen für das dritte Quartal vor.