Beim Hinschied einer nahestehenden Person bleiben Freunde und Verwandte fassungslos zurück – und mit einem Bündel Rechnungen.
Schock und Trauer kommen selten allein. Der Tod eines befreundeten oder verwandten Menschen bringt auch eine Reihe administrativer Tätigkeiten mit sich. Oft muss der Trauerprozess hintenanstehen. Denn zuerst müssen Verwandte, Freunde, Nachbarn, die Gemeinde und der Arbeitgeber informiert werden. In einem zweiten Schritt wird die Beerdigung organisiert. Und danach müssen allfällige Kredite, Verbindlichkeiten und offene Rechnungen ausfindig gemacht werden. Auch die Steuern bleiben dem Staat bis zum letzten Lebenstag geschuldet.
Dimovera, ein Winterthurer Treuhandbüro, das auf Willensvollstreckungen und Erbvertretungen spezialisiert ist, geht davon aus, dass es bei einem Todesfall 100 bis 200 Aufgaben zu erledigen gibt. Laut der Geschäftsführerin von Dimovera, Corina Neumüller, müssen die Hinterbliebenen für die Organisation im Durchschnitt etwa 100 Stunden aufwenden. Dabei komme es immer auf den Einzelfall an: «Sind sich die Erben zum Beispiel nicht einig, hat man schnell viel mehr Aufwand.»
Die Kosten für Beerdigungen unterscheiden sich von Kanton zu Kanton. Das Bestattungswesen ist zum Beispiel in den Kantonen Zürich, Schaffhausen oder St. Gallen staatlich geregelt und wird mithilfe von Steuergeldern finanziert. In diesen Kantonen kommen die Bestattungsämter für die Urne oder die Überführung der Asche beziehungsweise des Leichnams vom Spital zum Friedhof auf.
Wird im Kanton Zürich jemand in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt, betragen die Kosten ohne Blumen und Grabbepflanzung laut der Expertin 500 Franken. Anders sieht es in den Kantonen Aargau oder Bern aus, wo das Bestattungswesen privatisiert ist. «Im Kanton Aargau muss man für die komplette Bestattung mit Kosten von 5000 Franken und mehr rechnen», sagt Neumüller.
Noch kostspieliger wird es, wenn der Angehörige ausserhalb der Schweiz verstirbt. So verstarben im Jahr 2022 rund 700 Schweizer Staatsangehörige im Ausland.
Bis 15 000 Franken für Rückführungen aus dem Ausland
Die Kosten für die Rückführung in die Schweiz können je nach Land 4000 bis 15 000 Franken betragen. Besonders teuer wird es laut Sarah Eggs Spano vom Bestattungsinstitut F. Eggs & Fils SA, wenn die Ehefrau oder der Vater auf einer kleinen Insel wie zum Beispiel auf den Malediven oder auf Tahiti stirbt.
«Manchmal müssen wir zuerst den Transport mit einem Schiff in die Hauptstadt organisieren, dann geht die Reise via Strasse weiter bis zum Flughafen», erklärt Eggs Spano. Hohe Kosten fallen auch bei Rückführungen aus Afrika an, weil von dort die Flüge zurück in die Schweiz teuer sind. Innerhalb Europas betragen die Kosten zwischen 4000 und 10 000 Franken.
Bis 150 Rückführungen pro Jahr
F. Eggs & Fils wurde 1955 von Sarah Eggs Spanos Grossvater gegründet. Sie ist seit dem Tod ihres Vaters CEO des Westschweizer Bestattungsunternehmens. Das spezialisierte Institut mit 15 Mitarbeitenden arbeitet heute mit diversen Notrufzentralen wie zum Beispiel dem Touringclub Schweiz (TCS), dem Contact-Center der Versicherungsgesellschaft Mobiliar, Mobi 24, oder der grössten Schweizer Auslandnotrufzentrale, Medicall, zusammen. Die Idee für die Rückführungen aus dem Ausland kam ihrem Vater bereits vor 20 Jahren. Im Gespräch mit Mitarbeitenden von Versicherungen erkannte er, dass es sich dabei um eine Marktlücke handelt. Anfangs waren es nur wenige Rückführungen pro Jahr. Heute führt F. Eggs & Fils pro Jahr durchschnittlich zwischen 100 und 150 Rückführungen durch.
Rückführungen von Särgen sind kostspieliger als solche von Urnen. «In arabischen Ländern ist es zum Beispiel sehr schwierig, einen Sarg zu finden», sagt Eggs Spano. Denn Muslime werden ohne einen Sarg, lediglich in ein Leichentuch gehüllt, bestattet. Daher stellen im arabischen Raum nur ein bis zwei Firmen Särge her.
Neben religiösen Gründen für eine Rückführung im Sarg sei es vielen Trauernden wichtig, die verstorbene Person noch einmal zu sehen, so Eggs Spano. Etwa 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer würden sich für eine Rückführung im Sarg entscheiden.
Tief in die Tasche greifen muss man in einigen Ländern für das Ausfüllen von Formularen oder für die Einbalsamierung der Leiche. Laut Martin Huser, Geschäftsführer der Schweizer Notrufzentrale Medicall, gibt es zahlreiche bürokratische Hürden und Formalitäten, die erfüllt werden müssen, um einen Leichnam international zu transportieren. Dazu gehören etwa die Todesbescheinigung sowie die Freigabe durch die zuständigen Behörden.
Ein Land, in dem der Rückführungsprozess besonders lange dauert, ist Brasilien. «In Thailand hingegen läuft der Prozess, trotz ähnlich grosser Distanz zur Schweiz, vergleichsweise schnell ab», sagt Huser. Unabhängig davon, in welchem Land sich der Todesfall ereigne, müsse die Leiche immer in einem speziellen Sarg transportiert werden.
Wer bezahlt die Rückführung?
Wer eine nahestehende Person im Ausland verliert, muss die Kosten der Rückführung grundsätzlich selbst tragen: Laut Auslandschweizergesetz trägt jede Person selber die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung eines Auslandaufenthaltes. Von Schweizer Staatsangehörigen, die ins Ausland reisen, wird deshalb erwartet, dass sie angemessene Massnahmen treffen, um allfälligen Problemen vorzubeugen. Dazu gehört auch die Versicherung.
Bei den Krankenversicherungen sind die Kosten für die Bergung, aber auch administrative Gebühren oder Bestattungskosten durch die Grundversicherung nicht gedeckt. Mit einer Zusatzversicherung können mögliche Bergungskosten aber teilweise versichert werden.
Im Assistance-Angebot von Sanitas, das Bestandteil der Spitalzusatzversicherung ist, sind Organisation und Bezahlung der Rückführung sowie die Rückreise von ebenfalls versicherten Familienangehörigen an ihren Wohnort enthalten.
Weiter kann sich eine Mitgliedschaft bei Assistance-Organisationen lohnen. Der Touringclub Schweiz organisiert zum Beispiel jedes Jahr 80 bis 100 Rückführungen von verstorbenen Schweizern mit dem TCS-ETI-Schutzbrief aus dem Ausland.
Im Rahmen der 24-Stunden-Personen-Assistance übernimmt auch die Mobiliar die «Kosten für Bergung und Heimschaffung der verstorbenen Person».
Für Schweizer, die dauerhaft im Ausland wohnen, gibt es Ausland-Krankenversicherungen. Einige dieser Versicherungen bieten auch eine Deckung für die Repatriierung im Todesfall.
Wird man in einem anderen Land als der Schweiz aufgrund eines Unfalls aus dem Leben gerissen, übernimmt laut dem Medicall-Geschäftsführer Martin Huser auch die obligatorische Unfallversicherung des Arbeitgebers die Rückführungskosten, und zwar bis zu einem Betrag von fast 30 000 Franken.
Rückführung nur gegen Kostenvorschuss
Wenn keine der genannten Versicherungen vorhanden ist, müssen die Angehörigen die Beerdigung vor Ort oder die Repatriierung selber organisieren und bezahlen. Falls die verstorbene, nichtversicherte Person vor dem Tod noch in einem Spital behandelt wurde, können für die Hinterbliebenen ungedeckte Spital- und Arztkosten anfallen.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten unterstützt Betroffene zwar, verlangt aber einen Kostenvorschuss. Die Schlussrechnung geht dann zulasten der Angehörigen.
Ähnlich handhaben es die Experten von F. Eggs & Fils: Sie unterbreiten den betroffenen Familien einen Kostenvoranschlag, wobei die Familie dann mindestens die Hälfte der Kosten im Voraus bezahlen muss.