Weniger Pünktlichkeit und mehr Zugsausfälle lassen die Gütervolumen auf der Schiene zurückgehen. Nun mahnt der Transporteur Hupac: Handelt die Politik nicht, droht die Verlagerungspolitik zu scheitern.
Die Verlagerung des Gütertransportes von der Strasse auf die Schiene ist eine Herzensangelegenheit der Schweizerinnen und Schweizer. Um die Alpentäler vor Stau und Abgasen zu schützen, nahm das Volk 1994 die Alpeninitiative an. Sie will den Transitverkehr auf die Schiene bringen – ein Anliegen, das bis heute breite Unterstützung findet, wie Umfragen zeigen.
Zwanzig Jahre lang eilte diese Politik von Erfolg zu Erfolg. Die Menge der Güter auf der Schiene stieg stetig. Gleichzeitig ging die Zahl der Lastwagenfahrten zurück. Doch vor drei Jahren hat der Trend gekehrt. Die Schiene verliert seither Marktanteile, Strassentransporte durch die Alpen dagegen nehmen zu.
Das zeigt sich bei der Hupac. Das Unternehmen aus Chiasso – sein Name ist die Kurzform von «huckepack» – ist in Europa Marktführer beim sogenannten kombinierten Verkehr. Bei diesem werden Güter über möglichst weite Strecken mit der Bahn transportiert. Die 130 täglichen Hupac-Züge befördern die Waren typischerweise über Distanzen von 800 bis 1000 Kilometern. So verbinden sie die Märkte im Norden und im Süden der Alpen und reduzieren Lastwagenfahrten.
Ein Rückgang von neun Prozent
Doch das Geschäft gerät immer stärker unter Druck. In den letzten drei Jahren ist das Volumen des gesamten kombinierten Verkehrs durch die Alpen um neun Prozent zurückgegangen, wie Verwaltungsratspräsident Hans-Jörg Bertschi an der Medienkonferenz zum Jahresergebnis erklärte. Der Güterverkehr auf der Strasse hingegen legte im gleichen Zeitraum um vier Prozent zu.
Ein Grund für die negative Entwicklung ist die anhaltende Konjunkturschwäche in Europa. Sie hatte die Hupac schon im Geschäftsjahr 2023 hart getroffen und dazu geführt, dass das Unternehmen ein Sparprogramm startete. Es fand wieder aus den roten Zahlen, 2024 erzielte die Gruppe einen Gewinn von 9,4 Millionen Franken.
Grosse Probleme bereitet die zurückgehende Zuverlässigkeit des Warentransportes auf der Schiene. Derzeit erreichen weniger als die Hälfte der transalpinen Hupac-Züge ihr Ziel pünktlich. Fast zwanzig Prozent aller Verbindungen muss das Unternehmen gar ganz ausfallen lassen.
Massive Probleme in Deutschland
Der Grund für die massiven Verspätungen liegt insbesondere in Deutschland. Laut Bertschi hat das Land sein Budget für die Modernisierung der Schieneninfrastruktur zwar verdoppelt. Doch bei der Deutschen Bahn sei die Organisation nicht im gleichen Ausmass mitgewachsen.
Die Folge: Die Koordination der vielen Baustellen ist mehr als ungenügend. Oft werden Strecken wegen Bauarbeiten mehrere Wochen gesperrt. Wenn Nutzer wie die Hupac Änderungen am Bauplan vorschlagen oder um Anpassungen bei möglichen Ausweichrouten bitten, erhalten sie oftmals nicht einmal eine Antwort.
Für die Kunden ist dieser Zustand zunehmend unhaltbar. Viele setzen wieder komplett auf den Strassentransport. «Wenn wir diese Kunden aber einmal verloren haben, ist es sehr schwer, sie wieder zurückzugewinnen», sagt der Hupac-Chef Michail Stahlhut warnend.
Das Ende der rollenden Landstrasse
Dass der kombinierte Verkehr immer tiefer in die Krise rutscht, zeigt eine weitere Nachricht von dieser Woche. Die rollende Landstrasse, kurz Rola, wird eingestellt. Sie war das erste Angebot, mit dem die Schweiz versuchte, Schwerverkehr durch die Alpen auf die Schiene zu verlagern. Dabei werden die ganzen Lastwagen auf die Züge verladen, die Chauffeure fahren im Begleitwagen mit.
Eigentlich hätte das Angebot noch bis 2028 laufen sollen. Doch jetzt haben die beteiligten Unternehmen Hupac, BLS und SBB beschlossen, bereits dieses Jahr den Stecker zu ziehen. Der Hauptgrund ist auch hier die mangelnde Zuverlässigkeit im deutschen Schienennetz.
Laut dem Hupac-Präsidenten Bertschi hat der kombinierte Verkehr in den letzten Jahren nachhaltig an Wettbewerbsfähigkeit verloren. «Ohne politische Massnahmen droht darum ein Scheitern der Verlagerungspolitik», sagt er.
Bertschi sieht insbesondere eine Gegenmassnahme: So wie einst in Italien soll die Schweiz nun auch in Frankreich die Kosten für den millionenteuren Ausbau von Tunneln und Strecken übernehmen. Dadurch könnten diese Linien als Ausweichrouten dienen, wenn in Deutschland wieder einmal nichts geht.