Der Slowene hat dieses Jahr den Giro d’Italia, die Tour de France und den Weltmeistertitel gewonnen. Jetzt verpflichtet er sich, seinem Team UAE bis Ende 2030 die Treue zu halten. Warum nur?
Der beste Radfahrer der Gegenwart ist ein grosszügiger Mensch, dessen Horizont nicht an der Ziellinie endet. Als Tadej Pogacars slowenische Heimat im August 2023 von einer Flutkatastrophe betroffen war, setzte er sich auf den Kongressplatz von Ljubljana und unterschrieb eine eindrückliche Menge an Trauerkarten. Für jedes Autogramm spendete er zehn Euro an Flutopfer, und wer noch etwas Geld drauflegte, erhielt von ihm zum Dank ein T-Shirt.
Pogacar ist erst 26 Jahre alt, hat aber bereits zwei Stiftungen gegründet: Möglichst viel Geld zu scheffeln, scheint nicht seine zentrale Motivation zu sein. Das vermag aber nicht zu erklären, warum er jetzt bei seiner Mannschaft UAE aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einer Vertragsverlängerung zustimmte, die ihn Millionen kosten könnte. So grosszügig, dass er zugunsten seines Arbeitgebers freiwillig auf enorme Summen verzichtet, kann selbst Pogacar nicht sein.
Der dreifache Tour-de-France-Sieger erhält bis Ende 2030 jeweils acht Millionen Euro pro Jahr, Boni nicht eingerechnet. Die Zeitung «Gazzetta dello Sport» hat die Zahlen nach einem Gespräch mit dem UAE-Teamchef Mauro Gianetti publiziert. Die Entlöhnung ist nicht gering – derzeit wird kein anderer Radprofi ähnlich üppig vergütet. Entscheidend ist aber ein weiteres Vertragsdetail: Für einen vorzeitigen Wechsel hat UAE eine Ablöse von 200 Millionen Euro festgelegt. Ein Transfer in den nächsten sechs Jahren ist somit faktisch ausgeschlossen. «Tadej ist nicht auf dem Markt», sagt Gianetti.
Es ist rätselhaft, warum sich der Fahrer der Möglichkeit beraubt, anderswo mehr zu verdienen. Gerade soll das Team Red Bull – Bora dem Belgier Remco Evenepoel ein Jahresgehalt von zehn Millionen Euro geboten haben. Der Olympiasieger zählt ebenfalls zu den Stars des Sports, ist Pogacar im direkten Vergleich jedoch deutlich unterlegen. Und in den nächsten Jahren könnten Grosskonzerne den Besten noch ganz andere Summen offerieren.
Pogacar wird davon aller Voraussicht nach nicht profitieren, er hat sich aus dem Spiel genommen. Warum nur? Sein Teamchef behauptet: aus Liebe zu den Emiraten. «Er will nicht wechseln, er ist Teil des Landes», sagt Gianetti. Was Pogacar für Abu Dhabi tue, sei mehr wert als die Rennen, welche er gewinne. Darauf sei der Fahrer stolz. «Er hat grossartige Beziehungen zur Königsfamilie.»
Einst wollte Gianetti nicht hinnehmen, dass ihm Ärzte, die ihn nach einem Rennen auf der Intensivstation eines Lausanner Spitals behandeln mussten, Doping unterstellten. Er verklagte die Mediziner wegen angeblicher Falschaussagen. Heute sagt Gianetti Sätze, die aus einem Lehrbuch über Sportswashing stammen könnten. Gewissermassen bleibt er sich treu.
Spätestens seit der Tour de France 2024 sieht sich auch Pogacar mit Unterstellungen konfrontiert, zu unsauberen Methoden zu greifen. Jetzt wirkt es, als teile der Slowene mit den Verantwortlichen des Teams UAE ein Geheimnis. Ohne erkennbare Not hat er sich auf Jahre hinaus deren staatlich orchestrierter Imagepflege verschrieben.
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