Der Elektroautobauer will seine fahrerlosen Autos schon bald durch die texanische Hauptstadt Austin kurven lassen. Der Moment der Wahrheit für Tesla rückt näher.
Das Resultat ist solide, aber nicht berauschend. Der Elektroauto-Pionier Tesla vermeldete am Mittwochabend einen adjustierten Quartalsgewinn von 2,6 Milliarden Dollar. Das ist ein bisschen mehr als im Vorjahresquartal und im Rahmen der Erwartungen. Für einen Autobauer ist das ein respektables Ergebnis, angesichts der schwierigen Umstände, in der sich die Branche befindet.
Teslas Problem: Die Anleger behandeln und bewerten den Konzern aus Austin längst nicht mehr wie einen Autobauer, sondern wie ein weltweit führendes Tech-Unternehmen. Teslas Marktkapitalisierung beträgt über 1,2 Billionen Dollar; ein Vielfaches gegenüber anderen Autokonzernen wie VW, Ford oder Toyota, die viel mehr Fahrzeuge verkaufen als Tesla.
Von einem solchen Konzern erwarten sich Anleger eigentlich exponentielles Wachstum, nicht Stabilität. Dennoch zeigten sie sich an diesem Mittwoch zufrieden mit dem, was der Tesla-Chef und Multimilliardär Elon Musk ihnen in Aussicht gestellt hat.
Im nachbörslichen Handel reagierte die Tesla-Aktie jedenfalls positiv auf die vorgestellten Zahlen und Projekte. Schwierigkeiten im Autogeschäft hatte der Markt grösstenteils eingepreist, hatte Tesla seine Verkaufszahlen doch wie üblich schon einige Wochen zuvor kommuniziert. Der texanische Konzern konnte aber in Nebensparten positiv überraschen.
Der Preiskampf geht weiter
Das zentrale Geschäft, der Bau von Elektroautos, schwächelte im vierten Quartal, weil Tesla mit immer grösseren Rabatten um seinen Marktanteil kämpfen muss. Die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge stabilisierte sich, doch der Umsatz aus dem Autogeschäft brach um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal ein und belief sich auf noch 19,8 Milliarden Dollar.
Dagegen hat die Energiesparte 3 Milliarden Dollar an Umsatz generiert, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahresquartal. Tesla verkauft immer mehr Batterien für den Hausgebrauch und für Unternehmen und kann damit die Delle im Kerngeschäft etwas ausgleichen.
In der Ergebnispräsentation und im Gespräch mit Analysten legte Musk den Fokus aber wie so oft auf die durch massive Investitionen in KI angetriebenen Zukunftsprojekte, die den Autobauer ihm gemäss zum mit grossem Abstand wertvollsten Unternehmen der Welt machen sollen: selbstfahrende Autos und Robotaxis einerseits und der humanoide Roboter Optimus andererseits.
Zu Optimus liess sich Musk noch keinen genauen Zeitplan entlocken, ein paar tausend Stück sollen schon 2025 gebaut werden, zunächst aber vor allem in den Tesla-Fabriken selbst zum Einsatz kommen. Dennoch schwärmte Musk bereits ausgiebig vom Potenzial des Roboters. Er soll dereinst so gute motorische Fähigkeiten erhalten, dass er Klavier spielen und mit Nadel und Faden hantieren könne.
Konkreter wurde Musk in Bezug auf die vollautonomen Autos, die von keinem Fahrer mehr überwacht werden müssen: Tesla will diese ab Juni in Austin auf die Strasse bringen. Man wolle erst nur einen Zeh ins Wasser halten, sagte Musk, um die Sicherheit zu gewährleisten. Dann aber soll die Technologie rasch ausgerollt werden, bis Ende Jahr in Kalifornien und zahlreichen weiteren Gegenden in den USA, bis Ende 2026 dann auf der ganzen Welt.
Schon ab 2026 soll auch das Cybercab in zunehmend grösseren Stückzahlen produziert werden. Das im vergangenen Herbst erstmals vorgestellte Robotaxi soll ganz ohne Steuerrad und Pedale auskommen.
Tesla befindet sich mit diesem ambitionierten Fahrplan jedoch noch in Rückstand gegenüber Waymo. Das Tochterunternehmen von Alphabet bietet bereits seit einiger Zeit einen kommerziellen Taxidienst mit selbstfahrenden Autos an. Bisher in San Francisco, Phoenix und Los Angeles, bald sollen weitere amerikanische Städte dazukommen. Tesla geht aber davon aus, dass die eigenen Fahrzeuge deutlich günstiger produziert werden können und daher als Erste richtig massentauglich sein werden.
Der unberechenbare Faktor Trump
Nur am Rande thematisiert wurde die Politik der neuen Trump-Administration, die Elon Musk als einer der wichtigsten Berater des amerikanischen Präsidenten derzeit hautnah miterlebt. Die Wahl von Donald Trump liess die Bewertung von Tesla weiter in die Höhe schnellen – im Dezember war das Unternehmen zeitweise 1,5 Billionen Dollar wert –, weil viele Anleger davon ausgehen, dass sich Musks Nähe zum neuen Präsidenten bezahlt machen wird. Zum Beispiel dadurch, dass Tesla seine selbstfahrenden Autos in den USA rasch und ohne bürokratische Hürden auf die Strasse bringen darf.
Trumps weitere Pläne bedrohen Teslas Gewinne aber gleich in zweifacher Weise. Erstens könnten sie Teslas Geschäft mit Verschmutzungsrechten zum Erliegen bringen. Ein Drittel der 32 Milliarden Dollar an Gewinn, die Tesla seit 2012 erzielt hat, stammt von solchen Emissionszertifikaten. Diese Zertifikate kann Tesla, das nur saubere Elektroautos baut, an andere Autobauer verkaufen, deren Flotten zu viel CO2 ausstossen.
Weil viele Amerikaner eine Vorliebe für Fahrzeuge haben, die auf 100 Kilometer 15 Liter Benzin oder mehr schlucken, war die Nachfrage nach diesen Zertifikaten in letzter Zeit sehr gross. 2023 verdiente Tesla 1,8 Milliarden Dollar damit. Allein im vierten Quartal 2024 waren es nun 692 Millionen Dollar, 60 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.
Diese Gewinne hat Musk der Biden-Administration zu verdanken, die den Autobauern stark sinkende Emissionen verordnet hat. Trump wird diese Richtlinien jedoch aufheben. Eliminiert werden auch die bis zu 7500 Dollar an Steuergutschriften, die Käufer einiger Elektroautos dank Biden bisher erhalten haben. Tesla profitierte am stärksten davon.
Wie ein Analyst der Investorenplattform Seeking Alpha bemerkt, hat auch das Zinsumfeld einen grossen Einfluss auf die Nachfrage nach Teslas. Viele Amerikaner zahlen ihre Autos in monatlichen Raten ab. Steigt der Leitzins, tun dies auch diese Raten – und die Konsumenten kaufen weniger oder günstigere Autos.
Trumps Politik ist nach Dafürhalten vieler Ökonomen aber inflationstreibend und dürfte die Notenbank Fed dazu animieren, die Leitzinsen vorerst auf einem eher hohen Niveau zu behalten. Auch die drohenden Zölle gegenüber Mexiko und Kanada könnten Tesla treffen. Der Autobauer produziert selbst zwar nicht in den Nachbarländern der USA, einige seiner Zulieferer jedoch schon.
Warten auf die Revolution
Seit geraumer Zeit verspricht Musk den Anlegern, dass Tesla bald ein günstigeres neues Modell auf den Markt bringen wird. Dieses Fahrzeug könnte Tesla auf allen drei Hauptmärkten dabei helfen, Marktanteile zu verteidigen oder weiter auszubauen: in China, Europa und den USA. Vor allem im Reich der Mitte liefern sich die Elektroautohersteller, die dort staatlich stark subventioniert werden, einen ruinösen Preiskampf, der zusehends auch die Umsätze und die Gewinnmarge von Tesla bedroht.
An diesem Mittwochabend hat Musk erneut bekräftigt, dass die Produktion dieses günstigen Fahrzeugs noch in der ersten Jahreshälfte 2025 anrollen soll. Vorerst müssen sich Tesla-Kunden mit der überarbeiteten Version des Kassenschlagers, des Model Y, begnügen, die schon im März verfügbar sein soll.
An der grundlegenden Bewertung von Tesla dürfte diese Ergebnispräsentation wenig ändern. Die Aktie ist ein spekulativer Titel. Wer ihn gekauft hat, betrachtet Tesla nicht als normalen Autobauer, sondern als transformative Tech-Firma, die mit autonomen Taxiflotten, KI-Applikationen und humanoiden Robotern bald ganz neue Märkte eröffnen wird. Elon Musk hat 2025 als entscheidendes Jahr für Tesla bezeichnet; das dürften die Anleger ähnlich sehen und nun auf die versprochenen Produktlancierungen hinfiebern.