Der FDP-Präsident Thierry Burkart fordert, dass die Vorgänge rund um die Ruag und das Verteidigungsdepartement untersucht werden. Das Desinteresse der Mitte am frei werdenden VBS habe wohl auch damit zu tun.
Herr Burkart, nach dem Rücktritt der Verteidigungsministerin Viola Amherd haben auch der Chef der Armee, Thomas Süssli, und der NDB-Direktor Christian Dussey gekündigt. Was ist los im Verteidigungsdepartement und in der Armee?
Die Sicherheit von Europa war seit dem Zweiten Weltkrieg nie mehr so bedroht wie heute. Ausgerechnet jetzt, in dieser instabilen Lage, stehen unsere wichtigsten Sicherheitsinstitutionen quasi führungslos da. Der Armeechef tritt ab, der Nachrichtendienstchef zieht die Reissleine, der Luftwaffenkommandant ebenfalls. Sogar der Fachmann, der bei Armasuisse die Beschaffung der F-35 verantwortet, wirft das Handtuch. Ganz zu schweigen von den Missständen, die im staatseigenen Rüstungsunternehmen Ruag aufgedeckt wurden. Wir müssen diese Missstände im VBS dringend aufarbeiten, um die Sicherheit der Schweiz wiederherzustellen.
In der Armee fehlen sogar Schutzwesten, und der NDB sucht per Inserat nach Russlandspezialisten. Sind die Abgänge auch eine Chance?
In erster Linie liegen nicht personelle, sondern strukturelle Probleme vor. Deshalb braucht es eine umfassende Untersuchung. Sie ist nötig, um Lehren für die Zukunft ziehen zu können. Angesichts der sicherheitspolitischen Weltlage drängt die Zeit.
Ist es klug, dass der Chef der Armee jetzt noch ein Jahr lang bleiben will? Wird er nicht zur Lame Duck?
Mit dem Rücktritt von Viola Amherd gibt es bereits an der Departementsspitze einen Wechsel. Würde der Chef der Armee per sofort zurücktreten, drohte der Armee ein Führungsvakuum. Dies gilt es zu verhindern, gerade in der aktuellen Krise.
Bei der Armee ist es jüngst zu mehreren Abgängen an der Spitze gekommen. Vor kurzem hat auch der Kommandant der Luftwaffe gekündigt, um in die Privatwirtschaft zu wechseln. Hat die Armee ein Reputationsproblem?
Ein zentrales Problem ist, dass bei der Armee über dreissig Jahre lang massiv gespart wurde. Diese Rosskur gegen die Sicherheit der Schweiz führte zu strukturellen, tiefliegenden Defiziten. Als Erklärung für die Krise reicht dies allerdings nicht aus. Wir erleben aktuell ein Führungsversagen im VBS. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das VBS klare Hinweise auf die Vorgänge bei der Ruag ignoriert und drei Jahre lang nicht gehandelt hat.
Am Montag hat ein Betrugsskandal die Ruag erschüttert. Offenbar hatten die Konzernleitung und das VBS früh Hinweise darauf und taten nichts. Wer wusste noch davon?
Womöglich wussten auch einige in der Mitte-Partei von der Situation im VBS. Man muss vermuten, dass dies zum Desinteresse einiger Mitte-Politikerinnen und -Politiker an der Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd beigetragen hat.
Spätestens nach dem Bericht der Finanzkontrolle über die Verfehlungen bei der Ruag zeigt sich, dass das VBS seine Aufsicht zu wenig wahrgenommen hat. Braucht es jetzt eine parlamentarische Untersuchungskommission?
Entscheidend ist eine Untersuchung mit einem möglichst hohen Erkenntnisgewinn. Welches Instrument dazu notwendig ist, muss sich noch zeigen.
Am 12. März wird ein neuer VBS-Vorsteher gewählt. Sind die beiden offiziellen Kandidaten nach den neuesten Entwicklungen noch die richtigen für das Amt?
Die FDP-Fraktion wird sich dazu in den nächsten Wochen eine Meinung bilden. Klar ist: Wer dieses Amt übernehmen will, muss die Fähigkeit und den Willen mitbringen, das VBS wieder auf Vordermann zu bringen.