Sein Traum, im Oktober zur Präsidentschaftswahl an der Côte d’Ivoire anzutreten, dürfte vorerst gescheitert sein. Das ist bedauerlich, doch manche könnten das als Quittung für sein Scheitern als Konzernchef bei der Credit Suisse auffassen.
Die Côte d’Ivoire ist keine gefestigte Demokratie. Zu diesem Schluss muss ein Beobachter kommen, der die jüngsten Vorgänge im westafrikanischen Staat beurteilt. So schloss dessen oberstes Gericht diese Woche den aussichtsreichsten Kandidaten für die kommende Präsidentschaftswahl mit einer Scheinbegründung aus dem Wahlregister aus.
Tidjane Thiam, der Vorsitzende des Parti démocratique de Côte d’Ivoire (PDCI), habe zum Zeitpunkt seiner Registrierung als Präsidentschaftskandidat neben der ivoirischen auch noch die französische Staatsbürgerschaft besessen, befanden die Richter. Weil das gegen das Gesetz verstosse, dürfe er im Oktober nicht zur Wahl antreten.
Korrekt ist, dass Thiam seit 1987 auch einen französischen Pass besass, diesen aber fristgerecht im Februar dieses Jahres abgab, um so die Kriterien für die Wahl zu erfüllen. Das Gericht wollte das offensichtlich verhindern. Es argumentierte wenig glaubwürdig, dass Thiam die ivoirische Staatsbürgerschaft im 1987 faktisch aufgegeben habe, als er den zweiten Pass erhalten habe. Es kann davon ausgegangen werden, dass der amtierende 83-jährige Präsident Alassane Ouattara noch einmal antritt, um sich für eine verfassungswidrige vierte Amtszeit wählen zu lassen.
Damit dürfte Thiams grösster Traum vorerst geplatzt sein. Das Urteil kann nicht angefochten werden, die nächste Präsidentenwahl findet 2030 statt.
Für die Elfenbeinküste ist der Ausschluss bedauerlich. Der einstige Star-Manager hätte das Zeug gehabt, das Land zu modernisieren. Thiam wurde an französischen Eliteschulen ausgebildet, schloss mit Bestnoten ab, verfügt über eine Managementausbildung und führte europäische Grosskonzerne. Auch politisch ist er beschlagen. Bereits Ende der 1990er Jahre diente er als Minister für Planung und Entwicklung seinem Heimatland. Ein Militärputsch beendete damals seine erste Karriere als Politiker. Nun verhindern die Machthaber ein Comeback.
Gleichwohl dürfte sich das Mitleid mit Thiam zumindest in der Schweiz in Grenzen halten. Er gilt als einer der Totengräber der Credit Suisse (CS). Geholt vom damaligen Präsidenten Urs Rohner hatte er den höchsten CEO-Posten zwischen Juli 2015 und Februar 2020 inne. Zwar ist ihm zugutezuhalten, dass er sich als einer der wenigen früheren CS-Kaderleute überhaupt öffentlich äussert zu seiner Zeit bei der Grossbank. Eine Mitverantwortung am Untergang stellte er aber stets in Abrede.
Mit dieser Sicht steht aber isoliert da. So wurde unter seiner Ägide die Risikokontrolle geschwächt, so dass die Bank zusehends den Überblick verlor. Zudem verpasste er es, die Investmentbank konsequent zurückzubauen. Ein schlechtes Vorbild war Thiam auch in der persönlichen Nonchalance beim Umgang mit Governance-Regeln. Recherchen zeigten, dass er private Aufwendungen zum Schutz seiner heutigen Ehefrau von der CS bezahlen liess.