Die Schweiz ist eine wichtige Drehscheibe des globalen Goldgeschäfts. Um die Glaubwürdigkeit des Standorts zu erhöhen, sollen die Gesetze zum Umgang mit Edelmetall angepasst werden. Dabei sind sich Kritiker und die Branche einig.
So viel Eintracht ist beinahe schon verdächtig. In seiner jüngsten Studie zu geschmuggeltem afrikanischem Gold stellt das Hilfswerk Swissaid mehrere Forderungen an die Schweizer Politik, um die Transparenz im Handel mit Gold zu verbessern. In der Branche stossen die Anliegen allerdings auf wenig Widerstand. Vielmehr klingen die Vorschläge des Verbandes der Schweizer Edelmetallfabrikanten und -händler (ASFCMP) ähnlich wie diejenigen des Hilfswerks.
Der Anschein trügt nicht. «Die Vorschläge sind in der konstruktiven Diskussion mit der Zivilgesellschaft entstanden. Sie dienen einerseits der Branche, und andererseits stellen sie auch die Nichtregierungsorganisationen zufrieden», sagt Christoph Wild, der Präsident der Vereinigung der Edelmetallindustrie. Dabei bereiten sich Verband und Hilfswerke auf die Totalrevision des Zollgesetzes vor, die im Herbst im Parlament diskutiert werden soll. Dabei geht es eben auch um Gold.
Die Bedeutung der Handelsstatistik
Ein wichtiger Streitpunkt ist dabei eine so trockene Materie wie die Handelsstatistik. Ein steter Vorwurf lautet, diese sei zu wenig aussagekräftig, als dass die Öffentlichkeit mögliche Vergehen aufdecken könne. Hierbei ist auch international wichtig, was in der Schweiz passiert: Das Land ist eine der grössten Drehscheiben der Welt für den Import und den Export von Gold.
Einen grossen Anteil daran haben die Edelmetallraffinerien. Rund 40 Prozent der weltweiten Raffineriekapazitäten befinden sich hierzulande. Die Scheideanstalten, die im Tessin und in der Westschweiz angesiedelt sind, schmelzen Goldwaren, bereiten Rohgold auf und zertifizieren das Edelmetall. Nichtregierungsorganisationen werfen den Goldraffinerien häufig vor, menschenrechtswidrig produziertes Edelmetall einzuführen. Die Kontrollen der Schweizer Goldimporte seien zu lasch.
Auch die jüngste Studie von Swissaid stösst ins gleiche Horn, sie zeichnet aber ein differenzierteres Bild. Zwischen den Jahren 2012 und 2022 sind laut den Studienautoren in Afrika zwischen 321 und 474 Tonnen Gold, das nicht als solches deklariert wurde, im Kleinbergbau gefördert worden. Das entspricht einem Wert von zwischen 24 und 35 Milliarden Dollar. Der sogenannte Kleinbergbau ist dabei besonders anfällig für Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit oder soziale Missstände.
Studie zu geschmuggeltem Gold
Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass es sich dabei um geschmuggeltes Gold handelt. Im beobachteten Zeitraum hat sich das Volumen des illegal gehandelten Edelmetalls verdoppelt. Um auf diese Zahlen zu kommen, vergleichen die Studienautoren die deklarierten Exporte eines afrikanischen Landes mit der entsprechenden Handelsstatistik der Importländer. Unterschiede in den Zahlen deuten auf Schmuggel hin.
Die Schweiz ist einer der grössten Importeure von afrikanischem Gold, hinter den Vereinigten Arabischen Emiraten und vor Indien. Das Edelmetall für die Schweiz stammt aber hauptsächlich aus industriellen Minen. Das heisst auch, dass der Ursprung des Goldes in der Regel gut dokumentiert ist. Es gibt keine grösseren Unterschiede zwischen der Schweizer Handelsstatistik und den Zahlen der afrikanischen Exporteure.
Der grösste Teil des als illegal bezeichneten Goldes wurde in die Vereinigte Arabische Emirate, vor allem Dubai, ausgeführt, von wo aus es wiederum in andere Länder exportiert wurde, darunter womöglich auch in die Schweiz. Auch wenn die genauen Flüsse unklar bleiben und nicht sicher aufgezeigt werden kann, dass das in der Schweiz raffinierte Gold aus Konfliktregionen kommt, sind Goldlieferungen aus Dubai mit einem hohen Risiko behaftet. Die meisten Schweizer Goldraffinerien haben sich aus dem Geschäft mit Dubai zurückgezogen.
Vorschläge im Paarlauf
Um die Transparenz und die Kontrolle zu erhöhen, soll laut Swissaid der OECD-Leitfaden für die Sorgfaltspflichten auf Schweizer Gesetzesebene verankert werden. Das tatsächliche Herkunftsland soll angegeben werden, und die Prüfberichte der Edelmetallkontrolle sollen veröffentlicht werden. Der Branchenverband spricht sich auch im Hinblick auf die Änderung des Zollgesetzes dafür aus, den OECD-Leitfaden umzusetzen, die Verpflichtung zu erhöhen, das Herkunftsland zu kennen sowie die Prüfungen durch die Edelmetallkontrolle zu verschärfen.
Nicht alle wollen diesen Kurs des Verbandes mittragen. Die Goldraffinerie Valcambi ist wegen Unstimmigkeiten im Herbst vergangenen Jahres aus dem Verband ausgetreten. Das Tessiner Unternehmen vertritt den Standpunkt, dass es falsch sei, bestimmte Herkunftsländer von vorneherein auszuschliessen. Damit dürften vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate gemeint sein. Dies sei ein Eingeständnis, dass keine wirksamen Sorgfaltsprüfungen durchgeführt werden könnten. Valcambi war von der Edelmetallkontrolle wegen Lieferungen aus Dubai vor einiger Zeit kritisiert worden.
Der Verband wolle den einzelnen Unternehmen nicht vorschreiben, wie sie ihr Gold beschaffen sollen, es gehe aber darum, Richtlinien einzuhalten, sagt der Verbandspräsident Wild. Den Goldraffinerien geht es auch darum, die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Gleichzeitig achten sie aber darauf, dass keine Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht werden.
Deshalb sollen heikle Daten zwar einer anerkannten Institution wie zum Beispiel der Edelmetallkontrolle offengelegt werden, diese soll dann aber im Rahmen ihrer Tätigkeit die Öffentlichkeit nur über das informieren, was von allgemeinem Interesse ist. «Wir legen unsere Bücher offen, aber nicht für jedermann», heisst es von Wild.