Die Zahl der Verkehrsunfälle geht zurück – und doch ist die Bilanz für 2024 durchzogen.
Als der Lenker eines roten SUV im Winterthurer Grüze-Quartier links abbiegen will, kollidiert sein Wagen beim Einspuren mit einem anderen Fahrzeug – und überschlägt sich. Er kommt auf der Seite zu liegen, schlittert weiter über die Strasse und steht erst nach einigen Metern still.
Diese gefährliche Szene ereignete sich am 27. November des vergangenen Jahres. Es war einer der schwereren von insgesamt 15 372 Verkehrsunfällen, die 2024 im Kanton Zürich gemeldet wurden.
Während der rote SUV Totalschaden erlitt, trug sein 77 Jahre alter Lenker glücklicherweise nur leichte Blessuren davon. Der 63 Jahre alte Mann, der am Steuer des anderen Fahrzeugs sass, blieb unversehrt.
Weniger Glück als der Winterthurer Rentner hatten im vergangenen Jahr 452 andere Personen: Sie erlitten bei Verkehrsunfällen schwere Verletzungen. Das sind 15 Prozent weniger als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. 35 Personen verloren bei Unfällen im Strassenverkehr sogar ihr Leben. Im Vergleich zum Fünfjahresmittel sind das 9 Todesfälle mehr.
Es ist eine durchzogene Bilanz, die die Kantonspolizei Zürich, die Stadtpolizei Winterthur und die Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich am Mittwoch im Rahmen einer Medienkonferenz präsentierten.
Insgesamt gute Verkehrssicherheit
Die Verantwortlichen der beiden Städte und des Kantons zeigten sich mit der allgemeinen Verkehrssicherheit durchaus zufrieden. Es sei «sehr erfreulich», dass die Zahl der Verkehrsunfälle im Kanton wiederum zurückgegangen sei, sagte Thomas Iseli, der Chef der Verkehrspolizei der Kantonspolizei Zürich.
Iseli erläuterte, dass die Bevölkerung des Kantons im Schnitt um gut 2 Prozent pro Jahr wachse, wodurch der Verkehr ebenso stark zunehme. Rein statistisch betrachtet müsste man also auch mit mehr Verkehrsunfällen rechnen.
Dass sich die Realität anders präsentiere, sei das Resultat einer immer besseren Sicherheitsinfrastruktur – und erfolgreicher Präventionsarbeit der Polizeikräfte. Hatten 1971 noch 260 Personen ihr Leben bei einem Verkehrsunfall verloren, waren es zwischen 2020 und 2024 im Schnitt bloss noch deren 24.
Die Zahl der Schwerverletzten ging allein in den vergangenen fünf Jahren um einen Fünftel zurück.
Allerdings deutet das vergangene Jahr hinsichtlich der Todesfälle auf eine negative Entwicklung hin. Seit dem historischen Tiefststand von 2021 (20 Tote) ist die Zahl der Todesfälle bloss noch gestiegen. Es ist eine traurige Trendwende.
Die Ursache des überproportionalen Anstiegs im vergangenen Jahr vermochte Iseli nicht zu benennen. Er machte aber darauf aufmerksam, dass es schon in früheren Jahren sprunghafte Veränderungen gegeben habe. Es ist also möglich, dass der Wert schon für das laufende Jahr wieder tiefer ausfällt.
15 Zwischenfälle auf dem Schulweg
Ein Tram hat einen fast vier Mal so langen Bremsweg wie ein Auto und ist damit für Fussgänger besonders gefährlich. In sechs von zehn tödlichen Unfällen war 2024 eine Strassenbahn involviert. Das ist auch für die VBZ ein trauriger Höchstwert. In den Jahren davor bewegte sich die Zahl jeweils zwischen zwei und vier.
Wernher Brucks, der bei der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich für die Verkehrssicherheit zuständig ist, führte aus, dass die gleichen Entwicklungen wie im Kanton auch in der Stadt zu beobachten seien: insgesamt zwar weniger Unfälle und weniger Schwerverletzte, aber mehr Tote. 10 der 35 Todesfälle im Kanton ereigneten sich auf dem Gebiet der Stadt Zürich.
Weniger geworden sind hingegen Unfälle mit Kindern: Kinder waren im vergangenen Jahr in 51 Unfälle involviert. Das sind 15 weniger als noch im Vorjahr. Bloss 15 dieser Unfälle trugen sich 2024 auf dem Schulweg zu, was für eine hohe Sicherheit dieser Wege spricht.
Lenker von Velos und E-Bikes waren 2024 in 508 Unfälle involviert. Das sind 21 Fälle oder knapp 4 Prozent weniger als im Fünfjahresmittel. Im gesamten Kanton Zürich gingen Velounfälle sogar um 9 Prozent zurück.
Kommt es doch einmal zu einem heftigen Unfall, sind Fahrer von Velos, E-Bikes oder Motorrädern oder Fussgänger aber der grössten Gefahr ausgesetzt. Im Stadtverkehr waren 38 Prozent der Verunfallten Velofahrer.
Und: Abgesehen von acht Fällen kamen auf dem Stadtgebiet seit 2015 ausschliesslich ungeschützte Verkehrsteilnehmer ums Leben. Das Auto bleibt somit das sicherste der privaten Verkehrsmittel.
Gefährliche Kollisionen mit der Strassenbahn
Im Stadtverkehr waren 38 Prozent der Verunfallten Velofahrer. Um diesen Anteil zu senken, hat sich der Stadtrat weitere Massnahmen vorgenommen. Diese umfassen Infrastrukturanpassungen wie gesonderte Lichtsignale für Velos oder Velovorzugsrouten, aber auch Präventionskampagnen wie «Achtung vor der Autotür».
Die Polizeikorps des Kantons Zürich sowie der Städte Winterthur und Zürich wollen ihre Präventionsarbeit künftig noch intensivieren. Im Fokus steht dabei der Kampf gegen Ablenkungen im Strassenverkehr – insbesondere durch Mobiltelefone.