Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) wechselt von Adidas zu Nike. Bundesminister Habeck und andere Politiker beklagen deshalb fehlenden «Standortpatriotismus». Das ist Unfug, denn Heimatliebe kann sich der DFB nicht mehr leisten. Schmerzlich ist die Niederlage im Heimmarkt vor allem für Adidas.
Von solchen Triumphen träumen wohl Manager wie Nike-Chef John Donahoe. Nur knapp drei Monate vor dem Beginn der Fussball-Europameisterschaft in Deutschland wurde am Donnerstagabend bekannt, dass die Kooperation zwischen Adidas und dem Deutschen Fussballbund (DFB) Ende 2026 nach Jahrzehnten enger Partnerschaft auslaufen wird. Neuer Ausrüster der DFB-Elf wird ausgerechnet Nike, der Erzrivale von Adidas aus den USA. Der auch für Beobachter völlig unerwartet kommende Paukenschlag sorgt für ein Beben in Deutschland, das über die Fussball- und die Wirtschaftswelt hinausgeht.
DFB-Team wohnt bei Adidas auf dem Campus
Die zeitweise als symbiotisch wahrgenommene Partnerschaft zwischen Adidas und dem DFB besteht seit 1950, alle 17 Welt- und Europameisterschaften im Fussball haben die Männer und Frauen in Trikots mit den drei Streifen errungen. Das Männer-Team wird auch dieses Jahr wieder während der EM auf dem sogenannten «Homeground» von Adidas in Herzogenaurach wohnen, was nach den jüngsten Nachrichten allerdings etwas anachronistisch wirkt.
Dem DFB ging es offenbar vor allem ums Geld. Das ist aus zweierlei Gründen verständlich. Zum einen gilt der Verband gerade im Vergleich mit früheren Zeiten als finanziell angeschlagen. Zum anderen hat Nike laut DFB in einer «transparenten Ausschreibung» das «mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot» abgegeben. Laut Medienberichten soll der grösste Sportartikel-Konzern der Welt für den Zeitraum 2027 bis 2034 jährlich mehr als 100 Millionen Euro im Rahmen der Ausrüstungs-Partnerschaft zahlen. So viel Geld wollte Adidas-Chef Björn Gulden wohl nicht ausgeben, zumal der Konzern ein finanzielles Tief durchschreitet.
Von Adidas, der globalen Nummer zwei der Branche, flossen in der Periode zwischen 2016 und 2022 jährlich lediglich rund 50 Millionen Euro, dann wurde der Vertrag um vier Jahre verlängert. Die neue Summe ist allerdings auch insofern erstaunlich, als der Marktwert der DFB-Elf durch das desaströse Abscheiden der Männermannschaft bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften sicher gelitten hat.
Der DFB, einer der grössten Sportverbände der Welt, ist in erster Linie seinen Mitgliedern verpflichtet. In ihrem Sinne konnte es sich DFB-Chef Bernd Neuendorf kaum erlauben, ein sehr viel attraktives Angebot aus historischen, nationalen oder sentimentalen Gründen abzulehnen. Ein Teil der Gelder wird sicher auch in den Amateur- und Breitensport fliessen. Der Aufschrei mancher Politiker, von Robert Habeck über Markus Söder bis hin zu Karl Lauterbach, ist wohlfeil. Wenn Fragen von Einnahmen oder Ausgaben zur Debatte stehen, haben sie meist leicht reden, denn es geht in aller Regel nicht um ihr eigenes Geld.
Erbitterte Kampf um Mannschaften und Spieler
Für Adidas setzt sich mit dem Entscheid eine Serie von negativen Entwicklungen der vergangenen Jahre fort. Der Konzern litt unter dem unschönen Aus der lukrativen Partnerschaft mit dem amerikanischen Rapper Kanye West (heute Ye), den Problemen im wichtigsten Einzelmarkt China sowie hohen Lagerbeständen. Nach drei Gewinnwarnungen musste der Chef Kaspar Rorsted gegen Ende 2022 gehen. Sein vom lokalen Konkurrenten Puma gekommener Nachfolger Gulden hatte jüngst die undankbare Aufgabe, den ersten, wenn auch sehr kleinen Verlust des Unternehmens seit 30 Jahren bekanntzugeben.
Während Adidas in den vergangenen beiden Jahren zusammen kaum Geld verdient hat, erwirtschaftete Nike allein in den ersten drei Quartalen 2023/24 einen Nettogewinn von 4,2 Milliarden Dollar, wenngleich auch die Amerikaner in einer Restrukturierung samt Entlassungen stecken. Gemessen am Umsatz und der Marktkapitalisierung ist die Marke mit dem Swoosh-Signet doppelt beziehungsweise dreimal so gross wie jene mit den drei Streifen.
Der erbitterte Kampf um Mannschaften, Sportler und andere Galionsfiguren zwischen Nike und Adidas (sowie Puma und anderen) tobt seit Jahren mit wechselnden Erfolgen. Allerdings scheint Nike die Oberhand zu bekommen. Finanziell dürften die Folgen des DFB-Debakels für Adidas vorerst geringfügig sein. Zwar verkaufen sich Nationaltrikots vor Meisterschaften millionenfach, doch das Ausmass hängt meist davon ab, wie weit die Mannschaft kommt. Bei den ländermässig attraktiven Turnieren der Männer (2024 in Deutschland, 2028 in den USA, Mexiko und Kanada) und der Frauen (2025 in der Schweiz) wird Adidas noch Sponsor sein. Emotional ist der Trikotwechsel aber mehr als ein Punktsieg für Nike, er ist ein Stich ins Herz von Adidas.
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