Hätte er 3 Franken 50 bezahlt, wäre das alles nicht passiert: Ein vorbestrafter 86-Jähriger wird in einem Lebensmittelgeschäft im Bezirk Pfäffikon beim Stehlen erwischt und muss büssen.
Eigentlich dürfte der heute 86-jährige Rentner die Migros-Läden nur von aussen betrachten. Der Slogan «Migros macht meh für d’Schwiiz» gilt für ihn nicht. Denn er hat seit dem 14. Januar 2022 ein Hausverbot für sämtliche Migros-Filialen der Genossenschaft Migros Ostschweiz; und das für die Dauer von zehn Jahren, also bis Januar 2032, wenn er 94 Jahre alt ist.
Mit einem früheren Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland wurde er schon im April 2022 wegen Hausfriedensbruchs zu einer damals noch bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 50 Franken (also 1500 Franken) verurteilt. Die Probezeit wurde auf verlängerte drei Jahre angesetzt, was schon zum damaligen Zeitpunkt auf eine gewisse Unbelehrbarkeit schliessen lässt.
Ein neuer Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland besteht inhaltlich nur aus wenigen trockenen und technischen Sätzen. Er lässt nur vermuten und spekulieren, welches persönliche Drama da abläuft und zu den Straftaten des Rentners geführt hat.
Die Wähe in einem Plastiksack verstaut
Am 22. September 2023 wurde der verwitwete Rentner erneut in einer Migros-Filiale erwischt, diesmal im Bezirk Pfäffikon. Wie aus dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland hervorgeht, in den die NZZ Einsicht hatte, behändigte der Beschuldigte ein Stück Wähe im Wert von 3 Franken und 50 Rappen, verstaute dieses in einer Plastiktragtasche und verliess damit den Verkaufsbereich, ohne zu bezahlen. Um welche Sorte Wähe es sich gehandelt hatte, steht im Strafbefehl nicht.
Der Rentner habe vorgehabt, das Stück Wähe «zu verwenden bzw. zu konsumieren». Er habe gewusst, dass er dazu nicht berechtigt gewesen sei. Deshalb habe er sich eines geringfügigen Diebstahls schuldig gemacht.
Viel schlimmer wiegt aber, dass der 86-Jährige mit dem Betreten der Migros-Filiale zumindest in Kauf genommen habe, erneut gegen das ihm auferlegte Hausverbot vom Januar 2022 zu verstossen. Er hatte das Dokument mit dem Hausverbot damals selber unterzeichnet und ausgehändigt bekommen.
Damit hat der Rentner in der Juristensprache nicht nur gegen den Willen eines Berechtigten ein Haus unrechtmässig betreten, sondern auch jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung weggenommen, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern.
2900 Franken fällig, weitere 2000 Franken bedingt
Die Sache wird nun ziemlich teuer für den Verurteilten: Er erhält eine Busse von 400 Franken und muss dazu 800 Franken Gebühren für das Vorverfahren bezahlen, denn mit der Verurteilung gehen die Verfahrenskosten zu seinen Lasten.
Zudem hat er, gemäss dem Strafbefehl, auch anerkannt, der Privatklägerin Genossenschaft Migros Ostschweiz eine Prozess- und Umtriebsentschädigung in der Höhe von 200 Franken zu bezahlen. Dazu ist er jedenfalls im Strafbefehl auch nochmals verpflichtet worden.
Hinzu kommt, dass die mit dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom April 2022 bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 50 Franken widerrufen und für vollziehbar erklärt wird. Der Rentner habe sich offensichtlich nicht davon abhalten lassen, erneut einschlägig straffällig zu werden, weshalb die Strafe zu widerrufen sei. Das bedeutet, dass der 86-jährige Schweizer diese 1500 Franken nun auch noch bezahlen muss.
Somit ergibt sich ein aktuell fälliger Gesamtbetrag von 2900 Franken.
Das ist aber noch nicht alles: Der Rentner ist zusätzlich für das neue Delikt auch noch mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 Franken belegt worden. Der Vollzug dieser Geldstrafe wird bedingt aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von nun vier Jahren. Das heisst, falls der 86-Jährige sich in den nächsten vier Jahren noch einmal etwas zuschulden kommen lässt, besteht die Gefahr, dass er auch diese 2000 Franken bezahlen muss.
Der Strafbefehl ist nicht angefochten worden und ist damit rechtskräftig.