Hoffnungsschimmer im Zollkrieg: Die USA und Japan wollen Zollverhandlungen aufnehmen. Aber der eskalierende Handelskrieg mit China sorgt weiter für Verunsicherung.
Auf den Börsencrash vom Montag folgte am Dienstag ein positiver Tag in Asien. Schon die geringen Verluste an der Wall Street hatten die Angst vor einem neuen Absturz gedämpft. Besonders stark stiegen die Kurse in Japan, da der Yen gegenüber dem Dollar wieder schwächer wurde und die japanische und die amerikanische Regierung die Aufnahme von Zollverhandlungen ankündigten.
Der Nikkei-225-Index stieg bis zur Mittagspause um 6,1 Prozent auf 33.030 Punkte, der breiter gewichtete Topix um 6,5 Prozent auf 2.438 Punkte. Auch in Südkorea legte der Kospi im Vormittagshandel um 1,6 Prozent zu. Eine Ausnahme bildete die Börse in Singapur. Der Straits Times Index startete zwar im Plus, verlor dann aber mehr als zwei Prozent.
Auch in China zogen die Kurse wieder an. Dabei hatte Trump am Vortag angekündigt, als Vergeltung für die chinesischen Gegenzölle seine Zölle gegenüber China um weitere 50 Prozent – und damit auf über 100 Prozent – zu erhöhen. Der Shanghai Composite Index, der am Montag noch um mehr als sieben Prozent gefallen war, tendierte leicht im Plus. Der Hongkonger Hangseng-Index erholte sich um zwei Prozent, nachdem er am Montag um 13 Prozent eingebrochen war. Analysten trauen der Erholung aber noch nicht.
Naoya Fuji von der japanischen Investmentbank Nomura rät «auf sehr kurze Sicht weiterhin zur Vorsicht». Er warnt Anleger davor, auf Aktienrückkäufe von Unternehmen oder den Einstieg von Pensionsfonds zu setzen – oder wegen der niedrigeren Kurse zuzuschlagen. «Obwohl es am 7. April zu einen Liquiditätsschock gab, gibt es noch Spielraum für eine weitere Verschlechterung».
Fumio Matsumoto, Chefstratege bei Okasan Securities, glaubt zwar, dass die pessimistischen Aussichten inzwischen eingepreist sind. «Aber es ist beunruhigend, dass es kein klares Material gibt, das eine Umkehr auslösen könnte», meinte er gegenüber der Wirtschaftszeitung Nikkei.
Japan startet Zollverhandlungen mit den USA
Vor allem in Japan schienen jedoch die positiven Nachrichten zu überwiegen. Der Yen verlor gegenüber dem Dollar gleich ein Prozent und notierte kurz vor Mittag bei 147,35 Yen je Dollar. Das gab vor allem den Aktien der Exporteure Auftrieb, denn eine fallende Währung erhöht bei der Umrechnung in Yen die Gewinne im Ausland und verbilligt die Exportpreise.
Noch wichtiger war aber die Hoffnung auf eine mögliche Zollsenkung für Japan, das Trump vergangene Woche mit einem Importzoll von 24 Prozent belegt hatte. Zum Vergleich: Für Waren aus der Europäischen Union hatte er 20 Prozent vorgesehen.
Überdurchschnittlich stark stiegen die Aktienkurse von Autoherstellern und Zulieferern der Chipindustrie. Der Aktienkurs von Nissan stieg zeitweise um mehr als zehn Prozent, der von Toyota um acht Prozent. Der Chipanlagenbauer Tokyo Electron gewann zeitweise neun Prozent an Wert, Advantest, ein Hersteller von Testgeräten für Halbleiter, rund zwölf Prozent.
Nach einem Telefonat kündigten der japanische Premierminister Shigeru Ishiba und US-Präsident Donald Trump an, dass beide Seiten bald bilaterale Gespräche in Washington aufnehmen werden. Auf amerikanischer Seite werden US-Finanzminister Scott Bessent und der Handelsbeauftragte Jamieson Greer die Verhandlungen führen, auf japanischer Seite Wirtschaftsplanungsminister Ryosei Akazawa.
Trump und sein Team sorgten für Optimismus.
Bessent erklärte auf der Kurznachrichtenplattform X, Japan bleibe «einer der engsten Verbündeten der USA». In einem Interview mit dem Fernsehsender Fox erläuterte er auch die Bedeutung eines frühen Verhandlungsbeginns. Er gehe davon aus, «dass Japan Priorität haben wird, weil es sich sehr schnell gemeldet hat».
Mehr als 50 Länder wollte mit der US-Regierung verhandeln, sagte Bessent. Japan wird damit zum Gradmesser im Zollkrieg. Gesprächsbedarf gibt es genug. Japan setzt darauf, als grösster Investor in den USA Trump mit neuen Projekten zumindest zu einer Senkung der Importzölle bewegen zu können. Doch Trump hat «harte, aber faire» Parameter für die Gespräche angekündigt.
Bessent erwartet «fruchtbare Gespräche» über – wie er sagte – «viele nicht-tarifäre Handelshemmnisse» und den schwachen Yen, der auch der japanischen Regierung Sorgen bereitet. Gleichzeitig versuchte er Befürchtungen zu zerstreuen, dass Japan mit weiteren Zollerhöhungen drohen könnte. Der jetzige Zoll sei «das Maximum».
Ein Handelskrieg mit China bleibt das grosse Risiko
Die grosse Frage ist aber, ob damit dem Markt dauerhaft die Angst vor einem globalen Handelskrieg genommen wird. Trump hatte vorige Woche den soll um 34 Prozentpunkte auf 54 Prozent erhöht, China den Schlag am Freitag mit ebenfalls 34 Prozent und Lieferverboten von wichtigen Minerialen und Chemikalien an US-Firmen retourniert.
Nun will Trump den China-Zoll ab Dienstag um weitere 50 Prozent erhöhen, wenn Peking seine Gegenmassnahmen nicht zurück nimmt. Auch Finanzminister Bessent drohte China nach Trumps neuem Zollhammer mit einer weiteren Eskalation. «China hat sich dafür entschieden, sich selbst zu isolieren, indem es Vergeltung übt und sein bisheriges negatives Verhalten verdoppelt», urteilte er auf X.
China drohte bereits weitere Gegenschläge an.
Ian Bremmer, Gründer der Strategieberatung Eurasia Group, warnt daher vor einem eskalierenden Handelskrieg zwischen den USA und China. «Die chinesische Führung ist überzeugt, dass sie es mit einer Eindämmungsstrategie der USA zu tun hat», so Bremmer.
Zudem gebe die politische Konsolidierung Chinas und die staatliche Kontrolle der Wirtschaft der Regierung das Gefühl, sich einen solchen Schlag kurzfristig eher leisten zu können als Demokratien. Bremmer warnt: «Institutionelle Anleger, die nach dem Ausverkauf an den Märkten auf eine Lockerung der Zölle gehofft haben, werden in den kommenden Wochen wohl das Gegenteil erleben.»