Freixenet will mehr als 600 Mitarbeitende temporär freistellen. Eine anhaltende Dürreperiode in Katalonien macht dem weltweit führenden Schaumwein-Hersteller schwer zu schaffen.
In Katalonien herrscht eine der schlimmsten Dürreperioden seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Region kämpft seit fast drei Jahren mit extremem Wassermangel. Im bedeutenden Weinbaugebiet Penedès nahe Barcelona gibt es so wenig Wasser, dass 30 Jahre alte Rebstöcke abgestorben und Trauben verdorrt sind.
Die Region ist die Heimat von Freixenet. Das Unternehmen produziert hier seinen bekannten Cava-Schaumwein – die spanische Antwort auf den Champagner. Die anhaltende Dürre trifft Freixenet nun massiv und bedroht die Cava-Produktion.
Freixenet beugt sich «höherer Gewalt»
Das Unternehmen hat am Montag in Spanien Kurzarbeit beantragt. Freixenet sieht einen Plan zur vorübergehenden Freistellung von fast 80 Prozent seiner Belegschaft vor. Ziel sei ausdrücklich nicht ihre Entlassung, sondern die Jobs «zu erhalten und das Unternehmen durch diese Krise zu führen», sagte eine Pressesprecherin laut der Deutschen Presse-Agentur. Der Plan sei Behörden und Gewerkschaften vorgelegt worden, heisst es. Er soll im Mai in Kraft treten und 615 Mitarbeitende betreffen. Wie lange die Angestellten freigestellt werden, teilte das Unternehmen nicht mit. Einzig, dass die Umsetzung je nach Jahreszeit und Dürresituation variieren werde.
Die Massnahme sei notwendig, um den Betrieb des Unternehmens zu gewährleisten, teilte Freixenet mit. Das spanische Recht ermöglicht Firmen, dass sie in Ausnahmesituationen ihre Angestellten vorübergehend freistellen und deren Verträge aussetzen. Freixenet begründete den Antrag mit «höherer Gewalt». Die gegenwärtige Trockenperiode sei in Teilen der Iberischen Halbinsel die schwerste seit 1200 Jahren, berichteten spanische Medien.
Rekorderlös trotz Dürre
Der spanische Schaumwein-Hersteller Freixenet gehört zur deutschen Sektkellerei Henkell & Co. mit Sitz in Wiesbaden. Diese übernahm im Jahr 2018 mehr als 50 Prozent der Anteile von Freixenet. Seither tritt sie als Henkell Freixenet auf. Zusammen wurden sie zum weltweit grössten Produzenten von Schaumweinen.
Der Konzern präsentierte vergangene Woche Rekorderlöse. 2023 wuchsen die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 4,4 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro. Ohne Sekt- und Branntweinsteuer resultierte ein Plus von 4,1 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro. Einen detaillierten Gewinn publiziert der Konzern traditionell nicht. Er teilte jedoch mit, dass die Marktanteile in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und in Osteuropa stark gewachsen seien. Die Umsätze in Nordamerika und vor allem in Asien sind hingegen gesunken.
Das Unternehmen sprach trotz positivem Ergebnis von einem «herausfordernden Jahr». Man habe trotz verknappten Rohstoffen, gestiegenen Kosten und «exorbitant» teureren Leerflaschen eine schwarze Null geschrieben, hiess es. Unter anderem seien die eigenen Preise angehoben worden.
Weinbau verlagert sich
Bereits bei der Bekanntgabe des Erlöses wies das Unternehmen auf Schwierigkeiten aufgrund des durch die Dürre in Spanien entstandenen Traubenmangels hin. «Die weltweite Nachfrage nach Cava boomt, und uns fehlen die Trauben, um genügend Flaschen zu produzieren. Die Situation ist kompliziert», so wurde Pere Ferrer, Vizepräsident der Freixenet-Gruppe, in einer Mitteilung zitiert.
Die Traubenernte für den Cava in Katalonien sei 2023 je nach Gebiet teilweise um mehr als 45 Prozent zurückgegangen, sagte eine Firmensprecherin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Branche rechne mit einem Ausfall von rund 80 Millionen Flaschen Cava-Schaumwein. Das wäre etwa ein Drittel der gesamten Produktion in Spanien im Vergleich mit der Ernte des vergangenen Jahres.
Auch Andreas Brokemper, der Vorsitzende der Geschäftsführung, sagte, dass die Dürreperiode die Herstellung des Schaumweins bedrohe. Das Unternehmen schätzt, dass sich die Produktionskapazität aufgrund des Wassermangels um 30 Prozent verringern wird. Davon würde hingegen der viel bescheidenere Weinanbau in England profitieren. Die Folgen seien darum nicht nur negativ, sagte Brokemper und sprach von einer «Verlagerung des Weinbaus».