Anleger müssen sich auf die zweite Amtszeit von Donald Trump gefasst machen. Doch sie sollten dabei positive Entwicklungen bei einzelnen Unternehmen nicht aus dem Blick verlieren, so wie am Mittwoch beim Gesundheitskonzern Fresenius und beim Wohnungsverwalter Vonovia.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Donald Trump hat die US-Präsidentschaftswahl mit grosser Wahrscheinlichkeit gewonnen. Die Finanzmärkte hatten dieses Ergebnis seit einem Monat antizipiert. Anleger müssen sich nun auf die zweite Amtszeit des Republikaners einstellen. Nach dem Handelsstart am Mittwochmorgen gab es im Dax deutliche Kursausschläge (einen Überblick zur ersten Reaktion der globalen Finanzmärkte auf die US-Wahlen finden Sie hier).
Die von weiteren Zöllen bedrohten Autohersteller sind die grössten Verlierer. Für Deutsche Post DHL wären höhere Zölle, wie Trump sie angekündigt hat, ebenfalls negativ. Im Minus liegen auch die Aktien des Versorgers RWE, der in den USA erheblich in erneuerbare Energie investiert hat. Das Unternehmen hat jedoch für viele der Projekte bereits langfristige Abnahmeverträge mit Kunden wie Microsoft geschlossen und ist deshalb aus Sicht von The Market weiterhin aussichtsreich.
Siemens Healthineers und Fresenius
Der Blick auf die Gewinner und Verlierer zum Handelsstart zeigt eben auch, dass Anleger trotz der verständlichen Fokussierung auf die wichtige US-Wahl nicht die Entwicklungen bei den Unternehmen aus dem Blick verlieren dürfen. Tagesgewinner Siemens Healthineers zum Beispiel hat am Mittwoch mit seinem starken Bericht zum dritten Quartal überzeugt.
Fresenius hat die Prognose für 2024 angehoben, wie von The Market bereits Ende September erwartet. Das organische Umsatzwachstum soll jetzt zwischen 6 und 8% liegen (zuvor: 4 bis 7%). Das währungsbereinigte Gewinnwachstum auf der Stufe Ebit soll 8 bis 11% (zuvor: 6 bis 10%) betragen.
Die gute Stimmung im Gesundheitssektor mehrte allen voran Novo Nordisk. Der dänische Hersteller von Insulin und Abnehmpräparaten verzeichnete am Vormittag ein Kursplus von fast 7%. Zuvor hatten die Kopenhagener einen Umsatzanstieg von 23% und ein Plus beim Nettogewinn von 18% in den ersten neun Monaten berichtet.
Vonovia-Kurs leidet unter dem erwarteten Renditeanstieg unter Trump
Gute Nachrichten verkündete auch Europas grösster Wohnungsverwalter Vonovia bei der Vorstellung seines Berichts zum dritten Quartal. «Vermieter Vonovia kehrt zurück zum Neubau in Strategiewende», titelte die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch. Dass der Konzern wieder mehr bauen will, vermeldete The Market bereits Ende August.
«Wir können wieder mehr investieren», sagte Vonovia-CEO Rolf Buch am Mittwochmorgen in der Telefonkonferenz mit Journalisten. Er freue sich, dass er den aufgrund des Zinsanstiegs eingeschlagenen Sparkurs wieder ändern könne. Auf dem Unternehmen lasten hohe Schulden, die Immobilienwerte waren dagegen seit 2022 deutlich gesunken.
Am Mittwoch gehörte Vonovia zu den Gewinnern. Seit die Finanzmärkte den Wahlsieg Trumps einpreisen, hat der Vonovia-Kurs jedoch arg gelitten. Seit dem Zwischenhoch von 33.93 € am 1. Oktober ist er um rund 10% gefallen auf rund 30.50 €. Der Grund ist vermutlich der Anstieg der Renditen von Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit. In den USA sind diese auf 4,42% geklettert, in Deutschland auf 2,38%. Vonovia musste zuletzt rund 4% Zinsen gewähren bei der Ausgabe neuer Anleihen. Das Zinsniveau für Unternehmen orientiert sich an den Staatsanleihen, zuzüglich eines Risikoaufschlags für das jeweilige Unternehmen.
Bei aller Unsicherheit über die weitere Entwicklung scheint nun festzustehen, dass die US-Staatsverschuldung stark steigen wird. Trump hat Steuersenkungen angekündigt und dürfte das Haushaltsdefizit sogar stärker ausweiten, als dies unter Kamala Harris der Fall gewesen wäre. Es ist gut möglich, dass die US-Notenbank die Zinsen nicht so stark senken kann, wie erwartet, weil Trumps Stimulierungsmassnahmen und Steuersenkungen inflationstreibend wirken dürften.
Prognose für Haushaltsdefizite unter Trump und Harris
Muss Vonovia-CEO Buch also bald wieder die Kehrtwende antreten, weil zunächst in den USA, aber auch in Europa die Zinsen nicht so stark fallen wie erhofft? Dies verneinte Buch am Mittwoch auf Nachfrage: «Unsere Strategie ist auf der Basis aufgebaut, dass die Zinsen nicht fallen, sondern dort bleiben, wo sie jetzt sind.» Noch wichtiger als die Zinsen seien für das Unternehmen die Immobilienbewertungen. «Hier sehen wir klare Anzeichen, dass der Wertverfall in Deutschland vorbei ist», sagte Buch. Er verwies auf die starke Nachfrage nach Mietwohnungen und das knappe Angebot in Grossstädten.
Unternehmen wie Vonovia und Fresenius untermauern mit den jüngsten Berichten und Prognosen ihre positive Entwicklung, weshalb The Market die Aktien für attraktiv hält. Es wäre bedauerlich, wenn diese guten Nachrichten in der Aufregung über die US-Präsidentschaftswahl weniger Beachtung finden sollten, als sie aus Anlegersicht verdienen.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Mark Böschen