Wenn US-Präsident Trump Ernst macht mit seinem Handelskrieg, wird dies auch die Schweizer Exportwirtschaft treffen. Am meisten leiden würden aber die USA selbst.
Der Blick in die Kristallkugel ist derzeit noch schwieriger als sonst. Seit Donald Trump das zweite Mal im Amt ist, hat er für enorme Unsicherheit gesorgt. Der US-Präsident hat einen Zollkrieg mit den wichtigsten Handelspartnern der USA angezettelt – wobei noch unklar ist, wie weit er zu gehen bereit ist. Mit seiner Aussenpolitik untergräbt er das Vertrauen bisheriger Verbündeter.
Verunsicherte Unternehmen und Konsumenten
Das alles belastet unweigerlich die Wirtschaft. In den USA zeigt der sogenannte Trade Policy Uncertainty Index, dass die Verunsicherung der Unternehmen über die Handelspolitik deutlich höher ist als während Trumps erster Amtszeit von 2016 bis 2020. Selbst in der Schweiz sagen Konsumenten in Umfragen, dass sie sich wegen der politischen Entwicklungen mit grösseren Anschaffungen eher zurückhielten.
Die Frage ist nur: Wie stark wird Trumps Politik die Wirtschaft belasten? Angesichts der grossen Unsicherheit greift das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in seiner neuesten Konjunkturprognose notgedrungen auf verschiedene Szenarien zurück.
Denken in Szenarien
Für am wahrscheinlichsten halten die Ökonomen des Bundes ein Basisszenario, in dem es nicht zu einem grossen Handelskrieg kommt. Auch die Auswirkungen der Schuldenpakete, über die in Deutschland und in der EU debattiert wird, sind nicht eingerechnet.
In diesem Basisszenario erwarte man «keine Rezession in der Schweiz», sagte Eric Scheidegger, der Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Seco. Die wirtschaftliche Erholung werde sich aber bis ins Jahr 2026 verzögern. Im Basisszenario würde das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr um 1,4 Prozent und im kommenden Jahr um 1,6 Prozent wachsen. Das wäre weiterhin ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum – nach bereits zwei schwachen Jahren 2023 und 2024.
Was, wenn es zum Zollkrieg kommt?
Auch ein negatives Szenario ist möglich: Trump erhebt hohe Zölle gegenüber der EU, China und anderen Handelspartnern; diese schlagen mit Gegenzöllen zurück. In der Folge käme es zu einem Rückgang des weltweiten Handels und der Investitionen, was wiederum die Nachfrage nach Schweizer Exportgütern schrumpfen liesse. Sollten die USA zudem direkte Zölle auf Schweizer Produkte erheben, würde das die Exportbranchen zusätzlich belasten.
Im negativen Szenario würde die Schweizer Wirtschaft deutlich gebremst. Das BIP würde noch um 1,1 Prozent (2025) und 0,8 Prozent (2026) wachsen. Mithin würde die Abkühlung vor allem im kommenden Jahr spürbar werden, denn die Zölle würden erst ab dem Sommer richtig greifen. Die Arbeitslosenquote in der Schweiz würde leicht steigen – schätzungsweise auf 3 Prozent im Jahr 2026.
USA als grösster Verlierer
Interessanterweise käme die Schweiz damit noch relativ glimpflich davon. Von einem Handelskrieg wären vor allem die USA selbst betroffen. Unter internationalen Konjunkturbeobachtern besteht Konsens darüber, dass für Trumps Zollpolitik vor allem die amerikanischen Konsumenten und Unternehmen zu bezahlen hätten. Das Seco rechnet sogar damit, dass die USA im Jahr 2026 in eine Rezession stürzen.
Die Schweiz wäre demgegenüber aus zwei Gründen vergleichsweise robust. Zum einen würde laut dem Seco die Pharmabranche stützend wirken, die rund 40 Prozent aller Schweizer Exporte ausmacht. Die Nachfrage nach hochwertigen Pharmaprodukten hänge nur wenig vom Preis ab, sagte Scheidegger. Zum anderen erwartet das Seco eine weiterhin robuste Binnenwirtschaft in der Schweiz. Der Privatkonsum werde angetrieben durch die niedrige Inflation, die die Kaufkraft stütze, sowie durch die Zuwanderung.
Denkbar ist schliesslich auch ein positives Szenario: Deutschland und die EU beschliessen gross angelegte Schuldenprogramme, um die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur zu erhöhen. Die Programme sind zwar ordnungspolitisch fragwürdig. Aber sie würden die Wirtschaft in den nächsten Jahren beleben und beispielsweise die Nachfrage nach Schweizer Maschinen und anderen Industrieprodukten erhöhen. In diesem Szenario würde die Schweizer Wirtschaft in diesem Jahr um 1,4 Prozent und im kommenden Jahr um 2 Prozent wachsen.
Drohende Stagnation des Wohlstandes
Die Hauptbotschaft der Bundesökonomen lautet, dass die Schweiz wohl auch im schlimmsten Fall um eine Rezession herumkäme. Dies gilt allerdings nur für das Bruttoinlandprodukt – also die absolute Grösse der Gesamtwirtschaft.
Wichtiger für den materiellen Wohlstand des einzelnen Einwohners in der Schweiz ist jedoch das Bruttoinlandprodukt pro Kopf. Dieses ist in den Jahren 2023 und 2024 leicht zurückgegangen, weil das BIP weniger stark gewachsen ist als die Bevölkerung.
Falls das negative Szenario mit einem globalen Handelskrieg eintrifft, könnte es so weitergehen: Die Schweizer Wirtschaft würde kaum stärker wachsen als die Bevölkerung. Mithin müssten die Schweizerinnen und Schweizer mit zwei weiteren Jahren stagnierenden Wohlstandes rechnen.