Der neue US-Präsident möchte illegal eingereiste Migranten in Massen ausweisen. Tom Homan soll dieses Versprechen nun umsetzen. Er gilt als Architekt der Familientrennungen 2018. Um freie Hand für schnelle Ernennungen zu haben, erhöht Trump den Druck auf den Senat.
Donald Trump macht vorwärts mit seiner Regierungsbildung. Mit seinen ersten Ernennungen setzt er ein klares Zeichen: Er vertraut auf erwiesene Loyalisten, die fest entschlossen sind, seinen politischen Kurs mitzutragen. Vergangene Woche machte er seine Wahlkampfleiterin Susie Wiles, die bereits seit 2021 für ihn arbeitet, zur Stabschefin im Weissen Haus. Am Sonntag erklärte er Tom Homan auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social zu seinem «Grenz-Zaren». Am Montag bestätigte Trump die Ernennung der Kongressabgeordneten Elise Stefanik zur Uno-Botschafterin.
Im Grunde ist dies kaum überraschend. Stefanik hat sich von einer Trump-kritischen Republikanerin zu einer seiner lautesten Verteidigerinnen gewandelt. Auch nach dem Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 teilte sie Trumps Lüge einer gestohlenen Präsidentschaftswahl. Als Lohn dafür stieg die New Yorkerin auf in die republikanische Fraktionsführung im Kongress. Bis im Sommer galt die Harvard-Absolventin als mögliche Vizepräsidentin.
Vordenker der «Nulltoleranz»
Homan war unter Trump von 2017 bis 2018 der Direktor der Einwanderungs- und Zollbehörde ICE. Der 62-Jährige gehörte damals zu den treibenden Kräften hinter Trumps Politik der «Nulltoleranz». Diese behandelte Migranten, welche die Südgrenze zu Mexiko illegal überquerten, um in den USA um Asyl zu bitten, als Kriminelle. Sie wurden verhaftet und von ihren Kindern getrennt.
Homan bringt viel Erfahrung mit. Er begann seine Karriere 1984 als einfacher Grenzschützer und stieg danach in der Verwaltung auf. Bereits unter Präsident Barack Obama war er für die Ausschaffungen zuständig. Gemäss einer umfassenden Recherche des «Atlantic» war er damals 2014 der erste Beamte, der die Idee von Familientrennungen als Mittel der Abschreckung aufbrachte. Doch der zuständige Minister für innere Sicherheit lehnte den Vorschlag ab.
Auch unter Trump scheiterte Homans radikale Idee lange Zeit am Widerstand moderater Kräfte innerhalb der Regierung. Homan fand aber unter anderem in Stephen Miller einen Verbündeten. Miller ist bis heute einer der engsten Berater des angehenden Präsidenten, vertritt in der Migrationspolitik ebenfalls eine harte Linie und soll nun wohl stellvertretender Stabschef im Weissen Haus werden. Bereits im Sommer 2017 begann Trumps erste Regierung in einem Pilotprojekt mit der Trennung von Familien. Als Justizminister Jeff Sessions im Mai 2018 an einer Pressekonferenz die Politik offiziell entlang der ganzen Südgrenze ankündigte, war Homan an seiner Seite.
Bereits im Juni musste Trump das umstrittene Vorgehen jedoch einstellen. Zu gross war die öffentliche Empörung. Unter anderem gingen Tonaufnahmen von separierten Kindern in einem Auffangzentrum viral, die herzzerreissend weinten und nach ihren Vätern und Müttern riefen.
Der Senat soll Pause machen
Trotzdem vertraut Trump nun erneut auf Homan. Im Wahlkampf hat er «das grösste Deportationsprogramm der amerikanischen Geschichte» versprochen. Homan werde nun «für sämtliche Ausschaffungen illegaler Ausländer in ihre Heimatländer» zuständig sein, erklärte Trump. Bei seinem Auftritt am republikanischen Parteitag im Juli sagte Homan: «Ich habe eine Botschaft an die Millionen von illegalen Ausländern, die Joe Biden ins Land gelassen hat: Ihr beginnt besser jetzt damit, eure Koffer zu packen.»
Es ist indes fraglich, wie viele Migranten unter Biden wirklich «illegal» ins Land gekommen sind. Theoretisch hat jeder das Recht, um Asyl zu bitten, der amerikanischen Boden erreicht hat. Viele warten nun in den USA auf ihre Gerichtstermine, in der Hoffnung auf einen positiven Entscheid. Zudem leben und arbeiten aber auch geschätzte elf Millionen papierlose Migranten seit vielen Jahren im Land. Die künftigen Ausschaffungen würden sich zunächst auf Kriminelle beschränken, sagte Homan in einem Interview mit CBS. Später aber könnten sie jeden treffen, der sich illegal im Land befinde.
Wie genau Homan seine Rolle spielen wird, ist noch etwas unklar. In seiner Funktion als «Grenz-Zar» habe er keine Weisungsbefugnis über die Migrationsbehörden, schreibt «Politico». Er müsste diese daher indirekt über die zuständigen Minister anleiten, die noch vom Senat bestätigt werden müssen. Die Republikaner werden zwar eine Mehrheit der Sitze in der kleinen Kammer kontrollieren. Aber umstrittene Figuren wie etwa Homan oder auch Robert F. Kennedy könnten auf den Widerstand moderater Republikaner im Senat stossen. Oder die demokratische Minderheit könnte Nominationen mit prozeduralen Hürden zumindest verzögern.
Trump erhöhte am Sonntag deshalb mit einer weiteren Kurznachricht auf Truth Social den Druck auf den Senat. Jeder Republikaner, der Mehrheitsführer im Senat werden wolle, müsse sich zu sogenannten «recess appointments» bekennen, schrieb Trump. Diese Möglichkeit erlaubt es Präsidenten, Regierungsmitglieder ohne die Zustimmung des Senats temporär ins Amt zu heben, wenn der Senat eine Sitzungspause von mehr als zehn Tagen einlegt. Ob und wie die Demokraten dies als Minderheit verhindern könnten, darüber gehen die Meinungen auseinander. Gewissheit dürfte es in dieser Frage erst geben, wenn der neue Kongress im Januar seine Arbeit aufnimmt.