Der Medikamentenhersteller beschäftigt in den USA mehr Mitarbeiter als in der Schweiz und als in Deutschland. In den vergangenen Jahren hat er indes nicht nur Erfolge zu verzeichnen.
Führt der amerikanische Präsident Donald Trump wie angedroht Zölle auf importierte Medikamente ein? Auch beim grössten Schweizer Medikamentenhersteller, Roche, rätselt man darüber, welchen negativen Einfluss die zweite Amtsperiode Trumps auf die Geschäfte im mit Abstand grössten Absatzmarkt haben könnte.
Im vergangenen Jahr stammten 54 Prozent des Umsatzes, den Roche im Pharmabereich erwirtschaftet, aus den USA. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Anteil der Geschäfte in Amerika gar um einen weiteren Prozentpunkt. Mit 7 Prozent lag das Wachstum der amerikanischen Verkäufe zudem weiterhin auf einem hohen Niveau. Im vierten Quartal resultierte gar ein spektakulärer Zuwachs von 15 Prozent.
Stark von US-Geschäften abhängig
An der Bilanzmedienkonferenz am Basler Hauptsitz unterstrich der Konzernchef Thomas Schinecker gleich zweimal, dass Roche zu den grössten Steuerzahlern in den USA zähle und nirgendwo sonst auf der Welt mehr Mitarbeiter beschäftige. Insgesamt habe man dort 25 000 Angestellte.
Auch erwähnte Schinecker, dass Roche im Verlauf der vergangenen zehn Jahre 11 Milliarden Dollar in neue Gebäude und andere Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten investiert habe. «All das gibt uns eine gute Absicherung», sagte er.
Ob die protektionistische neue amerikanische Regierung dies auch so sieht und von Nadelstichen gegenüber Roche absieht, wird sich weisen. Nicht alles, was der Konzern tut, macht ihn zu einem Musterknaben in Sachen «Make America great again»: So baute das Unternehmen im vergangenen Jahr Kapazitäten ab, indem es seine grosse Biotech-Produktionsstätte im kalifornischen Vacaville an den Schweizer Auftragsfertiger Lonza veräusserte.
Nach wie vor stellt Roche bedeutende Volumen seiner hochpreisigen innovativen Medikamente in der Schweiz her. Ihnen ist es auch wesentlich zu verdanken, dass die Exporte von Schweizer Pharmaprodukten nach Amerika in den vergangenen rund zwanzig Jahren stark gestiegen sind.
Fehlgriffe mit Gentherapie und mit Datenspezialist
Zulasten der letztjährigen Erfolgsrechnung gingen Wertberichtigungen von 3,2 Milliarden Franken, die der Konzern auf zwei grossen US-Akquisitionen der vergangenen Jahre vornehmen musste. Der grösste Teil davon entfiel auf die Biotechfirma Spark Therapeutics, die Roche Ende 2019 für 4,3 Milliarden Dollar übernommen hatte. Neu wird das Unternehmen, von dem sich der Basler Konzern vergeblich die erfolgreiche Entwicklung einer Gentherapie gegen die Bluterkrankheit versprach, in den Büchern nur noch mit einem Wert von 800 Millionen Franken geführt.
Remedur musste das Management zudem beim Techunternehmen Flatiron Health schaffen, das 2018 für 1,8 Milliarden Franken akquiriert worden war. Das Geschäftsmodell der Firma, das auf das Sammeln von Gesundheitsdaten Krebskranker spezialisiert ist, erfüllte die Erwartungen ebenfalls nicht.
Dividende soll nur minimal steigen
Die starken Wertminderungen führten dazu, dass das Konzernergebnis von Roche 2024 um einen Viertel auf 9,2 Milliarden Dollar einbrach. Das schwache Abschneiden bei der Profitabilität dürfte auch der Grund sein, warum der Verwaltungsrat den Aktionären lediglich eine minimale Erhöhung der Dividende um 1 Prozent auf 9.70 Franken vorschlägt.
Beide Übernahmen, welche die Erfolgsrechnung nun deutlich überschattet haben, fallen in die Amtszeit des früheren langjährigen Konzernchefs Severin Schwan. Im März 2023 überliess Schwan den CEO-Posten seinem jüngeren Nachfolger Schinecker und wechselte ins Verwaltungsratspräsidium. Laut dem letztjährigen Geschäftsbericht betrug seine Gesamtvergütung 5,7 Millionen Franken. Dies dürfte das Präsidium bei Roche zum bestbezahlten in der Schweiz machen. Schinecker flossen 2024 insgesamt 10 Millionen Franken zu.
Vorsichtige Umsatzprognose
Der Umsatz von Roche nahm im vergangenen Jahr um 3 Prozent auf 60,5 Milliarden Franken zu. Dem Pharmaunternehmen machte dabei einmal mehr die Stärke des Frankens zu schaffen. Zu konstanten Wechselkursen erreichte das Wachstum 7 Prozent.
Für 2025 hat sich das Management zum Ziel gesetzt, den Umsatz in Lokalwährungen um einen mittleren einstelligen Prozentwert zu steigern. Analytiker der Bank Vontobel stuften dieses Ziel als «konservativ» ein. Die Tendenz, vorsichtig zu budgetieren, habe sich unter dem neuen Management nicht geändert, hielten sie fest.
Schinecker sagte in diesem Zusammenhang, Roche habe seit der Gründung noch nie eine Prognose verfehlt. Er wolle nicht der erste CEO sein, dem das passiere.