Handelskrieg statt Handelsordnung: Die USA steuern auf eine hausgemachte Krise zu – und drohen die Weltwirtschaft mitzureissen.
So schnell kann es gehen. Noch zu Beginn dieses Jahres präsentierte sich die amerikanische Wirtschaft in ausgezeichneter Verfassung. Nur drei Monate später gilt es fast schon als ausgemacht, dass die Vereinigten Staaten in eine Rezession schlittern werden. Der Grund für den plötzlichen Stimmungsumschwung hat einen Namen: Donald Trump. Der Präsident hat mit seinen Zollplänen eine Umwälzung in Gang gesetzt, die viel radikaler ausfällt als erwartet. Und dabei scheint er sich auch von Kursstürzen an den Finanzmärkten nicht beirren zu lassen.
Angst vor Konjunktureinbruch
Sollte es zu einer Rezession kommen, wäre es tatsächlich eine «Trumpcession». Dass ein Einzelner die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reissen droht, ist in der jüngeren Geschichte beispiellos. Bei der Finanzkrise von 2007/2008 war ein marodes Bankensystem der Auslöser, in der Pandemie ein heimtückisches Virus. Und jetzt ein irrlichternder Politiker. Der bisher unerschütterliche Glaube, dass die amerikanischen Institutionen stärker seien als der Chef im Weissen Haus, wird durch einen absolutistisch auftretenden Trump auf eine harte Probe gestellt.
Wohin der Zollstreit führt, weiss niemand. Klar ist: Trumps Angriff auf die handelspolitische Nachkriegsordnung schürt Ängste vor einem Konjunktureinbruch. Trumps Versprechen, die Zölle würden das Land wieder wohlhabend machen, klingt hohl. Am Aktienmarkt in den USA hat sein Plan vielmehr einen zweistelligen Billionenbetrag ausradiert. Diese gigantische Vermögensvernichtung spüren nicht nur die Reichen, sondern breite Schichten der amerikanischen Bevölkerung, deren Altersvorsorge zu einem grossen Teil in Aktien investiert ist.
Das drückt auf die Stimmung der Unternehmen und Konsumenten. Die Ökonomen von JP Morgan, der grössten Bank Amerikas, schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA in diesem Jahr bereits auf 60 Prozent. Goldman Sachs geht von 45 Prozent aus. Die Anzeichen für einen Abschwung häufen sich: Dazu gehören auch der Absturz des Erdölpreises auf ein Vierjahrestief und die Turbulenzen am Markt für US-Staatsanleihen. Letzteres ist für das hochverschuldete Amerika eine besonders gefährliche Entwicklung.
Lähmende Unsicherheit
Zwar gehören Rezessionen zum normalen Konjunkturzyklus und haben auch ihre guten Seiten: Ineffiziente Strukturen werden aufgebrochen, Übertreibungen korrigiert, und knappe Mittel fliessen wieder dorthin, wo sie den grössten Nutzen bringen. Doch bei der nun drohenden Rezession lägen die Dinge anders. Sie wäre nicht konjunkturellen Gründen geschuldet, sondern allein auf wirtschaftspolitisches Versagen zurückzuführen. Nach dem «dümmsten Handelskrieg der Geschichte» («Wall Street Journal») käme die dümmste Rezession der Geschichte.
Lähmend wirkt vor allem die Konfusion. Sergio Ermotti hat schon recht: Was Trump als «Tag der Befreiung» bezeichnet habe, sei vielmehr ein «Unsicherheitstag» gewesen, meinte der UBS-Chef. Niemand weiss, wie er sich positionieren soll. Ist es sinnvoll, die Produktion in die USA oder in ein Land mit niedrigeren Zöllen zu verlagern, wenn die Lage vielleicht bald wieder ganz anders aussieht? Soll man noch grosse Anschaffungen tätigen, wenn die Zukunft des Jobs ungewiss ist? Klare Antworten gibt es keine, also werden Investitionen und Konsum hintangestellt.
Der Konjunktureinbruch, der in den USA heftiger ausfallen dürfte als in den meisten anderen Staaten, wird auf den Präsidenten zurückfallen. Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er hierfür nicht einen Sündenbock hätte. Absehbar ist, dass er die US-Notenbank zu den Schuldigen zählen und sie zur Öffnung der Geldschleusen auffordern wird. Es ist zu hoffen, dass die Währungshüter dem Druck standhalten werden. Denn nicht jedes Problem lässt sich mit Geld überdecken. Die sich abzeichnende Rezession kann nur jener Mann stoppen, der sie auch ausgelöst hat.