Der amerikanische Präsident verspricht sich von den Einfuhrabgaben nichts weniger als eine Reindustrialisierung Amerikas – und 100 Milliarden Dollar an Zusatzeinnahmen für die Staatskasse.
Donald Trump führt den nächsten Schlag in seinem sich laufend ausweitenden Handelskonflikt. Der amerikanische Präsident hat am Mittwoch eine Drohung wahr gemacht, die er mehrfach wiederholt hatte. Die USA werden bald zusätzliche Importzölle von 25 Prozent auf Fahrzeuge einführen; auch auf Autoteilen wird die Abgabe erhoben. Diese Zölle gelten ab dem 3. April und müssen zusätzlich zu bereits bestehenden Abgaben entrichtet werden: Die USA erheben bereits heute Importzölle auf Autos (2,5 Prozent) und Pick-up-Trucks (25 Prozent).
Es bleibt abzuwarten, ob Trump in den kommenden Tagen Ausnahmen für gewisse Länder gewährt. Frühere Zölle gegen Mexiko und Kanada hatte er zumindest teilweise schon kurz nach der Einführung wieder aufgeschoben oder zurückgenommen. Am Medientermin im Oval Office hat der 78-Jährige jedoch betont, dass die Zölle dauerhaft eingeführt werden sollen, also nicht bloss ein kurzfristiges Verhandlungsinstrument seien.
Trump verspricht sich von den Zöllen, dass Autohersteller ihre Produktion in die USA verlagern werden. Er prognostizierte der Branche ein Wachstum, wie man es noch nie gesehen habe. «Sehr viele Leute werden sehr viele Autos bauen», sagte er. Trump zählte vor den Medien eine Reihe von Unternehmen auf, die sich seit seinem Amtsantritt bereits dazu entschlossen hatten, in die Fertigung in den USA zu investieren. Zweifellos geht er davon aus, dass er dieser Liste bald noch weitere Namen hinzufügen kann.
Befreundete Staaten betroffen
Derzeit wird knapp die Hälfte der in den USA verkauften Autos aus dem Ausland importiert. Der grösste Teil davon, mehr als 90 Prozent, stammt aus fünf Ländern, die bis zu Trumps Amtsantritt als enge Verbündete der USA gelten mussten: Mexiko, Japan, Südkorea, Kanada und Deutschland.
Von den Einfuhrabgaben betroffen sind nebst den asiatischen und deutschen indes auch die grossen amerikanischen Autohersteller. Sie alle haben in den vergangenen Jahrzehnten in Mexiko und Kanada bedeutende Fertigungskapazitäten aufgebaut, um die Vorteile des Freihandelsabkommens Nafta zu nutzen, respektive des Nachfolgeabkommens USMCA.
Blickt man einzig auf die deutschen Autobauer, werden sich die neuen Einfuhrhürden auf Volkswagen besonders nachteilig auswirken. BMW und Mercedes kommen ebenfalls nicht ungeschoren davon. Sie bauen allerdings seit Jahrzehnten einen signifikanten Anteil aller in den USA verkauften Fahrzeuge vor Ort, was ihnen nun zugutekommt.
Während des Pressetermins hat Trump keinen Hinweis gegeben, dass Kanada oder Mexiko von den Zöllen ausgenommen würden. Doch ein Regierungsbeamter präzisierte später, dass zumindest auf Autoteile aus den beiden Nachbarländern der USA fürs erste keine Abgaben erhoben werden, falls sie nach den Regeln des Freihandelsabkommens USMCA hergestellt werden. Diese Regeln schreiben vor, dass ein hoher Anteil der Wertschöpfung innerhalb des Freihandelsraums erfolgt sein muss, damit ein Produkt beim Export in die USA von den Zollerleichterungen profitiert.
Die Neuigkeit, dass die Einführung der Autozölle nun unmittelbar bevorsteht, sickerte in den US-Medien bereits im Laufe des Mittwochs durch und trübte die Stimmung an der Börse leicht ein. Nachbörslich gaben die Aktienkurse der grossen amerikanischen Autohersteller aber noch einmal stark nach, weil Trump eine schärfere Umsetzung der Autozölle verfolgt, als viele erwartet hatten.
Kanada behält sich Gegenzölle vor
Wie die Handelspartner auf Trumps neusten Zoll reagieren werden, bleibt abzuwarten. Kanadas neuer Premierminister, Mark Carney, reagierte am schnellsten. Die Zölle seien ein direkter Angriff auf Kanadas Arbeiter, sagte er. Es sei klar, dass Trump damit das gemeinsame Handelsabkommen gebrochen habe. Carney sagte weiter, man behalte sich Gegenmassnahmen vor. Er hat kürzlich Wahlen für den 28. April ausgerufen und möchte sein Amt verteidigen – und steht somit unter Druck, Härte gegenüber Trump zu zeigen.
Shawn Fein, der Chef der einflussreichen Branchengewerkschaft United Auto Workers, begrüsste die Zölle derweil als grossen Schritt in die richtige Richtung.
Die meisten Marktbeobachter gehen davon aus, dass amerikanische Konsumenten wegen der Einfuhrzölle bald deutlich höhere Preise für Autos bezahlen müssen. Die Gefahr besteht, dass die Zölle die Teuerung zumindest über kurze Frist deutlich erhöhen. Möglich ist auch, dass die Hersteller gewisse Modelle in den USA vorerst gar nicht mehr anbieten werden, weil sie preislich nicht mehr kompetitiv sein werden.
Trump glaubt dagegen nicht, dass die Einfuhrabgaben auf lange Frist inflationär wirken. Die Preise würden sinken, argumentierte er, wenn die Firmen ihre Fabriken in den USA erst einmal gebaut hätten. Zudem sollen die Zölle 100 Milliarden Dollar an Zolleinnahmen für die amerikanische Staatskasse einbringen.
Der amerikanische Präsident ist noch nicht fertig mit seinem Zollprogramm. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten unter anderem weitere Einfuhrabgaben gegen die EU folgen sowie Importzölle auf Holz, Kupfer, Halbleiter und Medikamente. In Bezug auf die sogenannten reziproken Zölle, die Trump am 2. April vorstellen möchte, sagte er, dass diese womöglich milder ausfallen würden als gedacht. Und doch werde der 2. April der echte «Befreiungstag» der USA sein: «Ich freue mich darauf.»