«Sie essen Haustiere», sagte Donald Trump über Einwanderer aus Haiti. Der Song «Eating the Cats» trägt zur Stressbewältigung im amerikanischen Wahlkampf bei. Damit tourt The Kiffness jetzt durch ganz Europa.
Es ist ein Ohrwurm. Donald Trumps Stimme ist im Reggaeton-Stil manipuliert und geloopt. Unterlegt mit einem sanften Afrobeat. Dazu spielt der Musiker The Kiffness liebliche Akkorde auf dem Keyboard, terzelt eine Backing-Vocal darüber und miaut hin und wieder.
«Eating the Cats ft. Donald Trump (Debate Remix)» heisst das Lied. Es wurde auf Youtube schon mehr als 8 Millionen Mal angeschaut. Am Montag tritt The Kiffness in Zürich auf.
Basis des Songs sind Trumps Sätze aus der Fernsehdebatte mit Kamala Harris: «In Springfield, they’re eating the dogs. The people that came in, they’re eating the cats.» Es ist die Verschwörungstheorie, wonach in Springfield, einer Kleinstadt in Ohio, Eingewanderte aus Haiti Haustiere der Einheimischen ässen.
Harris schüttelte ungläubig den Kopf und lachte Trump aus. Auch in den sozialen Netzwerken reagierte man belustigt. In unzähligen millionenfach geklickten Videos versetzt Trumps brutale Aussage Hunde und Katzen scheinbar in Angst und Schrecken. Sie machen grosse Augen, zucken zusammen. Andere Filmchen zeigen Haustiere, die in Kochtöpfe gesetzt, oder Welpen, die in Sandwiches geklemmt werden.
Selfmade-Musikstar
Eine besonders erfolgreiche Parodie gelang David Scott, der sich The Kiffness nennt. Scott sieht auf dem Video aus wie ein Hobbymusiker, Mitte 30, schulterlange Haare, kurze Hose, Katzen-T-Shirt. Er sitzt mit Mikrofon und Kopfhörern am Mini-Keyboard vor einem Holztisch mit Computer und Boxen darauf. Wie ein Elektronische-Musik-Nerd. Im Splitscreen läuft der Ausschnitt aus der TV-Debatte in Dauerschleife.
Es ist nicht Scotts erstes, nun ja, Katzenvideo. Viele seiner Songs bestehen darin, dass er das Jaulen oder Miauen einer Katze nimmt und dieses in einem Lied als Melodie adaptiert. Er ist ein Vorzeigebeispiel für diejenigen Selfmade-Musikstars, die über die sozialen Netzwerke berühmt werden. Scott gelang der Durchbruch mit aufmunternden Filmchen während Corona.
Am Anfang steht jeweils ein Geräusch. Egal, ob Katze, singendes Kind oder ein Mann, der auf eine Fensterscheibe einschlägt. Meist ist das ein bereits im Internet bekanntes Meme. Das wird dann im Video gezeigt, und eventuell wird der Ton etwas bearbeitet. Darauf baut Scott sein Lied auf.
Nach dem Refrain kommt bei «Eating the Cats» die Strophe: «Leute aus Springfield, esst bitte nicht meine Katze. Warum solltet ihr das tun? Esst etwas anderes» und «Leute aus Springfield, bitte esst nicht meinen Hund. Hier eine Liste mit anderen Esswaren». Scott hält ein A4-Blatt in die Kamera, auf dem die Emojis für Brokkoli, Sandwich oder Spiegelei abgedruckt sind. Scott macht ein trauriges Gesicht, wie ein geschlagener Hund.
Bei seinen Auftritten projiziert Scott Trump hinter sich auf eine Leinwand, das Publikum singt mit, tanzt, filmt, postet den Auftritt in den sozialen Netzwerken.
Die Sache ist ernst
Für die Menschen in Springfield hat Trumps Ausfall jedoch ernste Konsequenzen. Wegen Trumps rassistischer Äusserung gingen Bombendrohungen ein, das Rathaus musste evakuiert werden, die Polizei muss die Kinder auf dem Schulweg beschützen, Neonazis ziehen durch die Stadt und bedrohen Haitianer.
Wer den Song hört, vergisst das. Vielleicht bildet David Scotts Song eine willkommene, spielerische Art, den Lärm, den der amerikanische Wahlkampf produziert, zu bewältigen. Um mit der Absurdität dieses Rennens umzugehen, mit der Person Trump. Eine Strategie, um über dem Ganzen zu stehen. Satire. Vielleicht braucht es diese Form von Stressbewältigung.
In der Bridge des Liedes lässt Scott Hunde und Katzen besonders melodisch heulen und jaulen. Und am Ende schaut ein erschrockener Hund tonlos in die Kamera.
Die Einnahmen aus Scotts Youtube-Video gehen übrigens nach Springfield. An ein Tierheim.