Mit dem Abgang von Colbert bei CBS verliert das amerikanische Fernsehen eine profilierte Stimme. Doch auch die öffentlichrechtlichen Sender stehen in den USA gerade unter Druck.
Zu Beginn der «Late Show» am Donnerstagabend verkündete Stephen Colbert, dass CBS die Satire-Sendung einstellen werde. Das Publikum im Studio quittierte die Ankündigung des 61-jährigen Moderators mit Buhrufen. Die Nachricht löste eine Welle von Reaktionen aus, nicht nur bei Fans.
Late-Night-Shows haben in Amerika nach wie vor Gewicht. Präsident Trump, häufig Zielscheibe von Colberts Witzen, reagierte am Freitag mit einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social: «Ich finde es absolut grossartig, dass Colbert gefeuert wurde.»
Die Absetzung der Show ist nur ein Teil einer Reihe tiefgreifender Veränderungen beim Sender CBS. In der amerikanischen Medienlandschaft wächst derweil die Sorge, der Konzern verliere seine journalistische Unabhängigkeit – und stelle sie nicht länger über politische Opportunität.
Schub dank Trump
Stephen Colbert übernahm die «Late Show» im Jahr 2015 von David Letterman, der das Format zweiundzwanzig Jahre lang geprägt hatte. Zuvor war Colbert mit dem Format «Colbert Report» bekannt geworden, in dem er einen fiktiven, ultrakonservativen Nachrichtensprecher mimte – eine scharfe Parodie auf die Rhetorik rechter Meinungsmacher in der Bush-Ära.
Unter Colberts Regie wurde die Show auf CBS zur erfolgreichsten Late-Night-Sendung der USA. Besonders nach dem ersten Einzug Donald Trumps ins Weisse Haus gewann die Show an Beliebtheit. Von da an hatte Colbert, der sich ohnehin nie um politische Neutralität bemühte, verlässlich Stoff für seine Eröffnungsmonologe zu Beginn der Sendung.
Die Verantwortlichen von CBS betonen, die Absetzung der Sendung sei ausschliesslich wirtschaftlich motiviert. Sie habe «nichts mit den Inhalten, den Quoten oder anderen Vorgängen bei Paramount» zu tun.
Late-Night-Shows gehörten bis anhin zu den beständigsten Formaten im Fernsehen. Doch die klassischen Formate verlieren an Boden – das Publikum wandert zu Streamingdiensten ab, die Werbeeinnahmen schrumpfen.
Ganz lässt sich die Entscheidung von CBS dennoch nicht vom politischen Umfeld trennen, in das sie fällt. Die Muttergesellschaft Paramount hofft gegenwärtig auf eine milliardenschwere Fusion mit dem Unternehmen Skydance, die von der Zustimmung der Federal Communications Commission der amerikanischen Regierung abhängt. Gleichzeitig hat der Konzern erst diesen Monat eine Klage von Präsident Trump wegen eines «60 Minutes»-Interviews mit Kamala Harris beigelegt. Aus Trumps Sicht war der Beitrag zu vorteilhaft geschnitten, er warf CBS «Nachrichtenverzerrung» vor und forderte 10 Milliarden Dollar Schadensersatz. Anfang Juli gab CBS bekannt, es werde im Zuge des Vergleichs 16 Millionen Dollar an Trumps Presidential Library zahlen.
Gegengewicht zum kommerziellen Programm
Viele Rechtsexperten hielten den Vergleich für ein unnötiges Zugeständnis. Stephen Colbert kommentierte ihn in seiner Show als «fette Bestechung». Die Writers Guild of America forderte in einem Statement am Freitag die New Yorker Staatsanwaltschaft auf, Ermittlungen einzuleiten. Die Vertreter der Autoren-Gewerkschaft äussern sich besorgt darüber, dass Paramount einen hartnäckigen Kritiker des Präsidenten entlasse, «um sich bei der Regierung einzuschmeicheln». Weiter heisst es in dem Schreiben, dass die Entscheidung vor dem Hintergrund unerbittlicher Angriffe von Präsident Trump auf die freie Presse erfolge. «Durch Klagen [. . .] und die skrupellose Streichung der Mittel für PBS und NPR».
Der Druck auf die gesamte amerikanische Medienlandschaft sei hoch. Die Writers Guild of America bezieht sich dabei auf einen Entscheid des US-Kongresses, der vergangene Woche gefällt wurde. Ab September soll die Corporation for Public Broadcasting keine staatlichen Zuschüsse mehr erhalten. Es geht dabei um rund 1,1 Milliarden Dollar, die bislang den öffentlichrechtlichen Medien zuflossen – vor allem den Sendern von PBS (Fernsehen) und NPR (Radio).
Betroffen sind allerdings vor allem kleinere Sender in ländlichen Regionen, die etwa zu einem Drittel aus Bundesmitteln finanziert werden. Bei grösseren Stationen sind es nur wenige Prozent. Den Rest finanzieren die Sender meist durch Spenden aus der Hörerschaft. Die New York Times berichtet, dass laut Schätzungen der Public Media Company mehr als hundert lokalen Radio- und Fernsehstationen die Schliessung droht.
Der öffentliche Rundfunk entstand in den USA erst 1967 als Gegengewicht zum kommerziellen Fernsehen und als Antwort auf den Ruf nach mehr Bildungsinhalten, politischer Ausgewogenheit und einem gewissen Ernst im Programm. Seither war der Public Broadcasting Act ein politischer Zankapfel. Vor allem Konservative sehen in Sendern wie PBS und NPR eine linke Bastion. Bisher scheiterten alle Anträge auf Kürzungen, doch nun setzte sich die republikanische Mehrheit durch.
Noch bis Ende Mai 2026 wird sich Stephan Colbert auf CBS äussern können. Dann laufen die Verträge aus. «Ich werde nicht ersetzt. Das alles verschwindet einfach», sagt der Satiriker.