Nach nur drei Jahren Abwesenheit kommt der zweitgrösste Schweizer Telekomkonzern zurück an die Börse. Von der Eigenständigkeit erhofft sich Sunrise einen stärkeren Auftritt gegenüber der Konkurrenz.
Sunrise kommt zurück an die Börse. Wie der zweitgrösste Schweizer Telekomkonzern am Freitagnachmittag bekanntgab, wird er sich im Rahmen eines Spin-offs von seiner Muttergesellschaft Liberty Global lösen und an der Schweizer Börse in den Handel gehen. Im Laufe der zweiten Jahreshälfte soll der Schritt abgeschlossen sein.
Es ist erst knapp drei Jahre her, dass die Sunrise-Aktien von der Schweizer Börse SIX verschwanden. Am 6. April 2021 wurden die Titel dekotiert, nachdem die Übernahme durch die Konkurrentin UPC erfolgt war. Deren Muttergesellschaft, der amerikanisch-britische Kabelnetzkonzern Liberty Global, zahlte den Sunrise-Aktionären dafür 110 Franken pro Aktie. Gesamthaft wurde der Konzern mit 6,8 Milliarden Franken bewertet.
Fusion mit UPC ist vollständig abgeschlossen
Durch die Fusion erhielt Sunrise ein eigenes Festnetz, während UPC ein Handynetz bekam. Inzwischen ist der Markenname UPC vollständig verschwunden und die Fusion abgeschlossen. Die Belegschaft schrumpfte dadurch um 600 Vollzeitstellen auf knapp über 2700.
Gemeinsam wollten UPC und Sunrise zu einem potenten Herausforderer der Swisscom werden – für Kundinnen und Kunden eine gute Nachricht. Tatsächlich liegt das fusionierte Unternehmen in den Bereichen Mobilfunk, Breitband und Festnetz jeweils auf dem zweiten Platz hinter dem Branchenriesen, jedoch mit teilweise deutlichem Abstand. Im Mobilfunk kommt zudem eine immer stärkere Konkurrenz durch den günstigen Anbieter Salt hinzu.
Doch Sunrise sieht sich durch die Fusion gut aufgestellt – und will die neue Selbständigkeit nutzen, um sich voll auf den Schweizer Markt zu konzentrieren.
Liberty-Aktionäre erhalten Sunrise-Titel
Als Sunrise im Februar 2015 erstmals an die Börse ging, belief sich die Marktkapitalisierung auf 3,06 Milliarden Franken, den Erlös aus dem IPO bezifferte Sunrise auf 1,36 Milliarden. Aus dem neuerlichen Börsengang fliessen dagegen keine Einnahmen an Sunrise, stattdessen erhalten die Liberty-Aktionäre Titel des Schweizer Telekomanbieters.
Für die Aktionäre dürfte sich das Geschäft kaum gelohnt haben: Der Marktwert von Liberty Global liegt zurzeit bei 7,7 Milliarden Dollar (6,82 Milliarden Franken), was ziemlich genau dem entspricht, was das Unternehmen seinerzeit für Sunrise zahlte – und das, obwohl Sunrise nicht einmal die grösste Beteiligung der Muttergesellschaft ist. Zum Vergleich: Der Marktwert der Swisscom liegt zurzeit bei 26,4 Milliarden Franken. 2023 machte das grösste Schweizer Telekomunternehmen 11,1 Milliarden Franken Umsatz und verzeichnete ein Betriebsergebnis von 4,6 Milliarden, was einer Steigerung von gut 5 Prozent entspricht.
Leichter Gewinnrückgang im vergangenen Jahr
Bei Sunrise blieb der Umsatz, wie das Unternehmen ebenfalls am Freitag kommunizierte, mit 3,035 Milliarden Franken im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. Hingegen sank der Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda) um 2 Prozent auf 1,03 Milliarden Franken.
Das Unternehmen hat sich im vergangenen Jahr darauf konzentriert, profitabler zu werden. Nachdem zum Ende des dritten Quartals ein Gewinnrückgang um 5,9 Prozent zu Buche gestanden hatte, kündigte Sunrise Ende November einen Stellenabbau an. 166 Mitarbeiter sollen bis Ende März entlassen werden, ein Grossteil hat die Kündigung bereits erhalten. Sunrise begründete die Entlassungen damit, dass man Strukturen verschlanken und konkurrenzfähiger sein wolle.
Der CEO André Krause sieht das Unternehmen hier auf dem richtigen Weg. Bereits im Jahresendquartal konnte der Betriebsgewinn um 5,6 Prozent zulegen, was laut Krause auf ein Kundenwachstum mit Mobile-Abos, aber auch auf die gesteigerte Kostendisziplin zurückzuführen war. Für 2024 rechnet Krause daher mit einer Rückkehr zum Gewinnwachstum. Die Grundlage dafür sollen die eigenen operativen Prioritäten sowie die neue, schlankere Unternehmensstruktur bilden.
Ein Grossauftrag sorgt für Rückenwind
Dazu passt eine weitere Meldung, die das Unternehmen bereits am Donnerstag kommunizierte: Der Telekomkonzern hat einen Grossauftrag der Migros erhalten und wird sich künftig um die Vernetzung aller 2000 Standorte sowie der 2500 Filialen des Detailhändlers kümmern. Für Sunrise ist es der grösste Firmenauftrag in der Geschichte des Konzerns.
Besonders erfreulich für Sunrise: Bei der Vergabe hat das Unternehmen die Swisscom ausgestochen, die vorher die Vernetzung der Migros-Standorte übernommen hatte. Der neue Grossauftrag sowie die geplanten und bereits umgesetzten Kosteneinsparungen geben Sunrise Rückenwind für das Geschäftsjahr 2024 – und damit auch für den Börsengang.
Auch wenn bekannt ist, dass die Fusion von Sunrise und UPC abgeschlossen ist, kommt der Entscheid zur Abspaltung doch überraschend: Noch Anfang vergangenen Jahres sagte der CEO von Liberty Global, Michael Fries, gegenüber der NZZ, er verschwende keinen Gedanken daran, sich aus der Schweiz zurückzuziehen. Ein Börsengang von Sunrise, das sagte Fries allerdings auch, könne in der Zukunft durchaus eine interessante Option sein.
Nun scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Für den Wettbewerb, und damit auch für die Kunden, dürfte eine eigenständige Sunrise eine gute Nachricht sein. Ob sie das für die Anleger auch ist, bleibt abzuwarten.