In den vergangenen Jahren haben sich viele Uhrenhersteller auf Modelle mit integriertem Metallband konzentriert, die man zum Sport genauso gut tragen kann wie abends im Ausgang. Aber die elegante Dress-Watch ist nicht tot.
Etliche Schweizer Uhrenfirmen haben in den vergangenen Tagen ihre Neuheiten präsentiert, sei es am Uhrensalon Watches and Wonders Geneva oder an separaten Events.
Wir haben einige Highlights zusammengestellt.
Letztes Jahr lancierte Rolex die Linie Perpetual 1908 als Ersatz für die eingestellte Linie Cellini. Der Name bezeichnet das Jahr, in dem Hans Wilsdorf den Markennamen Rolex anmeldete. Im Unterschied zu den Oyster-Modellen ist die 1908 eine elegante Dress-Watch, die sich durch eine schlanke Bauweise und einen transparenten Gehäuseboden unterscheidet. Wie bei Rolex üblich, sind die Uhrwerke selbstaufziehend und als Chronometer zertifiziert. Die diesjährige Neuheit in der Linie weist gleich zwei Premieren auf: Sie ist das erste Modell der Familie mit einem Gehäuse aus Platin, und sie ist die erste Rolex mit einem guillochierten Zifferblatt. Das eisblaue Blatt – übrigens ein Hinweis auf das Platingehäuse – weist ein kontrastreiches Wellenmuster auf, in dessen Zentrum sich die kleine Sekunde bei 6 Uhr befindet. Durch den transparenten Gehäuseboden ist das Werk mit seinem goldenen Aufzugsrotor sichtbar. 29 600 Franken.
Die Ellipse d’Or ist ein Klassiker der Genfer Manufaktur, dessen zeitloses Gehäuse nach dem Goldenen Schnitt proportioniert ist und Rechteck und Oval miteinander vermählt. In den siebziger Jahren hatte es dieses Modell auch mit sogenannten Kettenbändern aus Goldgeflecht gegeben. Da man diese Art von Kette jedoch nur schlecht an unterschiedliche Handgelenkgrössen anpassen kann, kamen sie bald aus der Mode. Nun hat Patek Philippe mit dem langjährigen Partner für die Gestaltung von Schmuckuhren, der Pforzheimer Manufaktur Wellendorf, ein Kettenband entwickelt, dessen Bauweise es erlaubt, einzelne Abschnitte zu entfernen oder anzusetzen, ohne dass es sichtbar ist. Das Goldband, das aus unzähligen winzigen ovalen Ringen und durchgeführten Stäbchen besteht, legt sich geschmeidig ums Handgelenk, ohne an Härchen zu ziepen. Die flache Referenz 5738/1R-001 ist mit dem Automatikkaliber 240 mit Mikrorotor ausgerüstet. 51 000 Franken.
Als Michel Parmigiani 1996 seine eigene Uhrenmarke gründete, nannte er seine erste Uhrenfamilie Toric. Er hatte sich bei der Gestaltung des runden Gehäuses von hellenischer Architektur inspirieren lassen und versah die Lünette der runden Gehäuse mit einer charakteristischen Riffelung. Als der Manager Guido Terreni 2021 Bulgari verliess, um die Direktion der Marke Parmigiani Fleurier zu übernehmen, befand sich diese im Sinkflug. Mit einer Straffung des Sortiments, einem Redesign der Modelle und der Vorstellung interessanter Komplikationen ist es ihm gelungen, das Steuer herumzureissen. Nach der Überarbeitung der Linie Tonda ist dieses Jahr die ursprüngliche Familie Toric dran. Das neue Modell Toric Petite Seconde besticht durch ein aufgeräumtes mattes Zifferblatt und ein wunderschön verarbeitetes Uhrwerk mit Handaufzug, dessen Platine und Brücken aus Gold gefertigt sind. 45 000 Franken (Gold).
Kollaborationen sind derzeit ein grosses Thema in der Uhrenindustrie, sei es mit externen Designern oder sogar mit unabhängigen Uhrmachern. Der französische Künstler Romaric André hatte sich unter dem Pseudonym «seconde/seconde/» einen Namen gemacht, indem er Vintage-Uhren mit lustigen alternativen Zeigern versah. Mittlerweile ist er bei diversen Herstellern als Mitgestalter neuer Uhren gefragt. Die Genfer Uhrenmanufaktur Frederique Constant bat ihn, anhand einer Uhr auf humorvolle Weise zu demonstrieren, dass in den Erzeugnissen der Marke viel Handarbeit steckt. Er selbst meint: «Vielleicht bin ich zu weit gegangen.» Das Zifferblatt der Slimline Date Moonphase Manufacture ist alles andere als perfekt: Die Indizes liegen verstreut, der Mond ist nicht rund, und die Beschriftung scheint von Hand ausgeführt. Die Uhr zeigt: Feine Uhrmacherei und Humor schliessen sich nicht aus.
3295 Franken (Stahl). Limitiert auf 100 Stück.
Im Jahr 2007 stellte Jaeger-Le Coultre erstmals eine mechanische Uhr mit dem Duomètre-Prinzip vor. Dabei besitzt das Werk nicht nur zwei Federhäuser, sondern auch zwei separate Räderwerke, von denen eines ausschliesslich dem Antrieb der Hemmung gewidmet ist. Das zweite Räderwerk wird zwar von der Hemmung gesteuert, kann aber seine gesamte Energie den Anzeigen auf dem Zifferblatt widmen. Das Starten und Stoppen des Chronografen des Modells Duomètre Chronograph Moon hat somit nicht den geringsten Einfluss auf die Energie, die der Hemmung zur Verfügung steht, und kann somit den Gang der Uhr auch nicht beeinflussen. Als Schmankerl zeigt das Zifferblatt unten eine sogenannte Seconde Foudroyante, einen kleinen Zeiger, der in einer Sekunde mit sechs Sprüngen eine Runde dreht. Der Chronograph kann somit auf die Sechstelsekunde genau stoppen.
65 000 Franken (Stahl).
Die in Saint-Imier beheimatete Uhrenherstellerin Longines besitzt ein Archiv mit einer Fülle historischer Erfindungen, die der Marke immer wieder einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschafft haben. Viele dieser Entwicklungen haben nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Ein Beispiel dafür ist die zentrale Gangreserveanzeige des Modells Conquest Heritage Central Power Reserve. Eine solche Anzeige ist sinnvoll für eine automatische Uhr, da man beim manuellen Aufziehen nicht spürt, wann sie vollständig aufgezogen ist. Ausserdem erfüllt sie eine Funktion, die selbst eine Smartwatch nicht besser erfüllen kann: Sie zeigt an, wann es Zeit ist, sich zu bewegen. Die Conquest-Linie war vor 70 Jahren die erste Uhrenfamilie von Longines, die einen Namen trug. Aus diesem Grund sind die Modelle in Gelbgold und Roségold auf 70 Stück limitiert. 3650 Franken (Stahl).
Das Modell Carrera gehört zu den rennsporterprobten Legenden der traditionsreichen Marke, die im Automobilsport so bekannt ist wie keine andere Uhrenmarke. Besonders begehrt bei Sammlern ist das historische Modell Heuer 7753 SN, das durch seinen Panda-Look unverwechselbar ist. Dieser charakterisiert sich durch ein helles Zifferblatt mit schwarzen Chronografenzählern, die an das Gesicht eines Pandas erinnern. Diese neue Version, der TAG Heuer Carrera Chronograph CBS2216.BA0041, bringt den historischen Look in das aktuelle Gehäuse mit seinem gewölbten Saphirglas und dem dreidimensionalen Zifferblatt, dessen Tachymeterskala der Wölbung folgt, um dann wie eine Steilwandkurve zur Ebene des Zifferblatts abzufallen. Dieses Detail, unterstützt von den aufgesetzten Indizes, die sich an die Kurve schmiegen, verleiht der Uhr ihre sportliche Dynamik. 6500 Franken.
Manchmal ist das Original einfach unschlagbar. So auch bei dieser massstabsgetreuen Replik einer Zenith-Taucheruhr von 1969. Der Name Defy stand bei Zenith bereits damals für unverwüstliche Uhren für Alltag und professionelle Anwendungen. Die Linie Defy wurde als Safe für die Zeit angepriesen. Das kantige Stahlgehäuse der Defy Revival A3648 mit seinen Facetten macht das auch heute noch deutlich. Auch der Durchmesser von 37 Millimetern, der die Uhr noch massiver erscheinen lässt, trägt zum robusten Eindruck bei. Das schwarze Zifferblatt, die grosszügig aufgetragenen orangen Kontraste und die Krone bei 4 Uhr 30 lassen keine Zweifel aufkommen, dass es sich hier um eine Uhr handelt, die einst für Profitaucher entwickelt wurde. Sie sieht heute so modern aus wie damals. Angetrieben wird sie natürlich von einem selbstentwickelten Automatikkaliber der Manufaktur.
7400 Franken.
Wenn einer der umtriebigsten Uhrenmanager der Branche sich mit einem Sammler und Uhrenblogger sowie einem Designer zusammentut, um eine Uhr zu entwickeln, kann etwas wie die Kollokium Projekt1 entstehen. Manuel Emch ist in der Branche für seine Fähigkeit bekannt, lahmende Brands mit unkonventionellen Auftritten wieder auf die Beine zu stellen, wie er das jüngst mit Louis Erard getan hat. Amr Sindi ist ein anerkannter Uhrenexperte, der sein Wissen auf der Website «The Horophile» teilt, während Barth Nussbaumer sein Designkönnen schon den unterschiedlichsten Uhrenmarken zur Verfügung gestellt hat. Das Resultat ist eine mechanische Uhr, die mit fast allen Konventionen bricht. Am auffälligsten ist das dreidimensional verpixelte Zifferblatt, dessen 468 Zylinder unterschiedlicher Höhe und Dicke nachts orangefarbig leuchten. Das mattgraue Stahlgehäuse wird im Druckgussverfahren gefertigt. 2666.66 Franken.
Während sich die übrige Uhrenindustrie um andere Trends kümmert, tragen drei Marken – Bulgari, Piaget und Richard Mille – untereinander einen Wettbewerb um die flachste Uhr aus. Bulgari hat soeben den Rekord geknackt und stellt mit dem Modell Octo Finissimo Ultra COSC die mit 1,7 Millimeter «Dicke» flachste mechanische Armbanduhr vor. Damit diese Errungenschaft nicht so schnell zu unterbieten ist, werden die 20 Exemplare, die es von dieser Uhr geben wird, von der Chronometerprüfstelle COSC getestet und mit einem Zertifikat ausgezeichnet. Eine derart flache Uhr so genau einzuregeln, dass sie die anspruchsvollen Tests besteht, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die mit den engen Fertigungstoleranzen, die für solch feine Komponenten Pflicht sind, nicht getan ist. Um den Rekord zu ermöglichen, wurde auf einen Gehäuseboden verzichtet. Er wird von der Unterseite des Uhrwerks gebildet und besteht aus Wolframkarbid.
600 000 Franken.
Seit 1914 erstmals ein Panther eine Cartier-Uhr zierte, sind Tiermotive fester Bestandteil der Ikonografie des Pariser Juweliers. Auf dieser diamantbesetzten Schmuckuhr sind gleich zwei Tiere in abstrahierter Form dargestellt. Das in schwarzem Lack gezogene Streifenmuster erinnert an das Fell des Zebras, während die grünen, umgekehrt gefassten Tsavoriten den Schuppenkamm eines Krokodils imitieren, dessen Schwanz sich um das rautenförmige, schwarz eingefasste Zifferblatt mit Schneebesatz windet. Seitlich betrachtet offenbart sich, wie das Reptil das Gehäuse in der Art eines Turbans einwickelt. Ein weiterer, umgekehrt gefasster Smaragd ziert die Krone. Der schwarze Lack auf dem Gehäuse widerspiegelt sich in den schwarz glänzenden Stabzeigern und dem Lacklederband. Aus praktischen Gründen ist diese zierliche Schmuckuhr mit einem Quarzwerk versehen. Etwa 95 000 Franken.
Grand Seiko ist für Seiko das, was Lexus für Toyota ist, eine Edelmarke innerhalb einer Gruppe, die eine grosse Preisspanne abdeckt. Seit die Marke, die ursprünglich für den Heimmarkt gedacht war, sich verstärkt in Europa bemerkbar macht, hat sie unter Uhrenenthusiasten viele Freunde gefunden. Kein Wunder, denn die japanischen Zeitmesser bestechen durch klassisches Design, makellose Verarbeitung, interessante Zifferblätter und Uhrmacherkunst, die sich mit derjenigen hierzulande messen kann. Das Modell mit dem unromantischen Namen SLGW003 hat ein Zifferblatt, dessen Struktur von Birkenrinde inspiriert ist. Das ist nicht ungewöhnlich, denn fast alle Zifferblätter von Grand Seiko sind von der Natur um die japanische Manufaktur inspiriert. Wer eine Lupe zu Hilfe nimmt, entdeckt sogar im Uhrwerk eine augenzwinkernde Reverenz an die Natur: die kleine Wippe, die beim Aufziehen das Federhaus in eine Richtung dreht und dabei für das tickende Geräusch sorgt, hat die Form eines winzigen Spechts, dessen Schnabel gegen das Zahnrad hackt. 11 700 Franken.
Der Erfolg der Hölsteiner Uhrenmarke beruht zwar ursprünglich auf den klassischen Big-Crown- und Pointer-Date-Modellen. Dennoch ist der Bestseller die Taucheruhr Aquis mit ihrem integrierten Stahlarmband oder dem zur Zifferblattfarbe passenden Kautschukband. Das 2011 eingeführte robuste Tauchermodell bekam nun erstmals ein umfassendes, aber subtiles Facelift. Sieht man nur die Neufassung, fallen die Veränderungen gar nicht ins Auge, und das ist gut so, denn Modellpflege soll niemandem das Gefühl geben, ein «altes» Modell zu besitzen. Die Bandanstösse und der Kronenschutz wurden leicht verändert, so dass das Profil der Uhr eleganter erscheint. Auch das Gliederarmband wurde überarbeitet und durch eine millimetergenaue Schnellverstellung in der Faltschliesse ergänzt, die es allerdings nur bei den Modellen mit Calibre-400-Uhrwerk gibt. Die neue Aquis ist zugleich professionelle Taucheruhr und moderne Alltagsuhr. Ab 2200 Franken.
Zum ersten Mal seit dem Ende der Baselworld hat die Marke aus Sachsen an der Uhrenmesse Watches and Wonders teilgenommen. Anstelle von neuen Komplikationen oder Formen gab es vor allem eines zu sehen: Farbe. Und das in einer Palette von genau 31 Varianten, deren Zifferblätter stets drei verschiedene Farben auf unterschiedliche Weise miteinander kombinieren. Sogar das oft vernachlässigte Datum wurde in die Farbenwelt einbezogen. Angewandt wurde das Konzept der neuen Buntheit auf das Nomos-Modell mit der längsten Geschichte: die kreisrunde Tangente mit ihren minimalistischen Bandanstössen, dem flachen Profil und der ganz eigenen Typografie auf dem Zifferblatt. Die 31 Uhren sind auf 175 Exemplare limitiert, weil es seit genauso vielen Jahren Uhren aus Glashütte gibt. Angetrieben werden sie von einem hauseigenen Kaliber mit Handaufzug, dem DUW 4101. 2115 Franken.